Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
Vom Netzwerk:
am Park und raucht, um sich die Zeit zu vertreiben. Es ist heiß. Auf dem Bürgersteig haben sich Eisbuden und Stände mit gekühlten Getränken der Reihe nach postiert.
    Viele Leute laufen kurzärmelig herum. Er zieht das Sweatshirt aus und hängt es sich über die Schultern. Beobachtet, wie die Bizeps das T-Shirt ausbeulen und die Brustmuskeln es sichtbar über dem Oberkörper spannen, und das, obwohl die Muskulatur in den letzten Wochen etwas abgeschlafft ist, weil er nicht mehr im Fitnessstudio war. Vielleicht sieht das zu sehr nach angeberischem Bodybuilder in eng anliegenden Klamotten aus. Er zieht das Sweatshirt wieder über, raucht zu Ende und geht in den Park, in der Hoffnung, noch ein freies Plätzchen auf einer schattigen Bank in Strawberry Fields zu ergattern.
    Ergattert. Scheinbar sind die Leute verrückt danach, in der prallen Sonne zu sitzen. Er setzt sich auf das Holz, das vom Regen und der Zeit angegriffen ist, und beobachtet, wie alle Welt das herrliche Wetter genießt.
    Vor der Mosaikrosette, die in den Boden eingelassen ist, bleiben die unverkennbaren Touristen stehen. In der Mitte der Rosette steht IMAGINE. Eine Oase sonntäglicher Ruhe: außer Touristen sind vor allem Frauen unterwegs, nur Weiße, die auf den Bänken lesen oder träumen. Und sogar ein paar Kinder und alte Leute. Kinder und Alte sind sonst auf den Straßen kaum zu sehen. Vor allem keine Kinder. T versucht sich zu erinnern, wann und wo er zuletzt Kinder gesehen hat. Lediglich der Innenhof einer Schule im East Village fällt ihm ein, wo Kleine im Alter von sechs oder sieben Jahren wie in Hühnerverschlägen hinter dem Zaun gespielt hatten.
    »Buh!«, ruft eine verstellte Stimme hinter ihm.
    Es ist nicht der Ruf, der ihn erschreckt, aber es durchfährt ihn durch und durch, als er den Kopf dreht und in ein überaus vertrautes Gesicht schaut: so vertraut, seit er Denken kann. Suzanne trägt diesmal die Haare lockerer im Nacken zusammengefasst. In den wenigen Sekunden, in denen sie keine Schnute schneidet, sieht sie dem Gemälde auf verblüffende Weise ähnlich, noch ähnlicher als ohnehin schon. Sie hat Jeans an, einen viel zu großen Pulli aus himmelblauer Baumwolle und eine Baseballkappe in der Hand. Ihre Ausstrahlung wäre, einmal abgesehen von der Ähnlichkeit, einem perfekten Model für Mineralwasserwerbungen würdig: frisch, gesund und voll natürlicher Schönheit.
    »Hi … Schön, Dich zu sehen …«, sagt T, sobald er sich gefangen hat. Man merkt, dass Suzanne heute keine Absätze trägt, dadurch ist sie kleiner, als er sie in Erinnerung hat. Die Haut dagegen bleibt ohne die Schichten aus Schminke dieselbe, vielleicht ein wenig rosiger an den Wangen.
    »Wartest Du schon lang?«, fragt sie scheinbar schuldbewusst, stirnrunzelnd, mit hochgezogenen Augenbrauen und zusammengepressten Lippen.
    »Nein, ich bin gerade erst gekommen, aber alles ist so friedlich hier, dass ich ein bisschen vor mich hindämmerte.«
    »Traumhafter Tag, was …«
    »Der schönste seit ich in der Stadt bin.«
    »Oh, Du wirst schon sehen, wenn erst der Sommer da ist … Dann wird es unerträglich heiß.« Auf ihrem Gesicht spiegelt sich schreckliche Hitze: hängende Lippen, Dackelblick und mit dem Handrücken wischt sie sich die Stirn ab.
    »Das sagen alle …«
    Die Pause, die entsteht, ist vielleicht etwas zu lang. Scheinbar fällt ihr nichts Witziges ein. Und während die Pause verstreicht, versteht T, warum sie immerzu mit so viel Mimik arbeitet, Witze reißt und Gesichter schneidet … Aus Verlegenheit: Man soll das Mädchen nicht sehen, das sich hinter der Schauspielerei verbirgt. Genau dieses Mädchen, das T so gern sehen möchte.
    »Was meinst Du: Wollen wir ein bisschen durch den Park spazieren?«, fragt er, um einen Rettungsanker auszuwerfen.
    »Okay …«, sie setzt sich ihre Kappe auf.
    »Am besten sagst Du, wo’s lang geht, weil ich mich hier nicht auskenne.«
    »Puh, ich auch nicht besonders … Der See müsste bis zum West Drive gehen, dann müssten wir den ersten Weg nach links nehmen … Warst Du noch nie hier?«
    »Im Park? Doch, ein paar Mal, man stößt ja von allen Seiten darauf … Aber meist nur so für zehn Minuten, lang genug, um eine Zigarette zu rauchen und wieder zu verschwinden.«
    »Stehst wohl nicht so auf Grün, Pflanzen, die Natur?«
    Bewegungen eines flatternden Schmetterlings.
    »Mir ist das dreckige Grau der Straßen lieber«, T schmunzelt, »weißt Du, ohne irische Vorfahren …«
    Sie deutet, wie damals schon im

Weitere Kostenlose Bücher