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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ich fühle mich nach der Narkose auch ein bißchen benebelt. Dann noch hier und da einfache körperliche Schmerzen. Kann ich mich vielleicht rasieren, bevor wir mit den Besuchern anfangen? Was für Leute sind da?«
    Dort draußen, erklärte der Arzt, befänden sich eine gegenwärtige und eine frühere Ehefrau mit je einem Kind, ein Vier-Sterne-General (der Oberbefehlshaber, korrigierte Carl), ein Flottillenadmiral sowie einige Personen, die sich nicht vorgestellt hätten, aber darauf bestünden, abseits zu warten. Außerdem habe der Ministerpräsident mitteilen lassen, daß er möglichst schnell kommen wolle, sobald es ärztlicherseits erlaubt sei.
    Carl bat um Rat. Solle er erst die privaten Besucher empfangen oder die beruflichen? Er selbst würde die privaten vorziehen. Der Arzt unterstützte ihn vorbehaltlos bei dieser Reihenfolge. Die Offiziere würden die Situation verstehen, und der Ministerpräsident wolle ohnehin nicht dasitzen und nur warten. Er werde kommen, wenn man ihn rufe.
    Eine Sophia-Schwester half Carl dabei, sich zu rasieren, sich zu waschen und die Zähne zu putzen. Er fragte sich, worüber Tessie und Eva-Britt sprachen, falls sie sich überhaupt unterhielten. Er fragte die Schwester, ob es ihrer Meinung nach eine besondere Reihenfolge zwischen jetziger und früherer Ehefrau gebe. Die Schwester erklärte ohne zu zögern, erst müsse die jetzige Frau kommen, dann die frühere.
    Carl lieh sich einen Spiegel und kämmte sich. Er hatte vor, so wenig angeschossen und so wenig leidend wie möglich auszusehen.
    Dann setzte die lange Reihe der Besucher ein.
    Er sah Tessie sofort an, daß sie die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte. Sie trug Ian Carlos auf dem Arm, der zufrieden an einem Schnuller lutschte. Sie sagte nichts, als sie ans Bett trat und das Kind vorsichtig auf die Bettkante legte, als sie sich einen Stuhl heranzog. Sie wollte sich sowohl über Carl als auch über das Kind beugen. So blieb sie eine Zeitlang sitzen. Er legte ihr den schmerzfreien Arm behutsam auf den Rücken und spürte, wie sie vor Tränen zitterte. Er vermutete, daß es so etwas wie Erleichterung war.
    »Wie hast du es erfahren?« fragte er schließlich, um das Schweigen zu brechen.
    »Der Ministerpräsident hat angerufen«, schluchzte sie, ohne aufzusehen.
    »Oh«, sagte Carl. »Hörte er sich schadenfroh an?«
    Jetzt blickte sie hoch. Er hatte sie zum Lachen gebracht. Sie wischte sich die Tränen ab und drohte ihm mit dem Finger.
    »Immer mußt du mein Make-up zerstören. Nein, er war nicht im mindesten schadenfroh.«
    »Ach nein«, sagte Carl trocken, »aber ich möchte trotzdem gern wissen, was er gesagt hat.«
    Tessie zog ein Taschentuch hervor und wischte sich das Gesicht, während sie nachdachte.
    »Er sprach kurz, knapp und korrekt«, sagte sie. »Zuerst sagte er, es sei seine traurige Pflicht, mir mitzuteilen…«
    »Er hat es auf englisch gesagt?« unterbrach sie Carl.
    »Ja, auf englisch. Daß es also seine traurige Pflicht sei, mir mitzuteilen, daß du bei einem Schußwechsel vor dem Regierungshauptquartier verwundet worden seist, daß du im Karolinischen gerade operiert würdest und daß die ersten Berichte aus dem Krankenhaus von ernsten, aber nicht lebensbedrohenden Verletzungen sprächen. Dann sagte er, ein Wagen sei unterwegs, um mich abzuholen.«
    »Jetzt ist es vorbei, Tessie, jetzt besteht keine Gefahr mehr. Aber das hast du doch sicher schon lange gewußt?«
    »Die Chirurgen haben mich vorgelassen, nachdem sie fertig waren, aber das war erst nach zehn Stunden. Du ahnst nicht, was für Stunden das waren.«
    »Doch«, entgegnete Carl, »das ahne ich schon. Und was haben sie gesagt?«
    »Sie waren ziemlich guter Laune. Ich weiß nicht, ob sie meinetwegen Theater spielten, aber sie machten Witze.«
    »Machten Witze?«
    »Ja. Sie sagten beispielsweise, nach dem zu urteilen, was sie in dir gesehen hätten, würde es nicht einfach sein, dich so ohne weiteres umzubringen. Es sei sogar schwierig, mit den Skalpellen an dir zu arbeiten, und solche Dinge.«
    »Wo willst du heute nacht bleiben?«
    »Bei Anna und Åke.«
    »Gut, aber bitte Åke, dafür zu sorgen, daß man dich nicht verfolgt… beispielsweise keine Journalisten.«
    »Die sind wie Geier überall hinter mir her.«
    »Ich verstehe. Aber Åke… übrigens, ist Sam da draußen?«
    »Ja, er wartet schon mehrere Stunden.«
    »Gut. Ich werde ihn bitten, das zu erledigen, damit dir das alles erspart bleibt.«
    »Wann kommst du nach Hause?«
    »Keine Ahnung.

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