Im Namen des Kreuzes
schmunzelte. »Anton, du musst mir nichts vorspielen. Mir ist klar, dass ein Mann in deinem Alter ein Vorleben hat.«
Ein Mann in deinem Alter , dachte Schwarz, das klingt schrecklich. Hoffentlich empfindet sie es nicht auch so. Aber er lächelte lieber vielsagend . Vielleicht gefiel Eva die Vorstellung ja, dass er mal ein richtiger Casanova gewesen war.
20.
Sie brachen getrennt zu ihren Ermittlungen auf, Eva fuhr nach Untermenzing, Schwarz traf sich mit Elena in einem italienischen Lokal in der Goethestraße. Es lag nicht weit von ihrem Arbeitsplatz entfernt und wurde vormittags hauptsächlich von italienischen Rentnern besucht.
»Du bist ganz schön dreist, mein Lieber«, sagte Elena zur Begrüßung und blitzte ihn aus ihren dunklen Augen an. »Du meinst wohl, bei mir musst du nur mit dem Finger schnippen?«
Schwarz küsste sie auf die Wangen. Sie setzten sich an einen Tisch im hintersten Eck.
»Denkst du wirklich, ich leiere aus einem Kollegen Informationen raus und riskiere für dich meinen Job?« Sie warf energisch ihr langes, schwarzes Haar nach hinten.
Ein älterer Kellner näherte sich ihnen. »Buon giorno.«
»Für mich Kaffee, aber keinen italienischen«, sagte Elena.
»Wir haben leider keinen türkischen.«
»Ich bin Griechin«, sagte sie scharf, »und hätte gern einen schönen, aufgebrühten Bohnenkaffee.«
»Für mich stilles Wasser«, sagte Schwarz. Ihm war nach dem morgendlichen Höllenespresso und der Begegnung mit Evas Mutter noch etwas flau im Magen. Oder lag das an Elena, von deren Brüsten das halbe Polizeipräsidium gesprochen hatte? Nein, im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen stand er ja nicht auf große Oberweiten. Eigentlich erstaunlich, dass er bei ihr schwach geworden war.
»Woran denkst du, Anton?«
Er zuckte zusammen und versuchte ein unschuldiges Lächeln.
»Du fragst dich, ob ich noch mit meinem Freund zusammen bin? Bin ich nicht.«
»Ah«, sagte Schwarz.
»Ich finde, das solltest du wissen.«
Zum Glück kam der Kellner und servierte mit dem Ausdruck größter Verachtung eine Tasse dünnen Bohnenkaffee.
»Deutsche Kaffee. E l’aqua per il Signore. Prego.«
»Grazie.«
»Wie geht’s denn deiner Frau, Anton?« Sie ließ nicht locker.
»Wir werden uns scheiden lassen.«
»Nein, wirklich? Das tut mir leid.« Ihr Tonfall verriet das Gegenteil. Sie musterte ihn interessiert.
Schwarz spürte, dass er das Gespräch jetzt dringend in eine andere Richtung lenken musste.
»Ist schon okay. Sag mal, Elena: Ich weiß, dass es bei Erhängten manchmal schwer zu klären ist, ob sie sich wirklich selbst getötet haben.«
Elena starrte ihn an. »Puh. Du wolltest mich wirklich nur deswegen treffen?«
Schwarz legte ihr eine Hand auf den Arm. »Nein, natürlich nicht. Aber diese Geschichte lässt mich einfach nicht los, ich muss da weiterkommen.«
Sie sah ihn kühl an. »Was passiert beim Erhängen? Die Blutversorgung des Kopfs wird schlagartig gestoppt. Da die Nebennieren entspeichert werden, die Halsgefäße aber unterbunden sind, stellen wir bei der Obduktion im Körperblut einen deutlich höheren Phosphatidspiegel als im Kopfblut fest.«
»War das bei Heimeran so?«
Sie nickte.
»Das heißt, ihr könnt ausschließen, dass ihn jemand aufgehängt hat, als er bereits tot war?«
»Richtig.«
»Hat dein Kollege Hinweise auf ein Betäubungsmittel gefunden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Allerdings ist die Leiche erst sehr spät zu uns gekommen.«
»Wieso denn das?«
»Vermutlich hat die Polizei den Fall erst als eindeutigen Suizid eingestuft und sich dann doch lieber absichern wollen.«
»Aber dann könnt ihr nicht hundertprozentig ausschließen, dass jemand anderer die Hände im Spiel hatte?«
»Hundert Prozent gibt es bei uns nicht, Anton. Deswegen ist die Schlussfolgerung des Kollegen, dass es sich um einen Suizid gehandelt haben muss, korrekt.«
Schwarz sah sie ungläubig an. »Aber das führt dazu, dass die Ermittlungen eingestellt werden.«
»Ist mir klar. Aber mal ehrlich, hast du in deiner gesamten Laufbahn von einem ermordeten katholischen Priester gehört, bei dem ein Suizid vorgetäuscht wurde?«
»Wird’s sicher schon gegeben haben. Hat dein Kollege denn die Fotos von Buchrieser bekommen?«
»Selbstverständlich. Und ich habe sie mir auch angesehen, weil ich mir schon dachte, dass du mich mit deinen penetranten Fragen nerven wirst.«
»Und?«
»Warst du nicht selbst vor Ort?«
»Doch.«
»Dann weißt du besser als ich, ob ein Suizid rein
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