Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
Vom Netzwerk:
für so was Antennen. Dafür hätte ich Eva wirklich nicht so kränken müssen. Sie hätte das Gespräch vielleicht sogar besser hingekriegt.
    Er wollte sie anrufen und ihr das sagen, doch Eva war nicht zu erreichen. Hatte sie ihr Handy ausgeschaltet?

24.
     
    Dann stand Schwarz im Stau, obwohl er sich bewusst gegen die Landsberger Straße mit ihren Baustellen entschieden hatte.
    Wieso wurde jetzt auch noch die Verdistraße aufgerissen?
    Das muss eine besonders heimtückische Wanderbaustelle sein, dachte er. Sie wandert immer dorthin, wo ich zügig Richtung Innenstadt fahren will. Hätte ich die Von-Kahr-Straße gewählt, wäre dort gebaut worden. Obwohl er Verschwörungstheoretiker hasste, fiel es ihm selbst nicht schwer, sich in paranoide Vorstellungen hineinzusteigern. Aber so verging wenigstens die Zeit, und der Stau löste sich schneller auf.
     
    Am Ende kam Schwarz wie fast immer pünktlich. Kurz vor 18 Uhr bog er zu Fuß von der Kaufinger- in die Liebfrauenstraße ein. Er ging um den Dom herum und fragte sich wieder einmal, wieso die Häuser so dicht an der Kirche standen. In den meisten anderen Städten, die er kannte, in Ulm, Landshut oder Köln, war der Dom von einem weiten Areal umgeben und zeigte sich in seiner ganzen Pracht. In München hatte man den Eindruck, dass jemand im Nachhinein mit einem großen Messer ein Stück aus dem Stadtkuchen herausgeschnitten und dort viel zu knapp den Dom eingepasst hatte. Aber vielleicht war es ja auch andersherum: Die Kirche war zuerst da gewesen und die Häuser erst später so nah an sie herangebaut worden?
    Während er noch darüber nachdachte, nahm ihn jemand beim Arm.
    »Kommen Sie.« Es war Perfall. »Lassen Sie uns eine Kerze für unsere Sache anzünden.«
    Schwarz sah ihn verwundert an. Unsere Sache? Er konnte sich nicht daran erinnern, irgendwelche Interessen mit dem Mann zu teilen.
    »Oder sind Sie nicht katholisch?«
    »Ich habe im Dom schon öfter Kerzen angezündet.«
    Das war zwar keine Antwort auf Perfalls Frage, entsprach aber der Wahrheit. Beim letzten Mal hatte Schwarz sogar mit dem Fingernagel seine Initialen in das Kerzenwachs geritzt, weil er verhindern wollte, dass der Messner, kaum dass er gegangen war, seine Kerze ausblies und zu den frischen zurücklegte. – So spirituell war er immerhin.
    Perfall wählte den nördlichen Seiteneingang. Schwarz schaltete sein Handy aus und betrat hinter ihm den Dom. Er war jedes Mal wieder von den Dimensionen überwältigt, von der Höhe des Kirchenschiffs vor allem, von der man draußen kaum eine Idee gewinnen konnte.
    Er sah, dass Perfall einen gefalteten Zehneuroschein in einen Opferstock steckte und warf schnell eine Münze hinterher. Niemand, der noch einen Rest religiöser Gefühle besaß, und sei es als Aberglaube, würde sich eine Opferkerze spendieren lassen.
    Perfall lächelte freundlich. »Dann lassen Sie uns mal um den Segen des Allermächtigsten bitten.«
    Schwarz griff nach einer Kerze. Was war denn das? Ein Teelicht in einem dunkelgelben Plastikbehälter mit dem Aufdruck Ave Maria ? Wo waren die magischen weißen Kerzen geblieben, die man in gusseiserne, wachsüberlaufene Halterungen steckte?
    Perfall hatte bereits die Hände gefaltet und bewegte die Lippen.
    Schwarz betete nicht, sondern nutzte die Gelegenheit, Eva einen Gedanken zu schicken: Hör zu, du kleiner Sturkopf, wenn du glaubst, du könntest mich auf diese Weise loswerden, täuschst du dich gewaltig. Ich liebe dich nämlich .
    Er musste schmunzeln. Die Vorstellung, dass ein Mann, dessen Mutter Jüdin war, und der nicht wusste, was er selbst war, einer bekennenden Jüdin in einer katholischen Marienkirche vor einem heidnischen Feuerzauber mit unerschrockener Liebe drohte, gefiel ihm sehr.
    Perfall war mit dem Beten fertig. Er blickte fragend in Schwarz’ Richtung. Als der nickte, ging er in den Mittelgang, beugte kurz das Knie und machte ein Kreuzzeichen Richtung Altar. Dabei ließ er aber Schwarz nicht aus den Augen.
    Sollte er ihm den Gefallen tun? Für ihn war das Kreuzzeichen eine Geste ohne große Bedeutung. Sie kostete ihn nichts. Doch da fiel ihm seine Mutter ein, die sich fast ihr gesamtes Leben lang versteckt hatte. Bis vor Kurzem hätte sie in so einem Moment die brave Katholikin gespielt und sich wahrscheinlich dafür heimlich gehasst.
    Doch wie seine Mutter wollte er nicht leben. Er wandte sich, ohne sich zu bekreuzigen, zum Ausgang. Perfalls nicht gerade sympathisches Lächeln entging ihm.

25.
     
    »Jetzt wüsste ich

Weitere Kostenlose Bücher