Im Netz der Meister 2
und Simone mussten sich bücken, als sie den Raum dahinter betraten. Ein gynäkologischer Stuhl stand in der Mitte, flackernde rote Grablichter erhellten den Boden entlang der unebenen Wände. Es roch nach Geheimnissen, Verbotenem und nach Sex. Auf einer Kommode gab es steril verpackte Nadeln, Gummihandschuhe und diverse andere Utensilien.
In einem weiteren Keller stand eine lederne Liege, an deren Kanten rundherum Metallösen befestigt waren. »Da kannst du jemanden auf alle erdenklichen Arten anketten oder ein schönes Bondage machen«, sagte Thomas. Simone sah ihn an. Er wirkte ruhig und gelassen, lächelte freundlich und irgendwie schelmisch. Wortlos wies er nach oben und machte Simone auf den großen Spiegel aufmerksam, der über der Bondageliege an der Decke angebracht war.
Auf der anderen Seite des Hauptraumes, in dem Simone jetzt eine Streckbank, einen Pranger, ein Andreaskreuz und einen Flaschenzug erkannte, führte eine zweite Treppe wieder hinauf, ebenso steil und ebenso gefährlich für Stilettos wie die andere.
Oben gab es einen Raum, der heller erleuchtet war als das Gewölbe, auch hier gab es Streckbänke, Kreuze und allerlei Vorrichtungen. Simone und Gerald suchten sich einen Stehplatz an einem der Tische und beobachteten die anderen Gäste.
Gerald schien guter Laune zu sein, er lächelte ab und zu und hatte ein entspanntes Gesicht. Ein junger Kellner lief zwischen den Tischen herum. Er war klein und hatte eine Speckrolle am Bauch, die sich unter dem T-Shirt abzeichnete. Sein Lächeln war nett. Niedlicher Bursche, schöne Zähne, dachte Simone. Sie winkte ihn an den Tisch und fragte nach seinem Namen.
»Ich heiße Hans, Madame«, sagte er.
Simone spürte diesen vertrauten Kick, als sie antwortete: »Und du bist einer dieser Burschen, die einen Satz gern mit ›ich‹ anfangen.« Sie lächelte spöttisch und freute sich über seinen unruhigen Blick. »Bist du für diesen Tisch zuständig, Hans?«
»Ja, Madame.« Er machte eine gekonnte Pause und fügte hinzu: »In vollem Umfang.«
Simone hatte verstanden. Sie ging einen Schritt auf ihn zu. Mit ihren hohen Schuhen war sie einsfünfundachtzig groß. Er reichte ihr knapp bis zum Kinn. Er senkte den Kopf. Simone hob ihn mit dem Zeigefinger wieder an. Er sah ihr in die Augen. Sie zog eine Augenbraue nach oben. Er senkte den Blick wieder. Sie ließ ihn los und bestellte bei ihm einen Prosecco.
Als sie sich Gerald zuwandte, grinste der. »So sieht meine Frau also als Dommse aus. Nicht schlecht, Herr Specht. Wie stellst du dir das heute Abend hier weiter vor?«
»Weiß nicht, lassen wir einfach alles auf uns zukommen. Das war eben eine spontane Reaktion. Sehr erotisch allerdings.«
Später trug Simone das kleine Schwarze nicht mehr. Ihre Haare fielen jetzt offen über die Schultern. Sie hatte Gerald irgendwann den Rohrstock gegeben und ihn bittend angeschaut. Mit einer Kopfbewegung schickte er sie zum Andreaskreuz, und Simone gab Hans ein Zeichen, ihnen zu folgen.
»Stell dich ans Kreuz, die Hände hoch, die Beine gespreizt«, befahl sie. Er folgte, auch wenn sie nur flüsterte. Er durfte sie nicht anfassen, das wusste er. Simone stellte sich dicht vor ihn, ihre Brüste berührten ihn. Sie legte ihr Kinn auf seinen Kopf.
Er brauchte keine Fesseln, er stand genau so da, wie sie es wollte.
Er schwitzte. In kleinen Rinnsalen lief ihm der Schweiß an den Schläfen herab, seine Lider flackerten, sein Atem ging heftig und schnell. Obwohl ihn kein Schlag traf, so spürte er doch jeden, unter dem Simone zusammenzuckte, er litt mit ihr, ließ sich treiben, stöhnte. Simone hatte die Augen geschlossen, wusste, dass es gleich vorbei sein würde, dass sie den Schmerz gleich nicht mehr spüren müsste, dass das Denken aufhörte, dass der große Genuss, das Fliegen kommen würde. Jetzt wollte sie Hans mehr in dieses Spiel einbeziehen, noch mehr, ja, mehr, sie ließ sich von ihm festhalten, umarmen, spürte ihn, spürte seine Erregung, sehr. Er zitterte.
Meine Güte, wie der zittert, dachte Simone . Er bebt ja richtig. Und wie rot sein Gesicht ist. Er stammelt, was sagt er denn? Ich will aber nichts hören, ich will nur spüren. Ich will ihn gar nicht verstehen, ich will ihn fühlen. Sie packte sein Becken. Das Beben hört auf. Ist wieder da. Hört auf. Warum guckt er denn so verzweifelt?
Simone war plötzlich wieder in der Realität. Sie ließ ihn los, trat einen Schritt zurück. »Ist das ...?«
»Ja, Madame.«
Sein Gesicht entspannte sich wie nach einem
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