Im Namen Des Schweins
Institut, das keltische Tänzlein an und lächelt. Noch ist das Eis nicht gebrochen und zudem scheint sie abzuwarten, was T ihr zu sagen hat, denn so, wie er darauf gedrängt hat, sich mit ihr zu treffen, wäre es zweifellos an ihm, jetzt einen guten Vorschlag zu machen oder ihr zumindest zu erklären, was er von ihr will. Zur Zeit gehen beide für einen Spaziergang etwas zu schnell nebeneinander her. Bald schon erreichen sie eine breite, asphaltierte Allee mit Radfahrern und Joggern. Suzanne läuft zu einer Infotafel, auf der das Netz an Wegen und Pfaden zu sehen ist. »Ich würde gern zum Shakespeare Garden kommen, danach könnten wir beim Castle vorbeischauen, das ist die höchste Erhebung im Park …«
Sie versuchen ihre Route einzuhalten, geraten dabei jedoch an jeder der unzähligen Abzweigungen ins Schwanken, weil Suzanne sich nicht mehr so richtig erinnern kann (dazu schnuppert sie wie Sherlock Holmes in die Luft), aber als sie am Ufer des Sees angelangt sind, wissen sie, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Einen Moment lang bleiben sie stehen. Die breite Lücke in der Vegetation wird vom trüb-grünlichen und ruhigen Wasser gefüllt, das sich über die weite, freie Fläche erstreckt; ein einziges Boot ist auf dem See, am gegenüberliegenden Ufer, so weit entfernt, dass vom Plätschern der Ruderschläge nichts mehr zu hören ist. Dann laufen sie weiter an der Uferböschung entlang, die Vegetation ist üppig und wild, was Suzanne dazu animiert, Jane zu spielen und Chita zum Abendessen zu rufen. Rein gar nichts erinnert daran, dass der Park künstlich angelegt wurde, es sei denn, man schaut zurück, auf die höchsten Gebäude am Central Park West oder auf die Wolkenkratzer in Midtown, die immer mal wieder zwischen den Baumgruppen auftauchen wie Festungstürme eines fantastischen Reichs.
»Sieht aus wie bei Camelot«, sagt T.
»Ja …« Dazu legt sie eine lautmalerische Einlage von kämpfenden Schwertern hin.
»Schau mal, ein Eichhörnchen. Siehst du’s?«
»Wo denn?«
»Auf dem Baum da«, T zeigt in die Richtung.
»Ah, jetzt seh ich’s …«
»Kannst Du Dir vorstellen, dass ich noch nie ein Eichhörnchen in freier Wildbahn gesehen habe? Immer nur im Gehege?«
»Echt? Hier gibt’s haufenweise welche, die sind sehr zutraulich.« Das zutrauliche Eichhörnchen stellt beide Pfötchen zu schräg stehenden Öhrchen auf und sieht aus wie eine verwöhnte Diva.
Für längere Zeit sind sie keiner Menschenseele mehr begegnet, bis sie sich der nächsten touristischen Attraktion zu nähern scheinen. Suzanne erklärt ihm, dass dieser Garten dafür berühmt ist, dass hier alle Pflanzen wachsen, die in Shakespeares Werken vorkommen. Dazu mimt sie Hamlet mit seinem Totenkopf. Sie gehen nicht hinein, laufen weiter, lassen einen Bauernhof hinter sich, der aussieht wie ein echter Bauernhof, erklimmen die Anhöhe und erreichen die Miniaturnachbildung einer mittelalterlichen Burg mit einem Festungsturm, der sich über den See erhebt. Den Jungs, die obendrauf stehen, scheint das Näherkommen von Erwachsenen den Spaß zu verderben. Sie steigen wieder hinunter. T und Suzanne steigen hinauf.
Von dort oben hat man einen herrlichen Ausblick über weite Teile des Parks: Im Norden reichen die Bäume bis nach Harlem, gegenüber sind die Terrassen der Upper East Side mit ihren glänzenden Simsen und im Süden sieht es wieder aus wie bei Camelot: in der Ferne erheben sich getönte Glastürme.
»Als ich ankam, bin ich die ersten Tage häufiger hierher gekommen, um mich ein bisschen zu erholen«, sagt Suzanne und tut so, als würde sie Marihuana rauchen und Reggae tanzen.
»Weil Du die Skyline von Sligo so vermisst hast …?«
Die Reggaebewegungen verwandeln sich übergangslos in ein keltisches Tänzchen, das sie bisher immer nur mit den Fingern angedeutet hatte: Hände auf dem Rücken und Spitze-Hacke, Spitze-Absatz. Sie lacht über ihre eigene Parodie und holt ein Päckchen Marlboro Light heraus. Bietet T eine an. Er greift gern zu. Bisher war T gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie rauchen könnte und freut sich darüber.
»In Sligo, würde ich meinen, gibt es keine großartige Skyline … Dort gibt es«, die Finger bewegen sich wie beim Zählen, »Steinhäuser und … warte, was noch … ach, ja: einen Fluss, der mitten durch die Stadt fließt.«
Sie deutet einen Fluss an, der mitten durch eine Stadt fließt. »Warst Du schon mal in Irland?«
»Nein, aber das lässt sich ja leicht ändern.«
»Es gibt dort vor allem
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