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Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman

Titel: Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wäre nicht meine Wahl, aber Henri hat ihm vertraut.«
    »Ist Veedal auch für die Sträflinge verantwortlich?«
    »Ja. Er hat die Aufsicht. Henri hat es niemals zugelassen, dass ich mich da einmische. Henri sagte, die Sträflinge seien nur schwer zur Arbeit anzutreiben, und Veedal hätte sie im Griff.«
    »Nachdem Henri jetzt tot ist, liegt die Last mit den Sträflingen auf Ihren Schultern, Mrs. Bastion. Aber ich werde auf dem Rückweg mit dem Aufseher reden.«
    »Danke, Deputy Thibodeaux. Es gibt so vieles, was ich erst lernen muss, nachdem Henri nicht mehr ist. Ich bin Ihnen für Ihre Hilfe dankbar.«
    »Sie sagten, Adele hat für Sie gearbeitet. Was hat sie getan, und warum wurde sie entlassen?«
    »Sie war letzten Sommer zur Gemüse- und Getreideernte und dann zur Zuckerrohrernte bei uns. Sie half mir beim Einmachen des Gemüses, damit es uns über den Winter bringt.« Ihre Hände strichen über die Sessellehnen. »Sie hat Seite an Seite mit mir gearbeitet, eine starke, tüchtige Arbeiterin, vielleicht ein wenig eigen. Immer sehr verschlossen.« Verwirrt sah sie ihn an. »Und jetzt hat sie meinen Mann umgebracht. Ich verstehe nicht, warum.«
    »Haben Sie Adele entlassen? Oder Henri?«
    »Eines Morgens ist sie einfach nicht mehr zur Arbeit erschienen. Später hab ich herausgefunden, dass sie an morgendlicher Übelkeit litt. Sie war schwanger.«
    »Wer war der Vater?« Er tat so, als würde er sich Notizen machen, seine Aufmerksamkeit aber galt nach wie vor Marguerite. Bernadette hatte behauptet, Adele sei gefeuert worden. Natürlich konnte es gut sein, dass Henri sie fortgeschickt hatte, ohne Marguerite davon zu erzählen. Er gewann das Bild eines Mannes, der sich seiner Frau nur selten anvertraut hatte.
    »Wer kann das schon sagen? Adele war oft unten in den Ställen, wo wir die Sträflinge unterbringen. Sie war einsam, das weiß ich. Aus irgendeinem Grund fand sie keinen Mann, der sie liebte.« Sie lächelte traurig. »Es ist schwer hier für eine Frau, Deputy. So viele Männer sind im Krieg getötet worden.«
    »Gab es einen bestimmten Sträfling, auf den sie ein Auge geworfen hatte?« Seinen Trumpf behielt er vorerst im Ärmel. Armand Dugas. Er war neugierig, ob sie den Namen preisgab.
    »Veedal sagte, sie zog von einem zum anderen.«
    »Und was genau hat sie laut Veedal in den Ställen getan?«
    »Selbstgemachte Salben und irgendwelche Hexenkräuter verabreicht. Den Männern Bäder gemacht.«
    »Ihr Mann hat das erlaubt?« Raymond konnte seine Überraschung nicht verbergen.
    »Henri meinte, Adele könnte keinen Schaden anrichten. Er wusste, dass sie nicht ganz bei Verstand war, aber sicherlich hielt er sie nicht für gefährlich.«
    Raymond stand auf. »Danke, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben, Mrs. Bastion.« Er ging an ihr vorbei und die Treppe hinunter. Aus dem Augenwinkel heraus sah er das kleine Mädchen hinter der Fliegentür stehen. Sie hielt die Glasfigur eines Pferdes in der Hand, eine, die exakt zu denen in Bernadettes Haus passte.
    Am Wagen drehte er sich noch einmal zu Marguerite um, die sich erhoben hatte und zur Tür gegangen war. »Und es gab tatsächlich keinen bestimmten Sträfling, der sich auf Adele eingelassen hat?«
    »Wenn, dann hat es Henri mir nicht erzählt.« Sie ließ hinter sich die Fliegentür zufallen und trat ins Haus.
    Raymond fuhr die hundert Meter zu den Ställen. Die Männer waren auf den Feldern, was auf den Aufseher hoffentlich ebenfalls zutraf. Beim Gestank, der ihm drinnen entgegenschlug, musste er würgen. Zielstrebig ging er durch das kleine Büro auf den Schreibtisch zu, wo er ohne Eile die Papiere durchsah, bis er fand, wonach er gesucht hatte.
    Die Sträflingsliste des vergangenen Jahres führte einen Armand Dugas auf, der bereits im Februar 1941 auf der Bastion-Farm eingetroffen war. Dugas war wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Weitere Informationen waren nicht aufgeführt. Ebenfalls wurde nicht erwähnt, dass Dugas nach Angola zurückgekehrt war. Entweder arbeitete er noch auf den Feldern, oder er war tot.
    »Was zum Teufel treiben Sie da?«
    Raymond sah auf. Vor ihm stand ein großer Mann mit ins Gesicht gebrannten kupferbraunen Sommersprossen, rotem, schütteren Haar und Armen so dick wie Oberschenkel.
    »Ich sehe mir Ihre Sträflingsliste an.«
    »Nur weil Sie dieses Blechabzeichen auf der Brust tragen, haben Sie noch lange keine Recht, hier herumzuschnüffeln.«
    »Nein, aber Mrs. Bastion hat mir dazu die Erlaubnis

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