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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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wäre allerdings früh am Morgen. So um sieben. Da trinken die Viehzüchter ihren Kaffee. Um zwölf kommt dann die Küchenhilfe, und ab da komme ich schon klar. Ich habe an Dich gedacht. Ich weiß nicht … Hast Du Interesse?«
    »Ja, klar … Das würde gut passen.«
    »Ich kann Dir sechs Euro die Stunde zahlen. Ich weiß, dass Du im Pub acht bekommst … Immerhin wäre es tagsüber und Du kämest hier auf mehr Stunden.
    Willst Du Dir das mal überlegen? Ich müsste irgendwann in dieser Woche Bescheid wissen. Spätestens nächsten Montag soll es losgehen.«
    »Da brauche ich gar nicht lange zu überlegen: Ich habe mehr als genug Zeit und bin mit dem Geld etwas knapp dran. Ich müsste mal die Wohnung streichen und mir ein paar Möbel kaufen …«
    »Ich habe schon gehört: Du bist ins weiße Häuschen gezogen, wo auch der Beethoven wohnt, ’ne?«
    »Ja, die Wohnung ist halt ziemlich schrabbelig, aber eigentlich wunderschön. Sie hat viele Fenster und einen herrlichen Balkon zum Kirchturm hin.«
    »Ich kenne sie. Da wohnte das arme Ding aus dem Pub, die vor der Schickse da war … Gut. Dann sieht es ja ganz so aus, als würdest Du richtig fest im Dorf bleiben wollen, nicht wahr?«
    »Im Moment ja … aber man weiß ja nie.«
    »Das stimmt, man weiß wirklich nie, was noch alles kommt … Sag mal, was hältst Du davon: Wollen wir so verbleiben, dass Du am Montag anfängst? Aber es wäre gut, wenn Du Freitag früh schon mal vorbeischauen könntest, damit ich Dir zeige, wie Du aufschließt und wo alles ist.«
    Der Metzger kommt herein. Aber von seinen kraftstrotzenden Bewegungen ist nichts zu sehen. Er macht kleine Schrittchen und läuft besonders breitbeinig, als hätte er Schwierigkeiten beim Laufen. An den Füßen hat er statt seiner Gummistiefel ein paar Hausschlappen an. Sie wurden mit einer Schere an der Lasche aufgeschnitten, damit der verbundene Fuß hineinpasst Er sieht aus, als wäre er seit Tagen nicht rasiert. Das macht sein Gesicht fahl. Es sieht weniger rund und durchblutet aus als gewöhnlich. Auch ein wenig Gewicht scheint er verloren zu haben. Alles in allem sieht er aus wie eine aufblasbare Puppe, der ein bisschen Luft fehlt.
    »Was ist los?«, fragt Nieves, als er an die Theke kommt.
    »Nichts, verflucht noch mal. Nicht einmal in seinem eigenen Haus hat meine heutzutage noch seine Ruhe … Gib mir einen Whisky mit zwei Eiswürfeln.«
    »Whisky? So früh am Morgen …? Du weißt aber, dass der wie eine Bombe einschlägt, so wie Du drauf bist, ’ne?«
    »Umso besser, mal sehen, ob ich dann endlich platze.«
    »Platzen wirst Du wohl nicht, aber die Beine werden sie Dir eines Tages noch amputieren müssen …«
    »Ach, diese Scheißbeine. Komm, schenk mir einen Whisky ein, sei so lieb.«
    »Was ist denn los: Haben sie wieder angefangen, sich zu streiten …?«
    Der Metzger antwortet nicht gleich: Er wiegt den Kopf hin und her, stößt einen kehligen Laut aus, fährt sich mit der Hand über das stoppelige Gesicht und schaut auf die Flaschen: »Der eine meint, die Teller seien schmutzig, der andere meint, niemand habe ihm gesagt, dass er abwaschen soll … Der eine sei ein geiler Bock … Der andere sei eifersüchtig … Außerdem sei er alt geworden und niemand wolle ihn mehr haben … Und das den ganzen Tag, weißt Du. Ich sitze da mit meinen Krämpfen im Fuß im Sessel und muss das aushalten. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie mich das ankotzt …«
    Nieves hat ihm einen Whisky hingestellt, der einen Eiswürfel bedeckt: »Hier, nimm einen Schluck, aber der muss jetzt ein Weilchen halten. Von mir bekommst Du jedenfalls keinen mehr.«
    Man hört, dass sich etwas an der Tür tut. Rito kommt herein. Irgendetwas an seinem Benehmen lässt darauf schließen, dass er sehr erleichtert ist, den Metzger hier zu sehen. Er kommt an die Theke, sagt bedrückt »Guten Tag«, setzt sich neben P und bestellt bei Nieves einen Café cortado. Der Metzger würdigt ihn keines Blickes. In der Hand schwenkt er das Glas, damit der Whisky schneller kalt wird. Für zwei Minuten sagt niemand etwas. Nieves räumt hinter der Theke auf und geht dann in die Küche. Die Stille wird ziemlich ungemütlich. P, der zwischen den beiden Streithähnen sitzt, fühlt sich verpflichtet, etwas zu sagen: »Es sieht ganz so aus, als wären wir demnächst Kollegen«, sagt er zu Rito.
    »Ja, Nieves hat mir gesagt, dass sie Dich fragen will, ob Du die Vormittage übernimmst.«
    Eigentlich scheint ihn die Sache überhaupt nicht zuinteressieren. Er

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