Im Namen Ihrer Majestät
eine Falle aufstellen, ohne ins Haus zu gehen und mit Leuten von der Spurensicherung und anderem technischem Personal Lärm zu machen und Aufsehen zu erregen.
Man hatte zwei Brüderpaare identifiziert. Die beiden von Hamilton getöteten Männer hießen Alberto und Fredo Ginastera. Interpol zufolge waren die beiden Festgenommenen und des Mordes Verdächtigen die beiden Brüder Gino und Frank Terranova. Die Namen sagten der Stockholmer Polizei nicht das geringste. Vierundzwanzig Stunden später hatte die italienische Polizei jedoch die allerschlimmsten Befürchtungen bestätigt.
Die beiden Brüderpaare wurden als Schlüsselfiguren einer der bekanntesten sizilianischen Mafiafamilien identifiziert.
Der Stockholmer Polizei war es mit einer Mischung aus Glück, Geschicklichkeit und Wut gelungen, eine wichtige und schwierige Aufgabe zu lösen. Normalerweise wäre die Stimmung in der Einsatzzentrale an diesem Abend bestens gewesen. Man wäre durch die Kneipen gezogen, und mehr als nur ein Beamter hätte einen Kommentar zu dem Thema abgegeben, daß die Polizei diesmal mit Hamilton unentschieden gespielt habe, nämlich mit zwei zu zwei.
Die Stimmung war jedoch ganz und gar nicht heiter, im Gegenteil, alle waren niedergeschlagen. Eine Kollegin und ihr Kind waren ermordet worden. Aus irgendeinem Grund, den niemand bisher verstand, war es der Polizei mißlungen, das Verbrechen zu verhindern – dabei wäre das zweifellos ihre Pflicht gewesen. Statt dessen hatte man Polizisten abgestellt, um diverse Araber einzubuchten, wie es die höchste Polizeiführung angeordnet hatte.
Bei der Stockholmer Polizei war noch nicht bekannt, daß diese, wie es später hieß, organisatorischen Fehler nicht zwei, sondern möglicherweise sieben Menschen das Leben gekostet hatte, fünf im kalifornischen Santa Barbara und zwei in Stockholm. Zwei der Opfer waren Kinder.
*
Der Auslandschef beim Echo des Tages, Erik Ponti, arbeitete sich mit Hilfe von Kaffee, Verzweiflung und Wut durch seine längste Nacht seit vielen Jahren hindurch. Sein fünfzigster Geburtstag stand bevor, und er klagte sich insgeheim an, immer wieder auf leichtfertige Weise Arbeit liegen zu lassen. Manchmal machte er einen großen Bogen um Dinge, die lange Nächte mit allzuviel Schnupftabak nach sich ziehen würden. Neuerdings wollte er häufig lieber nach Hause, um gut zu essen, Wein zu trinken, vor dem Fernseher die Füße auf den Tisch zu legen und sich einen amerikanischen Polizeifilm anzusehen. Eine gewisse Müdigkeit und das Gefühl, daß die Zeit der großen Journalistenpreise ohnehin vorbei war, machte sich breit. Überdies hatte er die meisten. Mit zunehmendem Alter hatte er natürlich eine veränderte Perspektive auf den journalistischen Ehrgeiz gewonnen, von dem er immer noch der Meinung war, daß er an und für sich eine hervorragende Triebkraft war – für ihn aber längst nicht mehr so entscheidend wie früher. Heute, so meinte er, bleibt mir zumindest erspart, die journalistische Welt in Knüller und Nicht-Knüller aufzuteilen. Statt dessen kann ich mich darauf konzentrieren, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Diese Überlegungen waren jedoch, was er natürlich wußte, nichts anderes als ein Sammelsurium intellektuell untermauerter Ausreden für sein zunehmendes Desinteresse.
Dabei hatte dieser Abend gewiß mit einem Knüller begonnen. Er hatte als einziger Journalist der Welt ein Interview mit dem Mann, den jeder interviewen wollte, mit Carl Hamilton. Und damit war er auch der erste, der exakt berichten konnte, was in Rosenbad wirklich geschehen war.
Was ihm an dem Hamiltonschen Interview am meisten zusagte, war nicht der eigentliche Knüller-Faktor, sondern die Tatsache, daß Hamilton mit seiner Aussage ihm, Ponti, einen Schmetterball ermöglichte.
Schritt Nummer eins des – nach Erik Pontis Erwartung – kurzen, aber arbeitsintensiven Abends, dem hinterher fröhliche Berichte zu Hause und ein besonders guter Wein folgen würden, bestand darin, das Hamilton-Interview ungekürzt in den Äther gehen zu lassen.
Schritt Nummer zwei hatte für Erik Ponti einen fast sadistischen Hintergrund. Er würde nämlich bei der Polizei überprüfen, ob die Kugeln, die in den toten Tätern steckten, identifiziert worden waren. Auf diese Frage würde er die Antwort ja erhalten. Um danach ein Nein auf die Frage zu hören, ob diese Angaben an die Öffentlichkeit gehen dürften, was sie aus »fahndungstechnischen Gründen« sicher nicht dürften.
Weitere Kostenlose Bücher