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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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schüttelte den Kopf. »Das kratzt Buchrieser so wenig wie die Tatsache, dass Pfarrer Heimeran nicht schwindelfrei war. Für ihn ist der Obduktionsbericht wie eine dienstliche Anweisung, fünf gerade sein zu lassen.«
    »Dann ermitteln wir jetzt also allein?«
    Schwarz nickte. »Sieht ganz so aus.«
    Eine Weile hingen sie ihren Gedanken nach. Weder Schwarz noch Eva zweifelten inzwischen mehr daran, dass der Pfarrer ermordet worden war. Er war im Leichenschauhaus überwältigt, betäubt und als »Selbstmörder« unter die Dachbrücke gehängt worden.
    Aber was war das Tatmotiv? Wieso hatte der Priester sterben müssen? Weil er sich an Matthias vergriffen hatte?
    Weil er ein Doppelleben geführt hatte? Und wenn ja: Wer war es, der glaubte, auf diese Weise ›Recht und Ordnung‹ wiederherzustellen?
    Schwarz erhob sich. »Ich muss mit Weber reden.«
    Eva sah ihn fragend an. »Du?«
    »Ich würde das gern alleine machen.«
    »Ich dachte, ich bin deine Assistentin?«
    »Bist du auch.«
    »Ist es, weil ich bei der Haushälterin gepatzt habe? Das habe ich doch wieder ausgebügelt.«
    »Freilich, hast du.«
    Wie sollte er es ihr erklären? Gespräche mit Zeugen oder potenziellen Verdächtigen waren eine delikate Angelegenheit. Ermittler brauchten oft Jahre, bis ihnen die unterschiedlichen Strategien bei einer Vernehmung in Fleisch und Blut übergegangen waren. Jede Situation und jeder Mensch erforderten ein völlig anderes Vorgehen. Eva verfügte zweifellos über eine gute Intuition und war sensibel. Aber sie hatte keinerlei Erfahrung.
    »Weber ist für uns möglicherweise ein wichtiger Zeuge.«
    »Ist mir klar.«
    »Es wäre fatal, ihn zu verlieren.«
    »Verlieren? Weil ich die falschen Fragen stelle?«
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Eva, ich möchte einfach kein Risiko eingehen.«
    Er merkte, dass ihr das einen Stich gab. Was hatte er da gesagt? War das wirklich nötig? Womöglich dachte sie jetzt, dass er ihr nur Aufgaben überließ, die jeder Anfänger bewältigen würde – oder schlimmer noch, dass er sie nur aus Mitleid an den Ermittlungen beteiligte.
    »Eva, ich liebe dich doch«, sagte Schwarz, nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste sie.
    Aber damit machte er alles nur noch schlimmer.
    In der Rückwärtsbewegung bemerkte Schwarz, dass an der Einfahrt zur Hauptstraße blinkend ein cappuccinofarbenes Mini Cabrio stand.
    War das Luisa, seine Tochter?
    Sie war es. Hatte sie ihn im Vorbeifahren bemerkt?
    Schwarz atmete auf, das Cabrio entfernte sich Richtung Pasing.
    »Dann fahre ich jetzt nach Hause«, sagte Eva tonlos.
    »Ich informiere dich sofort nach meinem Gespräch.«
    »Nicht nötig, danke.«
    »Aber, Eva …«
    Doch als Schwarz ihre abweisende Miene sah, war ihm klar, dass sie in diesem Moment für ihn unerreichbar war.

23.
     
    Aus dem Pavillon, einem typischen Flachbau aus den Sechzigern, drang Stimmengewirr. Kurz war es still, dann hob ein vielstimmiger Chor an. »In the jungle, the mighty jungle. The lion sleeps tonight. In the jungle, the mighty jungle. The lion sleeps tonight.«
    Schwarz trat unauffällig an ein Fenster. Er sah kleine und größere Mädchen, junge und ältere Frauen und einige wenige Männer. Offenbar wurde gerade an der Artikulation gefeilt, denn alle spitzten übertrieben die Lippen, ließen die Kiefer fallen oder machten kreisrunde Münder.
    Oder der Dirigent hat ihnen gesagt, sie sollen sich in die Tierwelt des Dschungels einfühlen, dachte Schwarz.
    Rainer Weber trug helle Jeans, die Ärmel seines weißen Hemds waren hochgekrempelt, der Kragen geöffnet. Er sang, während er dirigierte, leidenschaftlich mit, lobte einzelne Sängerinnen oder wiederholte ein Wort, indem er die Konsonanten deutlich hervorhob. Ab und zu wischte er sich mit einer lässigen Bewegung das Haar aus der Stirn. Eva hat recht gehabt: guter Typ, dachte Schwarz nicht frei von Neid.
    Die Probe dauerte noch etwa fünfzehn Minuten, und Schwarz ertappte sich bald dabei, dass er mitsummte.
    »Entschuldigung?«
    Der Pastoralreferent, der seinen Chor verabschiedet hatte und auf dem Weg zum Pfarrhaus war, sah ihn fragend an.
    »Ich heiße Schwarz. Frau Sass, die Mutter von Matthias, hat mir Ihren Namen genannt, Herr Weber.«
    Er wirkte reserviert. »Ja, und?«
    »Können wir irgendwo ungestört reden?«
    Weber blickte zum Pfarrhaus, das sich kaum von den in diesem Viertel üblichen bürgerlichen Einfamilienhäusern unterschied. »Im Pavillon.«
    In dem Raum staute sich die Hitze.
    »Entschuldigung, ich

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