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Im Netz der Meister 2

Im Netz der Meister 2

Titel: Im Netz der Meister 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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kennen?«
    Simone grinste. Klar, daran hatte sie gar nicht gedacht. Sie war ja sozusagen Single und musste auf Gerald keine Rücksicht mehr nehmen.
    Sie verlinkte ihr Profil im HLF mit der Veranstaltung im »Hexenkeller«, indem sie sich als Besucher in eine Liste eintrug. Vielleicht würde sich der eine oder andere Mann tatsächlich entschließen, diese Party zu besuchen, wenn er sah, dass Chatterley ihr Kommen angekündigt hatte.

    An das Nebeneinanderleben mit Gerald hatten sich alle gewöhnt, auch Julia und Jenny schien es nichts auszumachen. Die Mädchen waren fast nie zu Hause, beide hatten einen Freundeskreis, trieben Sport, hatten viel in der Schule zu tun. Wenn sie Probleme mit der Pubertät hatten, regelten sie die offenbar alleine oder unter sich, Simone bekam jedenfalls nichts davon mit. Sie mühte sich, das Haus einigermaßen in Schuss zu halten: Sie putzte die Zimmer reihum nach einem Plan, ging jeden zweiten Tag einkaufen und zwang sich so zu ein paar Stunden Konzentration außerhalb des HLF, die ihr das Gefühl einer regelmäßigen Beschäftigung gaben. Sie verfasste halbherzig einige Bewerbungen und verschickte sie auf gut Glück an die Buchhandlungen und Kaufhäuser mit Bücherabteilungen. Niemand schien jedoch eine Buchhändlerin zu suchen. Simone sah samstags die Angebote im Generalanzeiger durch und schaute ab und zu in den Online-Ausgaben der Zeitungen nach. Nichts.
    Sie hatte getan, was sie konnte, Gerald sollte sich bloß nicht aufregen. Tat er auch nicht. Er hatte andere Sorgen.
    In einem freundschaftlichen Moment erzählte er Simone, dass seine Affäre mit Nicole dem Ende zugehe. Sie saßen in der Küche und tranken Kaffee, als er sagte: »Sie will ein Kind, unbedingt. Versteh ich, in ihrem Alter ist das ganz normal. Aber das soll ihr Mann ihr machen, nicht ich.«
    »Darauf hast du den wenigsten Einfluss,« sagte Simone, und ihre Besorgnis übertönte kaum den leichten Spott in ihrer Stimme.
    Es schien ihm egal zu sein. Simone sah ihn an.
    War das wirklich derselbe Mann, der sich fast selbst aufgegeben hatte, um sie zu halten?
    War es derselbe, den sie geheiratet hatte, der ihr 1983 in der Diskothek »Crazy Horse Saloon« einen romantischen Heiratsantrag gemacht hatte und dabei vom DJ »Every breath you take« von Police hatte spielen lassen? Der ihr die Tränen der Rührung von den Wangen geküsst und dann mit ihr getanzt hatte, bis es draußen hell wurde? War er noch der Mann, der ihr bei der Geburt der Mädchen die Hand gehalten hatte in den langen Stunden im Kreißsaal? Der, der sie bei der Beerdigung ihres Vaters, der sich zu Tode gesoffen hatte, gestützt und getröstet hatte? Ach, sie hatten so viel erlebt und durchgestanden. Und jetzt war es vorbei. Wegen Sex? Wegen BDSM?
    Nein. Es war viel einfacher. Gerald war nicht mehr derselbe, und sie war nicht mehr dieselbe. Sie waren gescheitert. Gescheitert?
    Nein. Es hatte schöne Zeiten gegeben, für die sie dankbar sein wollte und musste. Lange Jahre, in denen sie glücklich gewesen waren. Es war eben vorbei. Sie wurde noch nachdenklicher: Menschen ändern sich. Je älter ich werde, desto klarer wird mir das. Ehen können gar nicht mehr fünfzig Jahre halten, was erwartet man bloß? Vor ein paar Generationen wäre ich jetzt schon eine Greisin. Die Frauen heute sind anders. Für viele von uns fängt Mitte vierzig noch mal ein neues Leben an. Die Erkenntnis kam unerwartet und schnürte ihr die Kehle zu: Ich muss die Konsequenzen ziehen. So können wir nicht weitermachen. Wir können nicht noch zwanzig Jahre in diesem Haus zusammenleben und gar nicht mehr zusammen sein.
    Simone hörte sich sagen: »Ich muss gehen, Gerald. Ich möchte eine eigene Wohnung haben.«
    Gerald sah sie an, lange. »Ja«, sagte er einfach. Nur »Ja.« Sonst nichts. In seinen blauen Augen las Simone unendliche Traurigkeit. Es hatte keinen Sinn, trotz der Verzweiflung, die sie jetzt packte und die in ihren Eingeweiden wütete. Sie war nicht glücklich. Er war nicht glücklich. Es war keine spontane Entscheidung dieser Stunde, dieses Tages, die sie diesen Satz »Ich muss gehen« sagen ließ. Sie sagte ihn nicht einfach daher.
    Sie hatten sich verloren.
    Es war vorbei.
    Gerald starrte auf seine Schuhe. Dann rieb er mit den Handflächen über seine Knie und Oberschenkel, immer wieder, wiegte den Oberkörper hin und her. Als Simone aufstand und die Küche verließ, saß er immer noch so da. Sie weinte lange an diesem Abend, und sie ging auch nicht online, um sich

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