Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
sie, und sie bemühte sich nicht, die leichte Röte zu verbergen, die an ihrem Hals emporkroch.
»Keine Ursache«, sagte sie.
»Schön zu wissen, dass du vertrauliche Informationen, die du von mir bekommst, an den größten Schurken der Stadt weitergibst.«
»Nur dieses eine Mal, John.«
»Einmal zu viel.«
»Der Mord an Colliar hat an ihm genagt.«
»Genau, wie ich es mag.«
Sie lächelte müde. »Nur das eine Mal«, wiederholte sie. »Und bedenke bitte auch den Riesengefallen, den ich dir jetzt gerade tue.«
Rebus beschloss, nicht zu antworten, und ging stattdessen ins Foyer zurück. Der Empfang lag am anderen Ende, am Restaurant vorbei. Er hatte sich etwas verändert, seit Rebus damals seine halbe Lohntüte für dieses Essen auf den Tisch geblättert hatte. Die Gardinen wirkten schwer, die Möbel exotisch, überall Troddeln. Ein dunkelhäutiger Mann in blauem Seidenanzug schickte sich an, mit einer leichten Verbeugung an Rebus vorbeizugehen.
»Morgen«, sagte Rebus.
»Guten Morgen«, erwiderte der Mann steif und blieb stehen. »Ist das Treffen schon zu Ende?«
»Keine Ahnung.«
Der Mann verbeugte sich wieder. »Ich bitte um Verzeihung. Ich dachte, vielleicht …« Er ließ den Satz jedoch unvollendet und ging weiter bis zur Tür, klopfte einmal und verschwand in dem Raum. Mairie war näher gekommen, um einen Blick zu riskieren.
»Einen Geheimcode hat er nicht gerade geklopft«, informierte Rebus sie.
»Das sind ja auch nicht die Freimaurer.«
Da war Rebus nicht so sicher. Was war der G8-Gipfel letztlich anderes als ein privater Klub?
Die Tür ging wieder auf, zwei Männer kamen heraus. Sie hielten auf die Hoteleinfahrt zu, blieben aber noch einmal stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden.
»Allgemeiner Aufbruch zum Mittagessen?«, vermutete Rebus. Er folgte Mairie zurück zur Tür ihres kleinen Raums und beobachtete, wie die Männer nach und nach herauskamen. Vielleicht zwanzig. Manche sahen afrikanisch aus, andere schienen aus Asien und dem Mittleren Osten zu stammen. Einige trugen nach Rebus’ Meinung ihre Nationaltracht.
»Vielleicht Kenia, Sierra Leone, Niger …«, flüsterte Mairie.
»Das heißt, in Wirklichkeit hast du keinen blassen Schimmer?«, flüsterte Rebus zurück.
»Geografie war nie meine Stärke …« Sie brach ab und packte seinen Arm. Eine große, imposante Gestalt mischte sich jetzt unter die anderen, schüttelte Hände und wechselte hier und da ein paar Worte. Rebus erkannte ihn von Mairies Pressemappe. Sein längliches Gesicht sah braungebrannt und faltig aus, und seinem Haar war etwas Braun hinzugefügt worden. Nadelstreifenanzug mit zwei Zentimetern steifer weißer Hemdmanschette. Er schenkte jedem ein Lächeln, schien alle persönlich zu kennen. Mairie hatte sich ein paar Schritte in den Raum zurückgezogen, Rebus dagegen blieb an derTür stehen. Richard Pennen war fotogen. In natura hatte er ein etwas knochigeres Gesicht und hängende Augenlider. Aber er sah tatsächlich widerlich gesund aus, als hätte er das vergangene Wochenende an einem Strand in den Tropen verbracht. Er war flankiert von zwei Assistenten, die ihm Informationen ins Ohr flüsterten und dafür sorgten, dass dieser Teil des Tages, genau wie der davor und danach, reibungslos ablief.
Plötzlich nahm ein Hotelangestellter Rebus die Sicht. Er trug ein Tablett mit Tee und Kaffee. Als Rebus zur Seite trat, um ihm Platz zu machen, sah er, dass Pennen ihn bemerkt hatte.
»Ich glaube, du zahlst«, sagte Mairie gerade. Rebus wandte sich dem Angestellten zu und bezahlte die Getränke.
»Ist das wohl Detective Inspector Rebus?« Die tiefe Stimme kam von Richard Pennen. Er stand nur etwa anderthalb Meter entfernt, immer noch von seinen Assistenten flankiert.
Mairie ging ein paar Schritte auf ihn zu und streckte die Hand aus.
»Mairie Henderson, Mr. Pennen. Schreckliche Tragödie beim Castle, neulich nachts …«
»Schrecklich«, pflichtete Pennen ihr bei.
»Ich nehme an, Sie waren dort.«
»Das war ich.«
»Sie ist Journalistin, Sir«, erklärte einer der Assistenten.
»Darauf wäre ich nie gekommen«, antwortete Pennen lächelnd.
»Ich frage mich«, fuhr Mairie unverdrossen fort, »warum Sie Mr. Websters Hotelzimmer bezahlt haben.«
»Das war nicht ich, das war meine Firma.«
»Welches Interesse haben Sie an einem Schuldenerlass, Sir?«
Pennens Aufmerksamkeit galt jedoch Rebus. »Mir wurde gesagt, dass ich Sie vielleicht treffen würde.«
»Nett, Commander Steelforth in Ihrem Team zu haben
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