Im Netz der Angst
eingeschlagen wird. Wir müssen jeden überprüfen, Mr Walter.« Elises Stimme wurde nicht lauter, dennoch duldete ihr Ton keinerlei Widerspruch.
»Mich auch?«, fragte Walter und beugte sich vor.
»Hatten Sie denn einen Grund, Mr Dawkin den Tod zu wünschen, Mr Walter?« Josh zwang sich, ruhig zu sprechen, obwohl sein Pulsschlag sich beschleunigte. Bei den meisten Ermordungen ging es um zwei Dinge: entweder um Sex oder um Geld. Und was das Geld anging – wer hätte da ein besseres Mordmotiv als ein Geschäftspartner?
Walter schob seinen Stuhl zurück. Sein Gesicht war puterrot. »Selbstverständlich nicht! Das war doch nur eine Blödelei! Orrin war wie ein Bruder für mich. Ohne ihn bin ich aufgeschmissen!«
»Dann macht es Ihnen doch sicherlich nichts aus, uns zu verraten, wo Sie am Dienstagabend gewesen sind?«, sagte Elise freundlich und zückte ihr Notizbuch.
»Ich … ich … Moment. Lassen Sie mich kurz überlegen.« Walters Blick schnellte zwischen den beiden Detectives hin und her.
Elise lächelte höflich, während sie mit dem Stift in der Hand auf seine Antwort wartete.
»Ich, äh, ich habe hier bis halb sieben oder so gearbeitet und bin dann ins Fitnessstudio gefahren. Unterwegs habe ich bei einem Starbucks dort um die Ecke gehalten. Dort bin ich Stammgast. Man wird mich vermutlich erkannt haben. Und Sie können auch im Fitnessstudio nachfragen. Um da reinzukommen, muss man am Empfang den Mitgliedsausweis einlesen lassen.«
Elise schrieb sich alles auf, auch den Namen und die Adresse des Fitnessstudios sowie des Coffeeshops, zu dem er gefahren war.
»Nun«, sagte Josh. »Was ist mit den Namen dieser verärgerten Mitarbeiter und Geschäftspartner?«
Walter fing an, Namen aufzuzählen und sie zu buchstabieren. Nichts lockert zuverlässiger die Zunge als nach dem eigenen Alibi gefragt zu werden, dachte Josh bei sich.
»Wir haben hier branchenbedingt keine hohe Fluktuation«, sagte Carl. »Allerdings mussten wir einige wenige Mitarbeiter gehen lassen, die sich neuen Tätigkeitsfeldern widmen wollten, die wir aber sehr gern behalten hätten. Und einige sind auch weggefallen, als ihnen klar wurde, was es kostet, hier draußen zu leben. Ich denke nicht, dass Sie an einem von denen interessiert sind?«
»Nicht wirklich«, sagte Josh und beobachtete Walters Gesicht. Die meisten Menschen hatten eine Art Tick, der sie beim Lügen verriet. Das war es, was professionelle Pokerspieler und auch Polizisten sich zunutze machten. Walter wirkte zwar betrübt und schien sich nicht sehr wohl in seiner Haut zu fühlen, doch er sah nicht aus, als ob er log. Es gab keinen nach schräg links unten gerichteten Blick und auch kein nervöses Fingerzupfen oder zwanghaftes Zusammenschieben der Papiere auf seinem Schreibtisch.
»Sie wollen also die ganze schmutzige Wahrheit wissen«, sagte Walter und verlagerte sein Gewicht im Stuhl, als ob ihm der elegante Ledersitz plötzlich zu warm geworden wäre.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, zum Kern der Sache zu kommen, dann – ja, genau das möchten wir«, bekräftigte Elise.
»Die einzige Mitarbeiterin, die wir entlassen haben und mit der es böses Blut gab, war eine junge Verwaltungsangestellte. Ihr Name ist Doreen Hughes.« Walter blickte aus dem Fenster.
»Inwiefern böses Blut?« Endlich wurde es interessant.
»Orrin musste sie entlassen. Es war sehr unangenehm. Er hat sich die Mühe gemacht, sie begründet zu entlassen. Das ist kein Spaß, aber eine finanziell bessere Lösung für die Firma.«
»Und was war der Grund?«
Walter legte die Fingerspitzen aneinander und schaute Josh über das Dreieck hinweg an. »Doreen hatte ein Alkoholproblem. So schlimm, dass sie, selbst wenn sie nicht betrunken zur Arbeit erschien, doch definitiv nach Schnaps stank. Mehrere ihrer Kollegen haben das bemerkt. Sie war eine aufgeweckte junge Frau, sehr vernünftig. Allerdings hatte sie noch nicht herausgefunden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Orrin bestärkte sie darin, sich weiterzubilden. Unsere Firmenpolitik beinhaltet ein Programm zur Erstattung von Weiterbildungskosten.«
Eine aufgeweckte junge Frau, die Dawkin unter seine Fittiche genommen hatte? Das kam dem Detective bekannt vor. »Das war aber sehr nett von ihm.«
»Wir betrachten das als Investition in die Zukunft. Es ist schwer, gute Mitarbeiter zu finden, und wir versuchen, sie ans Unternehmen zu binden.« Carl blickte Josh direkt in die Augen.
Der Kerl war ihm etwas zu ehrenhaft. Bei solchen Gutmenschen wurde
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