Im Namen Ihrer Majestät
Anschließend wollte er die Polizei mit Hamiltons Behauptung konfrontieren, daß seine Geschosse in den Tätern steckten, während eine Polizeikugel die siebenundvierzigjährige Dame getroffen hatte. Damit würde er sich ein »Kein Kommentar« einhandeln, darauf aber mit etwas zurückschlagen, was in diesem Zusammenhang der reine Tiefschlag war:
»Aber ihr wollt damit doch nicht sagen, daß Hamilton hier lügt oder sich in diesem Punkt geirrt hat?«
Als er diese Frage direkt aus dem Studio stellte, blickte er mit triumphierender Miene durch die Glasscheibe zu den Technikern und hob die Faust zu einer Siegergeste, während er den Polizisten am anderen Ende reichlich lange stottern und sich räuspern ließ und dann schadenfroh darauf verzichtete, eine Anschlußfrage zu stellen. Das war ein satanischer Trick. Derjenige, der sich verheddert hat, wird durch sein eigenes Schweigen nervös gemacht und beginnt zu reden, ohne zu wissen, was er sagt.
Was die massenhaft festgenommenen Palästinenser betraf, spürte Erik Ponti nach den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden körperliche Übelkeit. Er kannte fünf oder sechs der Festgenommenen persönlich und ging davon aus, daß man sie nur eingebuchtet hatte, um sie psychologisch zu terrorisieren. Ihr Vergehen bestand ausschließlich in ihrer ethnischen Herkunft. Er kannte die verzweifelten Frauen, die seine Vergangenheit als Palästina-Aktivist kannten und jetzt anriefen und ihn baten, »etwas zu unternehmen«, was auf den ersten Blick gar nicht so leicht schien. Dann müßte er nämlich an die Öffentlichkeit gehen und Beweise dafür liefern, daß die Festgenommenen unschuldig waren und daß es keine Palästinenser gewesen waren, die auf Hamilton geschossen hatten. Es ist fast immer unmöglich, einer umgekehrten Beweislast Genüge zu tun.
Doch jetzt hatte Hamilton selbst seine Zweifel geäußert, und das, was jemand in einem Exklusivinterview sagte, mußte an die Öffentlichkeit. Damit hatte Erik Ponti das Vergnügen, mit Polizisten darüber zu sprechen, wie schwer der Verdacht eigentlich war, ob entscheidende Festnahmen erfolgt seien und ob es Geständnisse gegeben habe.
Auf diese Aufgabe freute er sich. Außerdem paßte sie zu seinem Haß auf die Medien, in erster Linie die Abendzeitung Expressen und die Nachrichten des kommerziellen Fernsehens, die sich zu den mehr oder weniger gehorsamen, aber stets nützlichen Idioten der Säpo machten.
Expressen hatte die palästinensische Bedrohung mit Rückblicken auf frühere Ereignisse untermauert. Der Auslandsexperte der Zeitung hatte in einer seiner Kolumnen ausführlich erklärt, weshalb bestimmte Palästinenser Hamilton töten müßten, weil bestimmte andere Palästinenser ihm eine Medaille verliehen.
Ein von der Zeitung oft befragter gescheiterter ehemaliger Politiker, der anschließend eine kurze Karriere als Poet hinter sich gebracht hatte, um sich danach einer noch kürzeren Karriere als Verfasser eines Liebesromans zu erfreuen, an die eine internationale Karriere anschloß, die auf Weltreisen basierte, auf denen er erklärte, gegen Hitler zu sein, was offenbar als einzigartig mutig und prinzipientreu angesehen wurde, hatte in öffentlichen Überlegungen die palästinensische Schuld an dem Attentat mit Hilfe von Informationen untermauert, die er von »hochgestellten israelischen Freunden beim Nachrichtendienst« erhalten habe.
Erik Ponti war aus logischen und auch gefühlsmäßigen Gründen davon überzeugt, daß Hamilton recht hatte. Dem Kern der Aussage, nämlich daß die Razzien gegen die Araber reine Propaganda gewesen seien, wollte Erik Ponti an diesem Abend mehrere Stunden widmen.
Es wurde jedoch eine ganze Nacht daraus. In Kalifornien brach jetzt der neue Tag an. Die amerikanischen Fernsehstationen sendeten eine Flut von Bildern und Meldungen, bei denen es um einen von Sizilianern organisierten Mafiamord an dem Kind ging, das »Charl Guftaw Gilbert Hamilton« habe adoptieren wollen; es folgten Bilder von Hamilton, Berichte über das Attentat auf ihn, das sofort der sizilianischen Mafia zugeschrieben wurde, Bilder vom Tatort, von Blutflecken in einem Kinderzimmer, Bilder von Hamiltons jetziger kalifornischer Frau, die mit traurigem Blick an Pressefotografen vorbei in ein Zimmer eilte, in dem ihr Mann in einem Bett lag, das sein Totenbett hätte sein können, Bilder von der örtlichen Polizei, Bilder aus dem Hauptquartier des FBI in Los Angeles, in dem man bestätigte, zwei Täter mit Verbindung zur
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