Im Namen Ihrer Majestät
Wenn mir Wundinfektionen erspart bleiben, dürfte es kaum mehr als eine Woche dauern. Ich habe drei Treffer. Sie sitzen…«
»Ich weiß, ich weiß«, unterbrach sie ihn. »Inzwischen weiß die ganze Welt, wo die Wunden sitzen. Man zeigt dich mit Röntgenbildern und blutigen Farbfotos in jedem Fernsehkanal.«
»Sie haben nichts gezeigt, dessen ich mich schämen müßte? Nichts, was sie nicht hätten zeigen dürfen?«
»Idiot!«
»Na ja, an einem der edleren Körperteile bin ich jedenfalls nicht getroffen worden. Sind die Leute gestorben, auf die ich geschossen habe?«
»Ja, sie sind anscheinend sofort tot gewesen. Was waren das für Leute?«
»Keine Ahnung.«
»Hattest du keine Angst?«
»Nein, es ging so schnell. Hinterher habe ich wohl einen Schock bekommen. Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, daß ich getroffen war. Dann bin ich zum Ministerpräsidenten hinaufgetorkelt, obwohl ich gar nicht weiß, was ich dort zu suchen hatte. Es muß ein köstlicher Anblick gewesen sein, stell dir vor! Da saß er mit einer Bande von Frauen in weiß Gott welcher Angelegenheit. Dann taumele ich mit einer langen Blutspur hinter mir ins Zimmer und sinke auf seinen Teppichboden. Das hätte ich gern auf Film.«
»Ich glaube, die würden sich das Lachen schon verbeißen.«
»Aber ja, es war wohl nicht richtig lustig. Aber jetzt kommt es mir so vor.«
»Wann verschwinden wir?« fragte sie plötzlich. Die Andeutung von Munterkeit, die Carl hatte hervorlocken wollen, war wie weggeblasen.
»Du meinst ins sonnige Kalifornien?«
»Ja, was hast du denn gedacht, sailor? Göteborg?«
Er antwortete ausweichend und sagte, zunächst einmal müsse er wieder auf die Beine kommen. Dann blickte er flehentlich auf die Uhr, wiederholte, sie solle das Krankenhaus erst verlassen, wenn Sam den Rückzug organisiert habe, und erinnerte an die lange Reihe wartender Besucher.
»Ich weiß«, sagte sie, lächelte und warf den Kopf in den Nacken.
Er sah, wie die beiden Frauen sich in der Tür begegneten. Sie sagten etwas zueinander, und es hatte den Anschein, als unterhielten sie sich nicht zum ersten Mal. Tessie nickte und ging. Eva-Britt holte tief Luft und trat schnell ein. Sie hatte Johanna Louise an der Hand.
Johanna Louise rannte auf ihn zu und kletterte an ihm hoch, so daß die Operationswunden wie Feuer brannten. Sie umarmte ihn so fest, daß ihm Tränen in die Augen traten. Einmal aus Schmerz, den sie ihm ahnungslos zufügte, aber auch aus Rührung.
»Sei vorsichtig mit Papa, es tut ihm weh«, sagte Eva-Britt leise im Hintergrund.
Eva-Britt trat zu ihm und küßte ihn vorsichtig auf die Stirn. Dann zog sie zwei Stühle heran und stellte ihre Tochter auf den Fußboden. Diese klammerte sich aber an Carl fest und protestierte zappelnd. Carl erklärte, Mama habe recht, es tue wirklich ein bißchen weh, wenn sie ihn jetzt umarme.
Johanna Louise hatte nicht alle Presse und Fernsehfotos der Operation gesehen. Eva-Britt hatte sie offenbar davor bewahrt. Doch jetzt fragte die Kleine ganz offen, wie nur Kinder es tun können. Tut es weh, wenn jemand auf einen schießt? Träumt man, wenn man operiert wird? Mußt du noch lange im Krankenhaus bleiben?
Er beantwortete ihre Fragen amüsiert und ohne Umschweife. Als die Kleine im Zimmer herumzugehen begann, um sich die ganze Blumenpracht anzusehen, nutzte Carl die Gelegenheit, Eva-Britt ungefähr die gleichen Fragen zu stellen wie Tessie. Als er hörte, daß auch Eva-Britt von Fotografen und Reportern gejagt worden war wie ein Stück Wild, versuchte er sie zu überreden, Urlaub zu nehmen und zu verreisen. Zu den Eltern in Skåne oder vielleicht könne sie vorübergehend zu einer Freundin ziehen, aber im Augenblick solle sie lieber nicht in der Bastugatan bleiben. Sie tat seine Fürsorge mit einer Handbewegung ab und sagte, inzwischen sei sie wohl doch eine Nachricht von gestern. Die Journalisten könnten sie schließlich nicht ewig verfolgen. Und ins Krankenhaus kämen sie ja glücklicherweise nicht. Im übrigen sei sie Polizistin und können sehr gut auf sich selbst aufpassen.
Die letzte Bemerkung wurde auf fast komische Weise dadurch unterstrichen, daß sie Uniform trug und bewaffnet war. Carl wechselte resigniert das Thema.
»Wer waren die Täter?« fragte er.
»Woher soll ich das wissen«, sagte sie und zuckte die Achseln. »Expressen weiß natürlich, daß es Araber waren, aber das dürfte von vornherein festgestanden haben. Säk weiß es natürlich auch, aber wir richtigen Polizisten
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