Im Namen des Kreuzes
nicht verschätzte – mindestens zwei, drei Jahre jünger als er.
Sie würde ihn hassen.
»Ich finde es großartig, dass Sie meine Tochter als Assistentin beschäftigen wollen. Sie geht ja wirklich bewundernswert tapfer mit ihrem Schicksal um, aber in letzter Zeit hat sie sich doch oft nutzlos gefühlt.«
Sie darf auf keinen Fall erfahren, dachte Schwarz, dass das zwischen mir und Eva mehr als eine Arbeitsbeziehung ist. Für eine Mutter ist es nur natürlich, dass sie ihrer Tochter einen jungen, attraktiven Freund wünscht, einen Mann mit Aussicht auf eine anständige Karriere und keine verkrachte Existenz wie mich.
Ja, sie würde ihn hassen.
Da rollte Eva in den Raum. Sie strahlte. »Guten Morgen, Anton.«
Schwarz sah mit Schrecken, dass sie direkt auf ihn zukam. Sie streckte die Arme aus und spitzte die Lippen. »Komm, lass dich küssen.«
Er lächelte, wich aber zurück. Frau Hahn wirkte kurz irritiert und Eva trieb ihn gnadenlos vor sich her. Schließlich landete er in der Nische zwischen Kühlschrank und Spüle.
»Jetzt komm schon, du Feigling.«
Schwarz warf Frau Hahn einen verständnisheischenden Blick zu und hielt Eva die Wange zum Kuss hin. Doch sie nahm einfach sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn auf den Mund.
»Es gibt frische Bagels und Kaffee«, sagte Frau Hahn unbeeindruckt, »und jetzt lasse ich euch zwei allein.«
Schwarz folgte Eva in einen Raum, den er von ihrer ersten Begegnung her kannte – damals hatte er sie zu Tim Burgers Amokfahrt befragt. Es war ein stilvoll und funktional eingerichtetes Esszimmer, das jederzeit zum Konferenzraum umfunktioniert werden konnte.
Er schenkte Eva und sich Kaffee ein und nahm auf einem der Freischwinger-Stühle mit Blick in den Garten Platz. Keine einzige Wolke stand am Himmel, es würde ein strahlender Tag werden. Und er trug ausgerechnet seine altmodische Regenjacke. Als er herausschlüpfte, erhaschte Eva einen Ärmel und zog ihn damit zu sich. Sie küssten sich ungestüm.
»Unser Fall …«, sagte Schwarz schließlich und schnappte nach Luft. »Wir müssen weitermachen.«
Eva richtete notdürftig ihre Haare.
Sie waren sich einig, dass sie schnellstens an das Obduktionsergebnis gelangen sollten. Nach dem gestrigen Vorfall in der Bierhalle konnte Schwarz allerdings nicht erwarten, dass Buchrieser ihm dabei half.
»Wie sind deine Beziehungen zur Gerichtsmedizin?«, sagte Eva.
»Ganz gut eigentlich.«
»Eigentlich? Was ist das Problem?«
Das Problem war Dr. Elena Galanis. Er mochte sie und sie ihn auch, trotzdem war ihr Verhältnis alles andere als entspannt. Schwarz hatte Monika während der gesamten Ehe nur mit einer Frau betrogen – mit Elena. Bis heute verstand er nicht, wie es dazu hatte kommen können, noch dazu nach einer Weihnachtsfeier im Gerichtsmedizinischen Institut. Es war schrecklich kalt und eng gewesen in Elenas Wagen, doch im Jahr darauf hatte das Ganze sich wiederholt. Und auch im nächsten und übernächsten Jahr, bis Elena einen Freund gefunden hatte.
Die Ärztin und er hatten nie ein Wort über die Sache verloren. Schwarz, weil ihm seine Machtlosigkeit angesichts des alljährlichen Naturereignisses peinlich war, Elena womöglich aus Angst, die Magie ihrer Begegnungen zu zerstören. Dieses Schweigen führte leider dazu, dass auch bei jedem beruflichen Kontakt der beiden die Atmosphäre erotisch ungeheuer aufgeladen war. Schwarz jedenfalls musste an Sex denken, sobald er Elena sah.
Aber das konnte er Eva natürlich nicht sagen.
»Das Problem …«, wiederholte er in Gedanken und blickte auf. »Habe ich gesagt, dass es ein Problem ist? Ich muss halt schauen, wie ich Dr. Galanis erreiche.«
»Dr. Galanis, ist das ein Grieche?«
Er räusperte sich. »Eine Griechin.«
Eva machte sich eine Notiz.
»Außerdem müssen wir die Haushälterin wegen des Seils fragen«, sagte Schwarz. »Würdest du das übernehmen? Ich kann dich im Pfarrhof ankündigen.«
Eva sah ihn verwundert an. »Willst du da nicht mitkommen?«
»Ich fahre doch zur Gerichtsmedizin.«
»Da wäre ich gern dabei.«
Schwarz schüttelte den Kopf. »Dr. Galanis würde in Gegenwart Dritter niemals vertrauliche Informationen preisgeben.«
Er merkte selbst, wie bescheuert das klang. Wahrscheinlich hätte er Monika öfter betrogen, wenn er in diesem Bereich nicht so ein schlechter Schauspieler wäre.
»Was machst du denn so ein komisches Gesicht.«
»Ich? Ich schau ganz normal.«
»Stimmt was nicht mit dieser Griechin?«
»Was? Wieso?«
Eva
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