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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Tür mit versteinerter Miene, führte ihn ins Esszimmer und deutete auf einen Stuhl. Sie bot ihm nichts zu trinken an. Dabei hätte seinem nach der Sache mit Eva doch ziemlich aufgewühlten Magen eine Tasse Kamillentee durchaus gutgetan. Egal.
    »Ich wollte Sie auch schon anrufen.« Frau Sass hüstelte verlegen. »Es hat sich nämlich etwas Neues ergeben.«
    Schwarz sah sie fragend an.
    »Stellen Sie sich vor, jetzt hat sich die Kirche der Geschichte angenommen.«
    Die Kirche ist Perfall, dachte er.
    »Ich weiß, ich habe Sie so gedrängt, mir zu helfen.«
    »Stimmt«, sagte Schwarz und dachte daran, wie sie ihm die Liebesnacht mit Eva ruiniert hatte.
    »Aber wir sollten dem zuständigen Ermittler besser nicht ins Handwerk pfuschen.« Sie war sichtlich erleichtert, das herausgebracht zu haben.
    Schwarz dachte nach. Eigentlich war sein Auftrag nach dem Gespräch mit Weber erledigt. Das Bildchen mit dem heiligen Franziskus und dem Bachmann-Zitat war nicht für Matthias bestimmt gewesen – er ging von Pfarrer Heimerans Unschuld aus.
    Aber sollte er Frau Sass sagen, wie er zu diesem Schluss gekommen war, und damit seinen Zeugen verraten? Sie würde die Information mit Sicherheit an Perfall weitergeben, Weber würde ins Ordinariat bestellt werden. Dort hatte er mit einem peinlichen Verhör und möglicherweise sogar mit seiner Kündigung zu rechnen.
    Daran wollte Schwarz auf keinen Fall schuld sein.
    »Ich verstehe Sie, Frau Sass«, sagte er betont freundlich. »Bei der Kirche ist die Angelegenheit sicher in den besten Händen. Darf ich Ihnen denn noch sagen, was ich mit meinen bescheidenen Mitteln herausgefunden habe.«
    Sie nickte, aber ihr Blick war ängstlich.
    »Ich bin mir ziemlich sicher«, sagte Schwarz, »dass es zu keinem sexuellen Übergriff durch Pfarrer Heimeran gekommen ist.«
    Sie sah ihn überrascht an. »Aber …? Haben Sie dafür einen Beweis?«
    Er überlegte kurz, blieb aber bei seiner Entscheidung, Weber zu schützen. »Einen direkten Beweis nicht, nein.«
    Merkwürdigerweise schien Frau Sass das mit Erleichterung zur Kenntnis zu nehmen. »Dann bleibt mir nur, mich für Ihre Bemühungen zu bedanken.«
    Sie öffnete mit zittrigen Fingern eine kindlich bemalte Spanschachtel und zog fünf Hunderteuroscheine hervor. »Reicht das?«
    Schwarz wollte das Geld schon ablehnen, aber da fiel ihm ein, dass Frau Sass ihre Ersparnisse mit Sicherheit mal der Kirche vermachen würde. Da musste er nicht so selbstlos sein.
    »Übrigens«, sagte sie, »ist Herr Perfall anderer Ansicht als Sie.«
    Sie lächelte fast triumphierend. Offenbar ging es ihr wirklich nur darum, von ihren Schuldgefühlen erlöst zu werden und einen Sündenbock für den Tod ihres Sohnes zu finden.
    Damit hätte ich ihr nicht dienen können, dachte Schwarz, da ist sie mit Perfall anscheinend besser beraten.
    Er überlegte, ob er Frau Sass noch mit der Beschreibung des Mannes, der Eva überfallen hatte, konfrontieren sollte. Eher aus einem Instinkt heraus entschied er sich dagegen. Aber auf den Namen des Jungen, der Pfarrer Heimeran unter der Würmbrücke gefunden hatte, wollte er nicht verzichten.
    Einmal vor vielen Jahren hatte Schwarz sich in der Bierhalle mit einem ehemaligen Theologiestudenten betrunken und dabei eine Menge über die Haltung der katholischen Moraltheologie zur Lüge erfahren. Leider erinnerte er sich nur noch vage an das ausgeklügelte System von Notlüge, Mentalreservation und heiliger List. Trotzdem hatte er seither keine Gewissensbisse mehr, wenn er sich im Dienste der Wahrheit einer Lüge bediente – obwohl er ja eigentlich nicht katholisch war.
    »Frau Sass, ich hinterlasse ungern verbrannte Erde.«
    Sie blickte ihn verständnislos an.
    »Sie erinnern sich doch bestimmt an den armen Jungen, der Pfarrer Heimeran entdeckt hat.«
    »An den Quirin? Natürlich.«
    »Ich glaube, ich habe ihn ziemlich rüde behandelt. Ich würde ihm und seinen Eltern gern ein paar Zeilen schreiben und mich entschuldigen.«
    »Das ist aber nett von Ihnen. Wollen Sie die Adresse?«
    Genau die wollte er.

35.
     
    Familie Daniel wohnte nur wenige Straßen von Frau Sass entfernt in einem Haus aus den Sechzigerjahren, das gerade aufwendig renoviert wurde. Die halbe Fassade war bereits entfernt und durch eine Glasfront ersetzt worden, jetzt sollte offenbar der Dachstuhl angehoben und der Speicher ausgebaut werden. Ein Kran stand vor dem Haus, ein Schuttcontainer in der Einfahrt.
    Schwarz hatte Glück, Quirin kam eben aus der Schule. Als der Junge

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