Im Namen Ihrer Majestät
Hotelzimmer wohnen wollte, um nicht sofort auffindbar zu sein. Natürlich setzte er seinen Willen durch. Die Angestellten des Hotels trugen sein Gepäck schnell in die neuen Räume, meldeten den erwarteten Besucher und zogen sich dann schnell und diskret zurück.
Der Mann, der Carls Wohnzimmer betrat und seinen Regenschirm lässig abstellte, bevor er sich als Hauptmann Kincaid vorstellte, schien fünf oder sechs Jahre jünger zu sein als Carl. Doch es ließ sich nur schwer sagen. Er war einer dieser Typen, die immer älter aussehen, als sie sind, und das schon seit ihrem elften Lebensjahr, da sie schon in der Schule Krawatten trugen und Aktentaschen mit sich herumschleppten.
»Ich habe hier eine schriftliche Zusammenfassung der Lage«, sagte Kincaid und zog laut raschelnd einige Dokumente aus seinem ziemlich abgewetzten Aktenkoffer. »Ziehen Sie es vor, selbst zu lesen, Admiral, oder kann ich den Inhalt mündlich vortragen? Die Dokumente dürfen nämlich, wie Sie sicher verstehen werden, nicht hierbleiben.«
»Es scheint nicht besonders viel zu sein«, bemerkte Carl.
»Ein Vortrag dürfte reichen. Ach, übrigens, möchten Sie etwas trinken, Hauptmann?«
»Nein, bitte keine Umstände, trotzdem vielen Dank. Ja, ich habe den sowohl interessanten als auch in mancherlei Hinsicht etwas frustrierenden Auftrag gehabt, Ihren Mann hier in London, Hauptmann Gianelli, als Führungsoffizier zu betreuen.«
»Inwiefern frustrierend?« fragte Carl mit gerunzelter Stirn. Er konnte sich vorstellen, daß es mit der persönlichen Chemie der beiden Männer nicht besonders gut klappte.
»Nun«, sagte der MI-6-Mann, »seine Aktivität hat sich in gewisser Weise auf die Person konzentriert, die wir jetzt die Spinnenfrau nennen…«
»Ich verstehe!« unterbrach ihn Carl. »Also, er hat seinen Umgang in hohem Maße auf die Person konzentriert, die Ziel Nummer eins zu sein scheint. Das erscheint mir sehr glücklich, sogar sehr gelungen. Nicht wahr?«
»Nun, Sir, nachträglich muß man wohl zugeben, daß es unseren Absichten förderlich ist. Aber…«
»Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, Hauptmann, daß wir nachträglich sprechen. Haben Sie die Güte, auf die Philosophie zu verzichten!«
»Ja, Sir! Wie Sie wünschen.«
»Gut. Die Spinnenfrau und ihr Team sind identifiziert und geortet?«
»Ja, tatsächlich, Sir. Die Angaben sind einer minuziösen, aber natürlich diskreten Kontrolle unterzogen worden. Es scheint alles zu stimmen. Wenn Sie erlauben, Sir, möchte ich Ihnen zu einem fabelhaften Job gratulieren.«
»Danke, Hauptmann. Welche operativen Schlußfolgerungen haben Sie aus diesem Wissen gezogen?«
»Sir, ich nehme an, daß Sir Geoffrey das ausführlicher mit Ihnen besprechen wird, wenn Sie sich sehen. Ich kann vielleicht vorwegnehmen, daß wir ein kleines Problem zu haben scheinen.«
»Lassen Sie hören, Hauptmann.«
»Bei allem Respekt, Sir, aber Sie erlauben mir sicher, vollkommen aufrichtig zu sein?«
»Bitte, Hauptmann! Seien Sie nicht kindisch. Wie sieht das kleine Problem aus?«
»Nun, Sir«, fuhr der MI-6-Mann fort und räusperte sich verlegen. »Wenn Ihre anscheinend außerordentliche Quelle… ja, beim Gegner, wahre Angaben gemacht hat, haben wir diese Bande praktisch im Sack. Alle unsere Kontrollen deuten darauf hin. Wenn man uns aber einer maskirowka bekannten Modells ausgesetzt hat… Wie Sie wissen, haben wir hier in London einige peinliche Erfahrungen damit gemacht…«
»Ja, in der Tat! Das haben Sie. Wenn ich Sie richtig verstehe, Hauptmann, meinen Sie, wenn wir uns über die Spinnenfrau hermachen und wir uns irren, wird der Gegner allen Grund haben, sich halb totzulachen. Und wir anderen müssen unseren Regierungen dann das eine oder andere erklären?«
»Ja, Sir, das etwa befürchten wir.«
»Ich verstehe«, sagte Carl zögernd. »Ich glaube zumindest zu verstehen. Wir haben also übers Wochenende einen wichtigen Test vor uns? Wenn der Fisch anbeißt, wissen wir Bescheid?«
»Ja, Sir, das nehme ich an.«
»Damit stellt sich eine interessante Frage. Ist mein Mann schon über seine Rolle als Wurm am Angelhaken informiert?«
»Nein, Sir.«
»Warum nicht?«
»Aus mehreren Gründen, Sir. Er hat eine Intimität mit dieser Dame entwickelt, die vielleicht ein wenig über das hinausgeht, was seine berufliche Rolle erfordert. Daher sind wir zu der Meinung gekommen, daß die Entscheidung bei Ihnen liegen sollte, ob diese Information an die betreffenden Stellen weitergegeben werden soll. Die
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