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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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bedient wurden.
    P grinst: »Ach, weißt Du, das ist eine lange Geschichte. Ich habe einfach keine Lust, die Sachen dort zu holen, wo sie sind.«
    »Komisch finde ich auch, dass Du auf einmal in den Bergen leben willst, obwohl Dir die Stadt so viel besser gefällt … Weißt Du, was Heidi sagt?«
    »Dass ich mindestens ein Geheimagent bin. Das habe ich schon gehört.«
    »Das sagt aber nicht nur die Heidi. Alle glauben, dass Du deshalb im Schlachthof arbeiten willst …«
    »Denkst Du das auch?«
    »Keine Ahnung … Mir scheint es zu … abgedreht … Ich habe das Gefühl, dass Du vor etwas fliehst … Verzeih, wenn ich Dir ein bisschen zu … wie sagt man so schön … indiskret bin, aber es ist nicht leicht, sich nicht zu wundern und zu spekulieren und darüber zu reden. Niemand weiß, was Du den ganzen Tag so machst … Du bist … ein Mysterium.«
    P zögert ein paar Sekunden, bis er weiß, welchen Weg er einschlagen will: »Nein, nein, Du bist nicht indiskret: Das Erste, was man nach dem Namen von einem Menschen wissen will, ist, was er macht. Ich könnte es Dir erzählen, wenn Du es für Dich behalten kannst.«
    »Kein Problem … Bei mir sind Geheimnisse bestens aufgehoben.«
    P schaut dem Franzosen in die Augen und lehnt sich auf der Bank zurück: »Ich bin fast so etwas Abgedrehtes wie ein Geheimagent …«
    »Aha … Was ist denn beinahe so abgedreht wie ein Geheimagent? … Astronaut?«
    »Nein: Schriftsteller.«
    »Echt?« Pause. »Was für eine Art von Schriftsteller?«
    »Romanautor.«
    »Ach … Und Du bist nach Horlá gekommen, um zu schreiben?«
    »So in etwa. Aber mir wäre es lieber, wenn es niemand erfährt. Wenn Du Apotheker bist, kommt niemand auf die Idee, Deine Medikamente zu probieren, solange sie einem nicht verschrieben werden. Wenn man dagegen Schriftsteller ist, wollen alle, die Dich kennen, etwas von Dir lesen, selbst wenn sie eigentlich nicht gern lesen und noch kein einziges Buch in ihrem Leben zu Ende gelesen haben. Keiner sagt es, aber in Wirklichkeit ist es purer Voyeurismus. Sie alle wollen durch das, was du schreibst, in Dich hineinschauen.«
    »Na ja, Schriftsteller und Apotheker ist ja auch nicht dasselbe …«
    »Möglich. Vielleicht habe ich den Unterschied nur noch nie so ganz verstanden … Jedenfalls hast Du ein gutes Gespür: Es hat etwas von einer Flucht. Ich fliehe davor, so zu leben wie ein Schriftsteller.«
    P bleibt ernst. Er spielt die Rolle und versucht sich zu erinnern, was Quique Aribau ihm in jener Nacht im Monat August erzählt hat, in der sie bis zum Morgengrauen redeten und tranken: »Aber Schriftsteller müssen sich doch dauernd in der Öffentlichkeit zeigen, um sich zu verkaufen?«, sagt der Franzose.
    »Manche wollen viel Öffentlichkeit, das stimmt … Da bin ich vielleicht komisch, mir ist es viel lieber, wenn mich niemand erkennt. Oder anders gesagt: Glaubst Du, irgendein Schriftsteller, der viel im Fernsehen auftritt, könnte sich so einfach in einem Schlachthof einstellen lassen, um dort für einen Roman zu recherchieren?«
    Pause. Bier. Der Franzose sieht skeptisch aus: »Schreibst Du etwas über den Schlachthof?«
    »Ich arbeite an einem Roman … Die Hauptfigur verdient ihr Geld in einem Schlachthof. Deswegen würde ich gern für eine Zeit dort arbeiten, um zu sehen, wie der von innen funktioniert … All das. Sag mal, ist es wirklich so schwer, dort eingestellt zu werden? Du kennst doch den Eigentümer, oder?«
    Der Franzose schüttelt den Kopf, und es sieht aus wie eine doppelt und dreifach verneinende Antwort: »Sehr schwer … Für Schriftsteller dürfte es mindestens genauso unmöglich sein wie für einen Geheimagenten.
    Ein Schlachthof hütet viele Geheimnisse.«
    »Das kann ich mir vorstellen, und dieser hier ganz besonders …«
    »Möglich …«
    Der Franzose packt nicht weiter aus. Die Unterhaltung wird schleppend, so dass P, nachdem sie noch eine Runde bestellt haben, zur Toilette geht. Er will die Gelegenheit nutzen, um einen wichtigen Anruf zu machen, ohne dass der Franzose es merkt.
    Er erreicht Rodero jedoch nicht im Büro, so dass er mit dessen Assistent spricht. In wenigen Sekunden hat er ihm eine Nachricht hinterlassen, die er seinem Chef ausrichten soll. P vergewissert sich, dass der Sekretär genau mitschreibt, was er ihm eilig diktiert: »Erstens, das Spiel ist eröffnet, wir gehen über zu Plan B; macht die Zeitschrift fertig. Zweitens, uns interessiert ein gewisser Kainsmal, der mit Stechapfel Unfug treibt und im Schlachthof

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