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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nur riskant.«
    »Du hast recht«, bestätigte Åke Stålhandske.
    »In zehn Tagen, also am 23. September. Das paßt mir ausgezeichnet«, überlegte Carl laut. »Der Maralhirsch hat seine Brunftzeit nämlich im September. Dann fügt es sich in den Stundenplan.«
    »Wie bitte?« fragte Åke Stålhandske ratlos.
    Jetzt lächelte Carl zum ersten Mal. Er zwinkerte und murmelte etwas von einem ganz anderen Projekt. Dann stand er auf und machte einige gymnastische Übungen, massierte sich den Schenkel und die Taille.
    »Ist das Personal rekrutiert?« fragte er neugierig.
    »Ja, alle bis auf einen. Direktor Heiskanen hat irgendein biznizz vor. Deshalb will er um Aufschub bitten, bevor man ihn zu einer Übung einberuft«, murmelte Åke Stålhandske sauer. Seine Miene zeigte sehr deutlich, was er von der moralischen Tragfähigkeit dieses Hinderungsgrundes hielt.
    »Wie gut«, sagte Carl leichthin. »Dann nimm statt dessen doch diesen Verwandten dazu, diesen Jungen mit der Küstenjägerausbildung.«
    »Ist das klug?« wandte Åke Stålhandske in einem Ton ein, der erkennen ließ, daß er dies nicht für den intelligentesten Vorschlag des Tages hielt.
    »Na ja«, sagte Carl. »Nicht, wenn wir ihn im ersten Hubschrauber unterbringen würden. Aber wir beordern ihn in die Reserve. Dort brauchen wir ebenfalls gute Leute. Wir müssen uns um jeden Preis die Loyalität der Familienmitglieder erhalten, und ich glaube, es kann uns helfen, wenn wir diesen Jungen dazunehmen. Was meinst du?«
    »Aber ja«, bestätigte Åke Stålhandske.
    »Hast du irgendwelche Zukunftspläne?« fragte Carl plötzlich ernst.
    »Tot bin ich ja noch nicht«, erwiderte Åke Stålhandske zögernd.
    »Nein. Aber in diesem Job kann es leicht passieren. Du bist dreiunddreißig Jahre alt und arbeitest seit mehr als zehn Jahren im geheimen operativen Dienst. Es ist wie bei Kampffliegern. Es gibt ein Ende und eine lange Zeit danach. Hast du dir darüber schon Gedanken gemacht?«
    »Du meinst wegen der Familie?«
    »Ja, unter anderem. Wie geht es ihnen übrigens? Hast du Anna von Blue Bird erzählt?«
    »Wie bitte? Ja, es geht ihnen beiden gut. Schade nur, daß ich so verdammt viel zu tun hatte, als so schönes Wetter war. Na ja, und dann hatte Anna einige feministische Standpunkte zu Vaterschaftsurlaub, Machotypen und so weiter.«
    »Im Prinzip hat Anna recht«, sagte Carl. »Und deine einzige ehrliche Möglichkeit, dir den Feminismus vom Hals zu halten, bestand also darin, zu beichten, womit du tatsächlich beschäftigt warst, also Blue Bird?«
    »Ja«, gestand Åke Stålhandske peinlich berührt.
    »Und das hat sie als gute Patriotin akzeptiert?«
    »Ja. Aber nicht ohne ihre Meinung dazu zu äußern.«
    »Wie etwa?«
    »Daß es hinterher ein bißchen Urlaub geben sollte.«
    »Bewilligt! September ist kein schlechter Monat. Fahrt irgendwohin. Aber dann, in der weiteren Zukunft, hast du dir da noch gar nichts vorgestellt?«
    »Nein, nicht sehr viel«, gab Åke Stålhandske sichtlich verlegen zu. »Ich bin doch nichts anderes als Soldat, verdammt.«
    »Mit einer Ausbildung in amerikanischer Literatur statt in Computern«, bemerkte Carl sarkastisch. »Keine Ideen?«
    »Was Militärisches. Was zum Teufel sollte es denn sonst sein?« fragte Åke Stålhandske und zuckte die Achseln.
    »Ich glaube, ich habe eine Idee«, sagte Carl nachdenklich.
    »Ich will sie aber erst ausprobieren, bevor ich etwas sage. Kommt ihr übers Wochenende raus?«
    »Gern. Aber von diesem elenden Rotspon bekomme ich Kopfschmerzen.«
    »Ich werde den Bier und Branntweinvorrat auffüllen«, sagte Carl amüsiert. Er klopfte Åke Stålhandske auf die Schulter und ging hinaus.
    Åke Stålhandske lehnte sich zurück, streckte seinen gewaltigen Körper der ganzen Länge nach aus und gähnte wie eine große Katze. Dann faßte er sich plötzlich beschämt an den Bauch und betastete die Andeutung eines kleinen Speckgürtels; er hatte schon seit Wochen fast jede Nacht durchgearbeitet und sein körperliches Training vernachlässigt. Inzwischen war er offenbar in ein Alter gekommen, in dem sich das schnell rächte.
    Doch er war zufrieden, ja, mehr noch, er spürte innere Ruhe. Wenn Carl ernste Einwände gegen seine Planung gehabt hätte, hätte er sie wahrlich zu hören bekommen. Und, was noch wichtiger war – Carl schien irgendwie dabei zu sein, sich zu erholen, vielleicht nicht körperlich, aber seelisch. Carls Tragödie stand nicht mehr wie eine große, schwarze Mauer zwischen ihnen, wenn sie sich

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