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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Woche würde der G8-Zirkus weitergezogen sein. Geldof und Bono würden neue Themen suchen. Richard Pennen würde in seine Vorstandsetage, David Steelforth zu Scotland Yard zurückgekehrt sein. Manchmal erschien es Rebus, als wäre er nah dran, den Mechanismus zu entdecken, der alles verband.
    Nah dran, aber nie nah genug.
    Die Meadows schienen verlassen, als er in die Marchmont Road einbog. Er parkte am Ende der Arden Street und ging den Hügel wieder hinab zu seiner Wohnung. Zwei- oder dreimal die Woche landeten in seinem Briefkasten Reklamezettel von Firmen, die sich anboten, seine Wohnung für ihn zu verkaufen. Die über ihm war für zweihunderttausend weggegangen. Wenn man diesen Betrag zu seiner CID-Rente hinzuzählte, gehörte er, wie Siobhan einmal gesagt hatte, zu den Betuchten. Das Problem war nur, dass er dieses Ziel überhaupt nicht anstrebte. Er bückte sich, um die Post vom Boden hinter der Tür aufzuheben. Da lag eine Speisekarte von einem neuen indischen Takeaway. Er würde sie in der Küche anpinnen, neben den anderen. In der Zwischenzeit machte er sich ein Schinkensandwich, das er im Stehen in der Küche aß, während er auf die Ansammlung leerer Dosen auf der Arbeitsfläche starrte. Wie viele Flaschen hatten in Ellen Wylies Garten gestanden? Fünfzehn, vielleicht auch zwanzig. Eine Menge Wein. In der Küche hatte er eine leere Tesco-Tüte entdeckt. Darin brachte sie wahrscheinlich, wenn sie einkaufen ging, die Flaschen zum Glascontainer. Sagen wir mal, alle vierzehn Tage... Zwanzig Flaschen in zwei Wochen, zehn pro Woche – Denise ist bei mir eingezogen, nachdem sie … nach ihrer Scheidung. Rebus war aufgefallen, dass es am erleuchteten Küchenfenster keine Nachtinsekten gab. Ellen hatte mitgenommen ausgesehen. Das konnte man leicht den Ereignissen des Tages zuschreiben, aber Rebus wusste, dass es tiefer ging. Die Tränensäcke unter ihren rot geränderten Augen hatten sich über Wochen hinweg gebildet. Ihre Figur war auseinandergegangen. Er wusste, dass Siobhan Ellen einmal als Rivalin betrachtet hatte – zwei Detective Sergeants, die mit Zähnen und Klauen um ihre Beförderung würden kämpfen müssen. In der letzten Zeit hatte Siobhan allerdings nicht mehr davon gesprochen. Vielleicht, weil Ellen ihr heute nicht mehr so gefährlich erschien …
    Er goss sich ein Glas Wasser ein und nahm es mit ins Wohnzimmer, stürzte es bis auf einen kleinen Rest hinunter und fügte dann einen Schluck Malt Whisky hinzu. Den kippte er und spürte, wie die Wärme sich in seiner Kehle ausbreitete. Er schenkte sich nach und ließ sich in seinen Sessel fallen. Zu spät, um noch Musik zu hören. Er saß einfach da, das Glas an der Stirn, und schloss die Augen.
    Schlief ein.

Dienstag, 5. Juli 2005

11
    Alles, was Glenrothes anbieten konnte, war eine Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof in Markinch.
    Siobhan saß – noch zu früh für den morgendlichen Berufsverkehr – im Zug, den Blick auf die vorbeiziehende Landschaft gerichtet, mit den Gedanken jedoch ganz woanders: Vor ihrem geistigen Auge spulte sie noch einmal das Filmmaterial von den Ausschreitungen ab, all die Stunden, die sie gerade hinter sich gebracht hatte. Lärm und Wut, Flüche und Wurfgeschosse, die mit Gepolter auftrafen, und Menschen, die vor Anstrengung ächzten. Ihr Daumen war taub vom Drücken der Fernbedienung. Pause … langsamer Rücklauf … langsamer Vorlauf … abspielen. Schneller Vorlauf … Rücklauf … Pause … abspielen. Auf manchen der Standfotos waren Gesichter eingekreist worden – Personen, die die Polizei vernehmen wollte. Augen, in denen der Hass loderte. Manche von ihnen waren natürlich gar keine Demonstranten, sondern Krawallmacher aus der Umgebung, die, unter Burberryschals und Baseballkappen versteckt, für jede Schlägerei zu haben waren. Im Süden Englands hätte man sie wahrscheinlich Rowdys genannt, aber hier oben waren sie Prolls. Das hatte einer vom Team Siobhan gesagt, als er ihr Kaffee und einen Schokoladenriegel gebracht hatte und einen Moment hinter ihr stehen geblieben war.
    »Prollo, der Proll aus Prolltown.«
    Die Frau, die Siobhan im Zug gegenübersaß, hatte die Morgenzeitung aufgeschlagen. Auf der Titelseite ging es um die Ausschreitungen. Aber auch um Tony Blair. Er war in Singapur, wo er London als Austragungsort für die Olympischen Sommerspiele 2012 anpries. Die schienen in weiter Ferne zu liegen; Singapur auch. Siobhan konnte nicht glauben, dass er rechtzeitig wieder in Gleneagles sein würde, um all

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