Im Namen Ihrer Majestät
am Telefon stehen und starrte einige Augenblicke lang den toten Hörer an. Dann sah er auf die Uhr, eilte ins Wohnzimmer und schaltete »Rapport« ein.
Zur gleichen Zeit saßen die Männer in einem Studio in dem großen Funkhauskomplex an der Oxenstiernsgatan und blickten einander verblüfft an.
»Wir haben ihn. Jetzt ist er ein toter Mann«, stellte der Gerichtsreporter fest. »Ich möchte gern wissen, was er in den letzten Stunden getrieben hat. Ein besonders informatives Treffen mit vielen Polizisten scheint er jedenfalls nicht besucht zu haben.«
»Nein, aber er wird noch reichlich Gelegenheit erhalten, sowohl sich selbst, seinen Vorgesetzten, der Regierung und der Allgemeinheit alles näher zu erläutern«, stellte der politische Reporter fest.
»Mm«, sagte Erik Ponti. »Das Ganze ist eine verdammt tragische Geschichte. Ich finde, wir sollten jeden anzüglichen Unterton vermeiden, wenn wir das hier präsentieren. Der höchste Terroristenjäger des Landes befindet sich im Nirwana statt bei der Arbeit. Aus diesem Grund mußten zwei Menschen sterben. Der Scheißkerl glaubt außerdem immer noch, hinter Arabern her zu sein, weil er nicht weiß, daß die Mörder längst gefaßt sind. Teufel, das habe ich zu fragen vergessen. Elender Mist!«
»Niemand ist vollkommen«, bemerkte der Gerichtsreporter.
»Außerdem haben wir ja einen ziemlich erstaunlichen Kurden-Alf zu hören bekommen.«
»Jetzt ist es jedenfalls zu spät, ihn für eine kleine ergänzende Frage anzurufen«, sagte Erik Ponti. Er blickte auf seine Armbanduhr und schaltete mit der Fernbedienung »Rapport« ein.
»Wir sollten Erika anrufen«, bemerkte der Gerichtsreporter.
»Erika?« fragte Erik Ponti verwundert.
»Ja, diese Urlaubsvertretung, die unten bei Thorin vom Gewaltdezernat ist. Wenn sie diese Umstände in ihrem Interview unterbringen kann, Thorin also erzählt, was Kurden-Alf für Meinungen abgegeben hat, wird er noch wütender.«
»Gute Idee! Du machst das!« sagte Erik Ponti und konzentrierte sich auf den Bildschirm.
Da »Rapport« offenbar nichts berichtete, was die Arbeitsnacht der Echo-Redaktion stören würde, wechselte Erik Ponti zu den »News Light« des kommerziellen Kanals, die soeben die blutigen Bilder von Santa Barbara und Gamla Stan gezeigt zu haben schienen. Der Moderator hatte gerade begonnen, seinen Kriminalreporter zu interviewen, und fragte ihn, was die Einschätzung der Polizei seiner Meinung nach sei. Der Reporter teilte mit, seiner Ansicht nach freue sich die Polizei zumindest über eins, nämlich daß alle vier Täter erschossen beziehungsweise festgenommen worden seien.
Anschließend wurde der für Wirtschaft und Politik zuständige Reporter befragt, der häufigste Interviewpartner der »News Light«, weil er als Experte für alles galt. Auf die Frage, wie seiner Ansicht nach Carl Hamilton und dessen Frau ihre Situation im Moment erlebten, runzelte er die Stirn und äußerte die Vermutung, daß sie tiefe Trauer empfinden müßten, weil sie im Verlauf weniger Stunden je ein Kind verloren hätten.
Ponti schaltete irritiert den Fernseher aus. Eins stand für ihn fest: Er würde sich weder für Geld noch gute Worte in eine Nachrichtensendung des Fernsehens schleifen lassen.
Inzwischen war es 19.45 Uhr. Erik Ponti hatte die ganze Nacht Zeit, Kurden-Alfs schnellen Wechsel ins Zivilleben als Berater in der Sicherheitsbranche zu planen und zu organisieren. Diesen Weg wählten die meisten, wenn sie aus irgendeinem Grund bei der Säpo ausschieden.
Eine Selbstverständlichkeit war es, zunächst die Justizministerin von Herrn Kurden-Alfs Meriten in Kenntnis zu setzen, beispielsweise seinem Beharren darauf, die Täter seien Palästinenser gewesen, selbst nach der Festnahme der beiden italienischen Mörder von Gamla Stan. Die Justizministerin war natürlich konservativ und folglich schon qua definitionem antiarabisch eingestellt. Sie war aber auch außerordentlich sensibel, was den jeweils vorherrschenden Wind anging. Jetzt galt es nur, ihr klar zu machen, daß es nicht nötig sei, zu den Arabern als solchen Stellung zu nehmen, sondern zu dem einfachen Umstand, daß mindestens zwei Menschen aufgrund der total besinnungslosen Unfähigkeit des operativen Chefs vom schwedischen Sicherheitsdienst ihr Leben lassen mußten. Die Schlüsselfrage an sie würde in etwa lauten: »Und welche Konsequenzen sollte Sektionschef Alf Svensson deiner Ansicht nach daraus ziehen?«
Die Justizministerin würde sich nicht zurückhalten
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