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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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vorbeischicken wollen?«
    Der Kommissar schüttelt seufzend den Kopf: »Sie sollen warten, bevor sie den Jungen mitnehmen. Ich gehe schnell selbst vorbei. Ich hab das Gefühl, dass ich ihn kenne.«
    Der Kommissar verlässt in einem kurzärmeligen Hemd das Gebäude, um keine Zeit damit zu verlieren, noch einmal hoch in sein Büro zu gehen und das Jackett zu holen. Fünf Minuten später ist er im Laden.
    Der Polizeiwagen hat das Blaulicht an und steht mit zwei Rädern auf dem Gehweg. Mehrere Nachbarn und Geschäftsleute aus der Umgebung bilden eine kleine Traube am Eingang, wo einer der Beamten als Türsteher fungiert, damit niemand hineingeht. Der Beamte grüßt den Kommissar und lässt ihn durch. Drinnen befindet sich der andere Beamte der Streife, der ebenfalls grüßt. Er steht bei dem verletzten Verkäufer, der auf einem Stuhl sitzt. Dunkle Flecken auf dem fuchsiafarbenen Hemd über dem Piercing. Die Augen voller Tränen. Er hält sich ein Papiertaschentuch an die Nase, das durchgeblutet ist. Sein Kollege steht neben ihm und legt ihm eine Hand auf die Schulter. Mit der anderen hält er sich den Kragen. Das rot gefärbte Wasser im Wischeimer spricht Bände. Offensichtlich hat man das Blut schon vom Boden aufgewischt.
    »Na, mein Freund«, sagt der Kommissar fragend, in forciert unbeschwertem Tonfall. »Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, dass Sie sich seit neuestem fürs Boxen begeistern?«
    Der Junge fängt an zu heulen. Der Kommissar geht zu ihm hin und drückt ihm die Schulter: »Na, komm, komm schon … Das wird schon wieder … Zeig mal her.«
    Er nimmt die Hand mit dem Taschentuch von der Nase und hebt ihm das Kinn. Die Nase des Jungen hat einen horizontalen Schnitt abbekommen, der blutet. Sie ist geschwollen, scheint aber nicht gebrochen zu sein, denn Form und Position sind unverändert.
    »Ach, das ist halb so wild. Ein paar Grappas und dann ist es wieder gut. Er muss Sie mit seinem Ring erwischt haben.«
    »Nein …«, der Junge versucht zu erzählen, aber das Sprechen fällt ihm schwer.
    »Er hat ihm mit aufgesetztem Motorradhelm einen Kopfstoß verpasst«, sagt der andere Verkäufer.
    »War es eine Person?«
    »Nein, zwei. Eben mit Motorradhelmen.«
    »Und Handschuhen?«
    »Ja.«
    »Habt Ihr ihnen das Geld nicht gegeben, oder was? Habt Ihr Zicken gemacht?«
    »Nein«, sagen die zwei gleichzeitig.
    »Habt Ihr irgendetwas gemacht, was die beiden … provoziert haben könnte?«
    »Nein«, antwortet der Unverletzte, allerdings wenig überzeugend.
    »Also dann erzählt mal, was ist denn genau passiert …«
    Der Unverletzte berichtet. Zwei Typen sind in den Laden gekommen und hatten Motorradhelme auf. Sie sind direkt auf die Kasse zugesteuert. Einer von beiden hat ein Messer gezogen, den Unverletzten am Nacken gepackt und den anderen aufgefordert, alles herauszuholen, was in der Kasse ist. Der Verletzte war zu diesem Zeitpunkt hinter dem Ladentisch. Hat »gut« gesagt, die Kasse aufgemacht und hat ihm die Geldscheine gegeben. Circa siebzig Euro, die sie als Wechselgeld da hatten. Dann hat er, während er sie ausgegeben hat, etwas gesagt, was den Typ mit dem Messer geärgert hat. Der ist hinter die Theke gegangen und hat ihm den Kopfstoß mit halb geöffnetem Visier verpasst. Dann hat er das Geld genommen und ist mit seinem Kompagnon abgehauen.
    »Und was hast Du zu ihm gesagt? Was hat ihn denn so aufgebracht?«, fragt der Kommissar den Verletzten, wobei er ihn zum ersten Mal explizit duzt, seit sie sich kennen. Da der Verletzte schweigt, antwortet wieder der andere. Ein gewisses Schuldgefühl liegt in seinem Gesichtsausdruck: »Ach nichts, nur dass er sich mit den siebzig Euro ein paar neue Hosen kaufen soll, weil die, die er anhabe, Taschen aufwerfen und völlig aus der Mode sind. Also … Zumindest sinngemäß, schon aber mit anderen Ausdrücken.«
    Der Kommissar versteckt die Lippen hinter seinem Schnurrbart und stemmt die Hände in die Hüften:
    »Hast Du denn nicht gewusst, dass man solche Sprüche nicht bei allen Leuten machen kann? Schon gar nicht, wenn sie mit einem Messer und Motorradhelmen in ein Geschäft kommen?« Er zeigt auf die Verkaufstheke: »Ist Dir denn gar nicht klar, dass er Dir auch den Bauch hätte aufschlitzen können, statt Dir nur einen Kopfstoß zu geben? Dann wärst Du jetzt eine Leiche, wenn auch eine besonders coole. Bist Du noch nie auf die Idee gekommen, dass hier Leute herumlaufen, die zu solchen Dingen und noch zu viel mehr in der Lage sind?«
    »Das war ein

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