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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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wirkt sehr ernst. Da das Schweigen nun erst einmal gebrochen ist, fasst er den Mut, sich direkt an den Metzger zu wenden. In seiner Stimme, schwingt ein ganz leichter Vorwurf mit: »Und Du? Was machst Du hier? Und trinkst auch noch Whisky …«
    »Hör mal zu: Geh mir nicht noch mehr auf die Nerven, hast Du verstanden?«
    »Wie Du willst: Wenn Du lieber sterben willst …«
    »Wenn ich nur sterben könnte. Dann hätte ich endlich meinen Frieden.«
    Rito hätte fast etwas entgegnet, aber hat es dann doch hinuntergeschluckt. Er drückt die halb gerauchte Zigarette aus und schüttet den Kaffee hinunter. »Nieves, ich bin wieder weg«, ruft er.
    Sie ruft: »In Ordnung.«
    »Wer steht jetzt im Laden?«, fragt der Metzger, bevor Rito in großen Schritten Richtung Tür geht.
    »Wer meinst Du denn, wer da steht? Wer sollte es anders sein, als unser aller Liebling.«
    Der Metzger bringt ein »Tsss« über die Lippen und schüttelt den Kopf, um seinem Unwillen Ausdruck zu verleihen. Rito geht hinaus. P und der Metzger bleiben allein am Tresen zurück.
    »Scheiße noch mal, wieso habe ich mir das bloß eingebrockt …?«
    »Ach, kommt in den besten Familien vor …«, sagt P.
    »Weißt du was, ich hatte nie etwas mit Typen: Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, das schwöre ich Dir. Ich habe mich nur in diese bekloppte Situation gebracht, weil ich dachte, da wäre ein Mensch mit einem guten Herz. Scheiße noch mal:
    Und jetzt ist es mittlerweile schlimmer als zu den Zeiten, die ich mit meiner Frau durchgestanden habe … Hätte ich das geahnt, hätte ich mich damals besser mit dem Auto vom Horlá hinabstürzen sollen: Am Ende stehst Du ohne ein bisschen Wärme da …«
    P lässt sich Zeit mit der Antwort: »Ich glaube, Rito hat wirklich ein gutes Herz. Und ich würde sogar behaupten, dass er Dich sehr liebt.«
    »Das schon … Und dann habe ich da noch einen, der völlig hilflos ist und mich braucht. Aber jetzt verrate mir mal, was ich von dem ganzen Theater habe.«
    P hätte eine Antwort parat, zieht es aber vor, nichts mehr dazu zu sagen. Der Metzger rutscht daraufhin auf seinem Barhocker hin und her, schaut in alle Richtungen, bis er sich vergewissert hat, dass die Nieves ihn von der Küche aus nicht sieht. Man hört sie dort arbeiten. Dann steht er geräuschlos auf, schleicht überraschend behende hinter die Theke, gibt P ein Zeichen, dass er still sein soll und schüttet sich einen ordentlichen Whisky ein, bis das Wasserglas halb voll ist.
    Dann steigt er wieder auf den Barhocker und nimmt einen Schluck, als würde er Zitronenlimonade trinken. Das Getränk scheint ihn augenblicklich aufzurichten. Er seufzt und nimmt noch einen Schluck.
    »Hast Du Dich schon mal richtig verliebt?«, fragt er P.
    »Das hat mich Rito vor kurzem auch schon gefragt. Und die Heidi auch. Du bist jetzt der Dritte.«
    »Und wenn schon … Was nun … Hast Du Dich schon mal richtig verliebt?«
    »Mehrmals.«
    »Ich genau zwei Mal. Das erste Mal in eine Frau, das zweite Mal in einen Mann. Und beide Male ging es in die Hose.« Pause. »Und bei Dir?«
    »Genau dasselbe: Es ging immer schlecht aus. Das letzte Mal ist noch nicht lange her.«
    »In der Stadt?«
    P beschließt, sich ein wenig Luft zu verschaffen. Irgendetwas an diesem verhangenen Himmel, den man durch die Fensterscheiben sieht, scheint dafür zu sprechen, es sich ein bisschen von der Seele zu reden: »In New York.«
    Der Metzger pfeift kurz auf: »Und was zum Teufel hast Du da gemacht, so weit weg?«
    »Das ist eine lange Geschichte …«
    »War sie hübsch?«
    »Das war gar nicht der entscheidende Punkt.«
    »Nee? Und worauf kam es dann an …?« P denkt gründlich darüber nach, spielt dabei mit einer Zuckertüte, aber bevor ihm Zeit für eine Antwort bleibt, kommt Sankt Martin in das Lokal, wobei er die Glastüren laut zuschlagen lässt. Er ist ganz aufgeregt:
    »Eh Jungs, es fängt an zu schneien … «
    Das laute Organ lockt Nieves aus der Küche. »Echt?«, fragt sie beinahe zeitgleich mit P, der vom Barhocker aufsteht, um nach draußen zu schauen. Beide gehen an das Fenster und schauen auf die Hauptstraße. Sankt Martin gesellt sich zu ihnen. Nieves ist als Erste dort.
    »Du hast Recht«, sagt sie, als sie die Flocken sieht. Dicke Flocken, die langsam herabfallen. »Ja, scheiße, was hast Du denn gedacht, natürlich habe ich Recht«, sagt Sankt Martin. Sie öffnen die Tür und stürmen voller Begeisterung wie die Grünschnäbel hinaus auf den schmalen, durchgehenden

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