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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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ihm zu antworten, weil das Priesterlein hereingestiefelt kommt. Er grüßt nicht und setzt sich auf einen Barhocker.
    »Hui, die Front der homosexuellen Befreiung«, sagt Rito wie zu sich selbst und zu P, der zu ihm hinübergeht, um ihn zu bedienen. Er bestellt einen JB mit Orange und schaut P nicht dabei an wie sonst: Er weicht seinem Blick aus und wirkt überhaupt irgendwie nervöser als gewöhnlich.
    »Und … Hast Du den Alten schon ins Bett gebracht?«, fragt ihn Rito mit lauter Stimme aus vier Metern Entfernung.
    »Fick Dich in den Arsch«, antwortet das Priesterlein, ohne ihn anzusehen, so als würde er mit sich selbst sprechen.
    »Das würde ich ja gerne, aber bei dieser Kälte … Hast Du ihm Thrombocid auf die Beine geschmiert?«
    »Ja. Und sei bitte leise, wenn Du kommst: Ich habe ihm das Schlafsofa im Esszimmer aufgebaut.«
    »Aha. Und warum?«
    »Weil er noch fernsehen wollte und plötzlich Lust dazu hatte und weil es sein Haus ist, reicht das?« Jetzt hat er sogar aufgeschaut, und die Stimme hat eine normale Lautstärke erreicht.
    Rito antwortet nicht, trinkt aus der Flasche und schmeißt weiter Münzen ein. P bringt den Whisky Orange. Die letzten Jugendlichen mit ihren bunten Haaren stehen vom Tisch auf. Sie lassen die Stühle kreuz und quer stehen, stellen sich zum Zahlen an, sagen ihr Getränk auf und reichen P die Scheine oder Münzen über die Theke hinweg, ohne ihn anzusehen.
    Sie würden natürlich auch nie »bitte« oder »danke« oder »tschüss« sagen: Das haben sie noch nie gemacht. Sie reden ausschließlich untereinander und in einem kaum verständlichen Tonfall. Als sie draußen sind, hört man, wie sie in ein Auto steigen.
    Drinnen läuft nur noch die Kassette mit den Rolling Stones, die P eingelegt hat, um zur Abwechslung mal nicht Creedence zu hören. Die Stones klingen unzeitgemäß lebendig, als kämen sie aus einer anderen Welt.
    P fängt an, die Stühle auf die Tische zu stellen und den Boden zu fegen, als die Tür aufgeht und Robocop hereintritt. Er schaukelt sich mit seinem leichten Seemannsgang herein, schaut dabei auf seine Motorradbrille und den Helm, den er hält wie Hamlet seinen Totenkopf. Ein Brillenglas ist kaputt, am Knie ist die Haut abgeschürft und die Jacke ist am Ellenbogen aufgerissen. »Was ist denn passiert?«, fragt Rito. »Hattest Du einen Unfall?«
    Der Robocop nickt, ohne von seiner unbrauchbaren Brille aufzuschauen. Das Priesterlein wirkt ebenfalls interessiert, fragt aber sogleich, ob er den Stoff dabei habe. Allem Anschein nach hat auch er bei ihm etwas bestellt.
    P geht dazwischen: »He, die krummen Geschäfte draußen, das wisst ihr doch.«
    Der Robocop geht hinaus auf die Straße und die beiden anderen gehen hinterher. P fegt weiter. Rito kommt nach kürzester Zeit wieder herein. Diesmal hat er das Zeug nicht auf der Brüstung des alten Hauses gegenüber genommen, wo er normalerweise sein Kokain nimmt, falls die Wetterlage es erlaubt.
    »He«, meint er, »ich geh aufs Klo und leg Dir eine auf’n Spülkasten, ja?«
    »Nett von Dir«, sagt P.
    Kurz darauf kommt das Priesterlein auch wieder herein, der von seiner Süßigkeit schon genascht haben dürfte, so wie er sein Gesicht verzieht. Er setzt sich auf einen Barhocker, um Whisky zu trinken und beobachtet P beim Fegen.
    »Sag mal«, setzt er mit schwacher Stimme an. P hebt den Kopf und legt die beiden Hände auf das Ende des Besenstiels. »Du gefällst mir … Glaubst Du, dass wir mal was miteinander haben könnten?«
    Als hätte er einen Welpen vor sich, der gern einmal gestreichelt werden möchte, antwortet P mit einer Stimme, die fast väterlich klingt: »Tut mir leid, aber das ist nicht meins …«
    »Okay … na schön … Weißt Du? Immer wenn mir ein Typ gefällt, muss ich es ihm sagen. So verliert man keine Zeit, und ich mache mir dann keine Hoffnungen … Ich weiß auch nicht, ob das richtig ist …«
    »Ich auch nicht. Mich hat es jedenfalls nicht gestört.«
    »Ah gut. Dann bin ich froh, dass ich’s Dir gesagt habe. Das ging mir seit Tagen im Kopf herum …«
    Rito kommt aus der Toilette, und wie auf Befehl legt das Priesterlein seine zweieinhalb Euro auf den Tresen und verzieht sich, ohne sein Glas auszutrinken.
    »Gute Nacht … und danke«, sagt er beim Hinausgehen. Rito stemmt daraufhin eine Hand in die Hüfte und schnappt sich mit der anderen seine Bierflasche:
    »Sag bloß, der hat Dir gesagt, dass Du ihm gefällst und dass er was mit Dir anfangen möchte?«
    P mimt den Überraschten:

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