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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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alle mit unseren …«
    »Lassen Sie mich raten … Sie sind Notar. Wetten, dass ich Recht habe? Sie passen perfekt in einen Chesterton-Armsessel mit 200 Bänden Protokoll im Rücken.«
    Dem Kommissar schmeckt der Vergleich nicht sehr. Sicher nennt er auch deshalb seinen Beruf, etwas, was er sonst nie macht, höchstens aus dienstlichen Gründen: »Na, da täuschen Sie sich aber, junger Mann: Ich bin Polizeikommissar.«
    »Herrje, da bekomme ich’s ja mit der Angst zu tun … Wollen Sie mich jetzt verhaften, mein Herr?«
    »Mmmm, ich weiß noch nicht … Was haben Sie denn in letzter Zeit so verbrochen?«
    »In den letzten zwei Stunden nichts, soweit ich weiß … Warten Sie: Gibt es irgendein Gesetz, das es einem verbietet, sich während der Arbeitszeit der Handpflege zu widmen?«
    »Na, das hängt von dem Vertrag ab, den Sie mit Ihrem Chef unterzeichnet haben.«
    »Oh, wir haben gar nichts unterschrieben … Wir durften noch nicht einmal heiraten: Es heißt, einer von uns beiden hätte eine Frau sein müssen.«
    »So ein Quatsch …«
    »Das können Sie aber laut sagen. Sie wissen ja, wie heterosexistisch diese Bürokraten sind …«
    »Das sage ich Ihnen: eine Plage, diese Phallokraten …«
    »Sehen Sie … Derzeit lebe ich in sündigen Verhältnissen und dabei ist er auch noch so was von tödlich.«
    »Würden Sie mir noch verraten, wer den Brautstrauß getragen hätte. Reine Heteroneugier …«
    »Wir würden beide im Glanz einer herrlichen Lilie …«
    »Na klar: Und beide im Anzug mit Schleppe …«
    »Oh weia, ich wusste ja gar nicht, das die Staatsautoritäten so einfallsreich sein können … Wo wir gerade über Anzüge reden: Tragen Sie nie Uniform, Herr Brigadier?«
    »Hauptkommissar, wenn es Ihnen nichts ausmacht … Die ziehe ich nur zu offiziellen Anlässen an: zur Enthauptung der Aufständischen, der Verbrennung von Hexen oder ähnlichen Sachen …«
    »Ich mag ja Silberknöpfe so … Und die Käppis … Hui, die Käppis … Tragen Sie auch eins? Wenn Sie jetzt mit ›ja‹ antworten, nehme ich Ihnen eine Kassette von Monica Naranjo auf.«
    »Da sind Sie aber jetzt ein bisschen spät dran: Ich habe mir vor kurzem ein wunderbares Gerät gekauft, um CDs zu hören.«
    »Wirklich? Und ist das nicht gefährlich? In Ihrem Alter? Nicht, dass noch irgendein Stereotyp aufgebrochen wird …«
    »Meine Stereotypen sind absolut unverrückbar, junger Mann. Vielen Dank für Ihre Anteilnahme.«
    »Ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht … Da wäre ich mir nicht so sicher: Jetzt fangen Sie auch noch an, eine kleine Tunte zu mögen, die CDs verkauft.«
    »Was soll denn eine Tunte sein? Ich kenne nur Bürger und Bürgerinnen, die Gebrauch machen von der Freiheit ihrer männlichen und weiblichen Sexualität … Nicht, dass Sie mit einem Mal etwas rückständig werden durch den Umgang mit einem Phallokraten?«
    »Ich? Rückständig? Gütiger Gott bewahre mich, mein Herr, eher fällt mir noch mein Piercing raus.«
    Dem Kommissar huscht ein Schmunzeln über das Gesicht. Ein leichtes Beben schüttelt den beleibten Körper, so dass er sich erneut geschlagen geben muss. Aber er verlässt den Laden gut gelaunt mit einer CD von Kool and the Gang und einer von Tom Waits, »um den Trend mal zu kontrastieren, mein Hauptbrigadier«. Er schmunzelt auf dem Rückweg zum Dienstgebäude unter seinem Schnurrbart. Er bleibt in den schmalen Gässchen in der Sonne, bis ihm wieder einfällt, dass er für einen Notar gehalten wurde: »Notar? Sehe ich aus wie ein Notar?« Diesmal keine Spur von einem Junkie vor dem städtischen Wohnmobil. Stattdessen hängen zwei Nordafrikaner dort rum, die versuchen, das Mädchen anzumachen, das die Kondome verteilt. Im Kommissariat angekommen verweilt er im ersten Stock, um einen Café cortado zu trinken. Er hat Lust, ihn an einem lebendigeren Ort zu sich zu nehmen als im Versammlungsraum, aber er entdeckt niemanden, mit dem sich eine Unterhaltung einfädeln ließe. Zumindest niemanden, den er länger als ein Jahr kennt. Also begibt er sich wieder in seine Abteilung im zweiten Stock. Er nimmt erstmals, seit das neue Gebäude eingeweiht wurde, die Treppen. Varela sitzt wie immer im Vorzimmer und erschreckt sich förmlich, als er den Kommissar auf einem anderen Weg auftauchen sieht als gewöhnlich. Der Kommissar wiederum spürt, dass Varela irgendetwas mit dem Computer gemacht hat, was er nicht hätte machen dürfen. Das merkt er daran, wie Varela vom Stuhl aufsteht, diesmal aber auch noch die Hand an die

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