Im Netz der Meister 2
abzulenken. Sie wusste, dass sie diesen Schmerz aushalten musste.
12
Der »Hexenkeller« war früher die Kneipe eines kleinen Bahnhofs gewesen. Heute konnte jeder die rustikalen Gewölbe mieten. Die Veranstalter dieser Party waren Sybille und Hartwig. Simone kannte die beiden vom Stammtisch, als Tom-Pass-auf sie darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die beiden immer und überall spielten.
Der Weg zum Seiteneingang führte über einen unbeleuchteten Schotterweg, der mit Grablichtern gesäumt war. Ute und Simone fluchten, während sie sich an Kalles Arme klammerten, um in ihren High Heels nicht zu stolpern.
Der Hauptraum sah aus wie eine bayrische Bierkneipe: Geweihe und Strohblumenkränze an den Wänden, verstaubte Bilder mit Bergseen und Zwiebelturmkirchen dazwischen, Eichenstühle mit Schnitzereien und Gobelinbezügen vor gescheuerten Holztischen.
»Mein Gott,« entfuhr es Ute, als sie sich umsahen. Pranger, Andreaskreuz, Bock und Käfige wirkten neben den biederen Gasthausinsignien besonders bizarr. Die Gäste in ihren Lack-, Leder- und Latexoutfits standen wie falsche Statisten vor einer unpassenden Kulisse herum. Musik von Rosenstolz schepperte aus holzverkleideten Boxen. An der Theke gab es keine Hocker, sodass Simone, Ute und Kalle sich zu anderen Gästen an einen Tisch setzten.
»Das kann ja heiter werden!« raunte Ute, und Kalle sagte: »Heiter? Nur unter Alkohol, ich hole uns mal eine Runde Kölsch.«
Der »Hexenkeller« füllte sich zügig, und Simone kannte etliche der Gäste: Die Göttin kam mit Dominik und begrüßte Simone herzlich, Sybille und Hartwig schüttelten jedem die Hand, Tom-Pass-auf erschien mit einer blonden, blutjungen Schönheit und Labelle trat mit ihrem attraktiven Partner in zackiger Soldatenuniform auf und sah umwerfend aus. Schon kurze Zeit später vögelte er sie nebenan auf einem Tisch, beide stöhnten dabei ekstatisch und mit Seitenblick in die Nikon des Fotografen, den sie mitgebracht hatten. Simone, Ute und Kalle amüsierten sich mäßig. Es waren hauptsächlich Paare da, die Spiele begannen früh und schnell waren alle Geräte im Einsatz.
Es war gegen zehn, als ein junger Mann den Raum betrat. Er hielt eine Sporttasche in der Hand. Simone schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Allein und ein wenig abseits stand er später an der Theke und trank ein Bier. Simone spürte, dass er sie ununterbrochen beobachtete. Ute sah es auch: »Der Kleine himmelt dich ja herzerweichend an, wink ihn doch mal zu uns«, sagte sie.
Der Junge war devot, das stand ihm ins Gesicht geschrieben, und irgendetwas in seinem Blick faszinierte Simone. Sie erinnerte sich an die Begegnung mit Marius in Hamburg, und plötzlich war sie sehr unternehmungslustig. Sie blickte den Burschen an und winkte ihn mit dem Zeigefinger heran. Er reagierte sofort, zeigte fragend auf sich, um sich zu vergewissern, dass er wirklich gemeint sei, und kam schnurstracks auf Simone zu. Er grüßte, fast militärisch, schlug die Hacken zusammen, legte die Hände auf den Rücken, senkte den Kopf und sagte mit einem kleinen Lächeln: »Guten Abend, sehr verehrte Dame.«
Simone nickte anerkennend: »Oh, da haben wir jemand, der weiß, wie man sich zu benehmen hat!«
»Danke, verehrte Dame«, sagte er.
»Wie heißt du?«
»Julian, verehrte Dame.«
»Wie alt bist du, Julian?«
»Vierundzwanzig, verehrte Dame.«
»So jung, aber nicht unerfahren?«
»Ja, verehrte Dame. Ich hatte das Glück, schon einmal dienen zu und eine Sklavenausbildung genießen zu dürfen, verehrte Dame.«
»Setz dich«, sagte Simone, und er setzte sich auf den Boden zu ihren Füßen. Er sei allein da, erzählte er, nachdem Simone ihn dazu aufgefordert hatte. Er sei Single und wäre sehr glücklich, wenn er endlich wieder eine Herrin finden würde, denn seine Sehnsucht sei sehr groß, sagte er. Simone beobachtete ihn aufmerksam. Sie bemerkte seine schmachtenden Blicke, mit denen er sie ansah. Sie hatte keine Ambitionen, eine Beziehung zu einem vierundzwanzigjährigen Subbie zu beginnen, aber Lust auf ein Spielchen, ja, das hatte sie jetzt.
Sie legte Julian den Zeigefinger unters Kinn, sah ihm in die Augen und fragte: »Willst du heute Abend mir gehören, Julian?«
Sein Mund blieb ernst, aber seine Augen lächelten, als er sagte: »Ja, verehrte Dame, das wäre im Moment mein größter Wunsch.«
Simone sah ihn so lange an, bis er den Blick senkte. »Gut. Geh und zieh dich aus.«
»Ja, verehrte Dame.«
Er kam kurze Zeit später zurück - nackt - und
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