Im Netz der Meister 2
Simone so sehr lachen, dass die anderen Gäste zu ihnen herübersahen. Auch Scheißkerl guckte.
»Wieso denn Frau Breitmaulfrosch?«, fragte Simone.
»Weil sie so dicke Lippen hat, die nennen wir alle so.«
»Wir?«
»Ja, meine Freundinnen aus unserer Clique, du siehst sie alle auf meiner Freundesliste im HLF, guck mal nach morgen, nicht vergessen: Sklavin Unterstrich Gabi Unterstrich 69.« Simone nickte.
Gabi plapperte weiter: »Frau Breitmaulfrosch kennt doch jeder. Meine Freundin Ulla sagt immer: Frau Breitmaulfrosch geht jeden Abend in ihren Neurosengarten und pflegt ihre Stilblüten. Aber lass uns mal wieder zum Thema kommen.«
Gabi senkte ihre Stimme und sah verschwörerisch zu Scheißkerl. »Er also«, sagte sie mit einer Kopfbewegung zu ihm hin, »der hockt den ganzen Tag vor dem Computer und gräbt Weiber an und wichst dabei. Ja, ehrlich, ich weiß das genau! Auch als er bei Ulla gewohnt hat, hat er das gemacht, den ganzen Tag gechattet, damit er notfalls zur Nächsten weiterziehen kann, ist doch klar. Der wechselt ständig seinen Wohnsitz, deswegen hat er auch dauernd Ärger mit der Arge. Der nimmt nur Frauen mit den drei L: Ledig. Labil. Liquide. Er findet sie in Foren, wo sie was schreiben. Geschichten und Gedichte und so. Daran, wie die schreiben, erkennt er, wie es denen geht, in welchem Gemütsstand die sind. Der zieht daraus seine Schlüsse, und er ist gar nicht doof dabei.«
Simone sah Scheißkerl ins Gesicht. Sein Pokerface lag halb im Schatten der Hutkrempe. Das Grinsen war ausgeknipst.
Gabi sagte: »Der schnallt es ruckzuck, wenn eine auf der Suche und einsam ist, so wie die Ulla. Die war schon drei Jahre Single vorher, und dann hat er sich eingeschleimt. Fand ihre Gedichte toll und so. Hat ihr im Chat immer zugehört, und wenn sie abends aus dem Büro kam, hat er ihr versaute Sachen geschrieben. Die Ulla ist völlig abgefahren auf den.«
»Dann war doch alles gut, wenn sie beide das gefunden hatten, was sie suchten«, sagte Simone. Hans kam dienernd zu ihr und fragte, ob sie noch etwas trinken wolle. Sie nahm noch einen Prosecco.
»Gar nichts war gut! Er ist ja nicht nur ungepflegt und dickfellig, der ist auch megapervers!«, verkündete Gabi ein bisschen zu laut. Als sie bemerkte, dass einige der Umstehenden neugierig herüber sahen, senkte sie ihre Stimme wieder. Sie flüsterte Simone ins Ohr: »Der ist so was von pervers, der vögelt nämlich Lebensmittel.«
»Lebensmittel?«
Gabi nickte heftig. »Ja. Ulla musste ihm frische Schweineleber kaufen. Und die musste sie dann in eine Thermosflasche stopfen, roh und schön blutig.«
»Thermosflasche?« Simone verstand kein Wort. »Mensch, verstehste nicht? Der hat seinen Dödel in die Flasche mit der glitschigen Leber gesteckt, und, naja, du weißt schon, er hat also quasi die Schweineleber gevögelt!«
Simone schlug sich die flache Hand vor den Mund sah entsetzt und angewidert zu Herrn Scheißkerl. »So eine Sau!« entfuhr es ihr.
Gabi nickte eifrig. »Jaja, auf der ganzen Linie. Den Dödel in der Kanne und nebenbei auf Opfersuche. An Ullas Computer! Wenn sie im Büro war, hat er sich den ganzen Tag in den Foren rumgetrieben. Was meinst du, was die später alles im Verlauf gefunden hat! Sie hat ihn ja von heute auf morgen rausgeworfen, er hatte keine Zeit, was zu löschen. Weißt du, der hat die Frauen richtig danach ausgesucht, ob sie allein lebten und Geld hatten. Und wenn sie als Goldesel nicht in Frage kamen, dann hat er sie in seinen Fanklub aufgenommen.«
»Fanklub?« Simone war jetzt fasziniert von Gabis Geschichte, auch wenn sie nicht wusste, wohin sie führen würde und warum Gabi sie erzählte. Sie musterte die junge Frau, deren Lackkorsage die mädchenhafte Figur perfekt betonte. Wegen des schwarzen Petticoats aus Tüll hätte Simone neidisch werden können. Sie schätzte Gabi auf Anfang dreißig, sie hatte große braune Augen in einem faltenlosen Gesicht. Die stark asymmetrisch geschnittene Frisur war bordeauxrot gefärbt und ein interessanter Kontrast zum rosa Lack.
Gabi hatte die ganze Zeit weitergeredet: »Ja, im HLF schreibt er manchmal ganz säuische Geschichten, superbrutal, mit Vergewaltigung und richtiger Folter und so, und alle, die in seinem Fanklub sind, also die Frauen, die auserwählt sind, so verklickert er ihnen das, finden seine Geschichten toll. Frau Breitmaulfrosch gehört auch dazu. Hast du das noch nie gelesen, wie sie den immer anflötet?«
»Nein. Ich hab gelesen, wie sie meinem Mann immer
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