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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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fassen!«
    »Ist doch wirklich erstaunlich, was sich manche Menschen trauen. Einfach so ihr Leben umzukrempeln, und das auch noch gerade dann, wenn wir ihnen einen Doppelmord anhängen wollen.« Elise schüttelte den Kopf. »Ich habe mal versucht, den letzten Abend der Dawkins zu rekonstruieren. Soweit ich weiß, hat Orrin das Haus an dem Tag nicht verlassen. Stacey hat eingekauft, und zwar …«, Elise hielt inne und schaute kurz in ihrem Notizbuch nach, »Hühnerbrust, Couscous, Tiefkühlgemüse und zwei Flaschen Chardonnay. Das war gegen viertel nach drei im Supermarkt am Elk Grove Boulevard.«
    »Zwei Flaschen?«, fragte Josh und dachte daran, was ihnen Lois Bradley über Stacey Dawkins Trinkgewohnheiten erzählt hatte.
    Elise zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat sie den Wein auf Vorrat gekauft. Möglicherweise wollte sie sich auch in ihr Wohnzimmer setzen und sich damenhaft diskret einen hinter die Binde gießen. Vielleicht hatte sie vor, beide Flaschen in die Badewanne zu gießen und darin zu baden.«
    Sie hatte recht – zwei Flaschen Chardonnay bewiesen gar nichts. »Ich kann da nichts erkennen«, sagte er. Nichts an Stacey und Orrins letztem Tag wies auf das entsetzliche Ende dieses Abends hin.
    »Ich auch nicht«, sagte Elise. »Und noch etwas, wegen Dr. Gannon.«
    »Ja?« So zurückhaltend kannte er seine Partnerin gar nicht.
    »Ich habe herausgefunden, warum sie mir bekannt vorkam.«
    »Ja? Warum?« Josh richtete sich auf.
    »Erinnerst du dich an die Psychologin, die vor zwei Jahren von einem ihrer Patienten angegriffen wurde?«
    »Ist nicht dein Ernst. Das war sie?« Josh ließ sich wieder in den Stuhl zurückfallen.
    »Mmh. Der Kerl hat sie gestalkt. Herausgefunden, wann sie allein sein würde, sie überfallen und versucht, sie zu vergewaltigen.« Elise sprach gleichmäßig und mit ausdrucksloser Stimme.
    »Wer hat ihn aufgehalten?«
    »Laut Akte ein gewisser Danny Stannard, ihr Verlobter.«
    Josh konnte nicht sagen, was ihn mehr ärgerte – die Tatsache, dass Aimee Gannon einen Verlobten hatte, oder das Ausmaß, wie sehr ihn das störte. Warum zum Teufel hatte sie ihn so leidenschaftlich geküsst, wenn sie einen Verlobten hatte?
    »Offenbar hat er wiederholt versucht sie anzurufen, aber niemanden erreicht. Also ist er zu ihrem Büro gefahren. Die Vergewaltigung konnte er zwar noch verhindern, aber dieser Patient hatte sie bereits ziemlich übel zusammengeschlagen.«
    Josh seufzte. »Was ist aus dem Täter geworden?«
    »Staatliche Nervenheilanstalt.«
    »Wie lange?«, fragte Josh.
    »Er ist seit sechs Wochen wieder draußen«, erwiderte seine Partnerin.
    Elises Handy klingelte. Sie klappte es auf. »Jacobs.« Nach kurzem Zuhören versteifte sich ihr Körper, sie zog die Augenbrauen hoch und schaute zu Josh hinüber. »Wir sind gleich da«, sagte sie und ließ das Handy zuschnappen.
    »Wo genau sind wir gleich, und weshalb?«, fragte Josh.
    »Wir werden zu Ed nach unten gehen, denn er weiß jetzt, warum die Dawkins pleite waren.«
    Carl Walter pfiff vor sich hin, als er den Parkplatz betrat. Das Gewitter vom Vorabend hatte klare, frische Luft mit sich gebracht. Gott, es war so schön, in Kalifornien zu leben! Wenn jemand bei ihm gewesen wäre, hätte er eventuell eine Bemerkung darüber fallen lassen, wie glücklich er sich schätzen konnte. Er hätte sich bescheiden und dankbar gegeben, ganz so, wie es erwartet wurde. Tief im Innern war Carl jedoch davon überzeugt, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied war. Er jedenfalls hatte sein Leben selbst in die Hand genommen.
    Sein Wagen war ein typisches Beispiel dafür. Er hatte sich schon immer einen sportlichen Klassiker gewünscht. Diesen hier besaß er schon über zehn Jahre und er war noch immer top in Schuss. An Glück lag das nicht. Sondern an guter Planung und daran, dass er stets gut auf ihn geachtet hatte. Er zog das Stofftaschentuch aus seiner Tasche und rieb eine matte Stelle auf dem glänzenden Lack seines grünen Mercury Cougar. Das Tuch wurde nur für den Wagen benutzt. Im Ernst – sich die Nase mit etwas putzen, das man dann zurück in die Tasche steckt und den ganzen Tag mit sich herumträgt? Was für eine widerwärtige Anzahl von Bakterien sich da ansammeln würde! Seine Mutter hatte jedoch immer gepredigt, ein wahrer Gentleman trage stets ein Taschentuch bei sich, und Carl wollte verdammt sein, wenn er kein Gentleman war. Also steckte es zwischen den immer griffbereiten persönlichen Dingen in der Brusttasche seines Anzugs.

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