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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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der Armee konnte keine Rede sein. Jurij Tschiwartschew war jetzt einer von ungefähr fünfzehn Generälen, welche in Moskau die eigentliche Macht hatten. Nach außen würde davon nichts zu merken sein. Die Rechnung würde Jelzin von ihnen erst in ein paar Tagen erhalten. Was gerade passierte, war nicht das Schlimmste, was in Rußland hätte passieren können.
    Sir Geoffreys grüner Bentley erschien zu Carls Irritation eine Minute zu spät. Das bedeutete, daß Carl zunächst durch die Halle hatte gehen müssen, vorbei am Portier, um dann exponiert auf der Straße zu stehen. Folglich mußte er wieder hinein und in dem kleinen Teesalon neben der Halle warten, von wo aus er die Straße im Blick hatte.
    »Wir haben uns heute ein wenig verspätet, nicht wahr, Geoff?« grüßte er ironisch, als er sich auf den stark nach Leder riechenden Rücksitz setzte und die Tür zuschlug, die wie die eines Panzerschranks ins Schloß fiel.
    »Soso, mein lieber Freund, wir wollen uns doch nicht an Kleinigkeiten aufhalten. Außerdem weißt du doch, wie es mit dem Londoner Verkehr ist, oder etwa nicht?«
    »Nein«, gab Carl zurück, »das weiß ich nicht. Wenn ich es aber wüßte, würde ich mich darauf einstellen, um rechtzeitig da zu sein, nehme ich an.«
    »Wir sind heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, nicht wahr?« parierte Sir Geoffrey vorsichtig. Als Carl nur mit einem Schulterzucken antwortete und aus dem Fenster blickte, entstand eine eigenartige Kälte im Wagen.
    »Wie ich höre, Carl«, nahm Sir Geoffrey einen neuen Anlauf, »fahren wir nicht in den Club. Du hast etwas anderes im Visier. Vielleicht solltest du mir die Adresse nennen. Es ist übrigens höchst ungewöhnlich, den vorgesehenen Zeitplan zu verändern, aber deinetwegen kann man schon mal eine Ausnahme machen. Sei doch so gut und sag mir die Adresse.«
    »Waterside Inn«, erwiderte Carl, »Es liegt in Richtung Eton und Windsor. Das müßten doch für dich heimatliche Gefilde sein?«
    »Waterside Inn!« sagte Sir Geoffrey mit offener Entrüstung.
    »Ist das nicht so ein Lokal für Froschesser?«
    »Ich nehme an, daß man es so ausdrücken kann«, sagte Carl, drehte sich um und machte ein leicht amüsiertes Gesicht.
    »Zumindest, wenn du mit Lokal für Froschesser ein französisches Restaurant meinst. Es dürfte das beste in England sein.«
    »Wenn du aus Erfahrung sprichst, werde ich mit dir nicht darüber streiten. Dann fahren wir eben zum Waterside Inn«, stellte Sir Geoffrey fest. Er vergewisserte sich beim Fahrer, daß die Adresse bekannt war und ließ die dicke Trennscheibe surrend hochfahren, so daß die Konferenz beginnen konnte.
    »Also. Abgesehen von der kulinarischen Seite der Sache, bin ich der Meinung, daß wir vielleicht für ein Gespräch hier im Wagen etwas mehr Zeit brauchen«, erklärte Carl.
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht«, seufzte Sir Geoffrey bekümmert. »Wir befinden uns ja in einer schrecklich peinlichen Situation.«
    »Inwiefern peinlich?« fragte Carl erstaunt. Er war nicht ganz sicher, ob es vielleicht eine eigenartige Nuance in dem britischen Englisch gab, die ihm entgangen war.
    »Ich bin beispielsweise gezwungen gewesen, meinen Freund Sir Anthony über die tolldreisten Seitensprünge seiner lieben Frau aufzuklären. Ich kann dir versichern, daß es nicht sehr amüsant war, ihm diese Botschaft zu überbringen.«
    »Du hast was getan?« rief Carl bestürzt. »Du hast Sir Anthony Harding erzählt, daß seine Frau eine russische Spionin ist?«
    »Natürlich. Und wie ich schon sagte, es war nicht leicht«, entgegnete Sir Geoffrey mit hochgezogenen Augenbrauen, als könnte er Carls Empörung überhaupt nicht verstehen.
    »Hast du vollkommen den Verstand verloren?« fragte Carl beherrscht, aber mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Nein, das habe ich nicht. Ich hoffe es jedenfalls nicht, denn das wäre für Ihre Majestät ziemlich traurig. Du scheinst aber einige Einwände gegen mein Vorgehen zu haben, alter Knabe?«
    »Ja, das habe ich«, entgegnete Carl verkniffen. »Ich habe einen Mann da draußen, dessen Leben auf dem Spiel steht. Unsere Feindin kann, wie ich annehme, mit ihrem Mann gut umgehen. Was er weiß, kann auch sie in Erfahrung bringen. Das war doch die eigentliche Geschäftsidee, nicht wahr? Du hast das Leben eines meiner Männer wegen alberner britischer Etikette aufs Spiel gesetzt?«
    »Hör mal, ich möchte schon behaupten, daß es ein bißchen mehr als das ist«, brummte Sir Geoffrey verlegen. »Wie ich annehme, möchtest du

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