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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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nie mehr leben könnten. Das, was dieses Haus für sie bedeutet hatte, war dahin. Unheil und Dunkelheit hatten tiefe Spuren hinterlassen, die auch Tonnen von Reinigungsmitteln nicht beseitigen konnten. Michael hatte keine Ahnung, was sie tun würden oder wo sie leben wollten, aber das war im Augenblick zweitrangig.
    Der Ghegan-Prozess wurde Anfang Juli fortgesetzt, und ein Staatsanwalt, der erst seit drei Jahren dabei war, übernahm die Anklage. Michael wies den jungen Mann in den Fall ein, und etwa eine Stunde vor den Eröffnungsplädoyers tauchte Falynn Harris im Gerichtssaal 109 auf. Nach nur vierstündiger Beratung verkündeten die Geschworenen zwei Tage später ihr Urteil, das auf Totschlag lautete. Ghegan wurde zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das war nicht die Strafe, auf die Michael gehofft und die die Stadt verdient hatte, aber Ghegan war von der Straße. Nach der Urteilsverkündung besuchte der junge Staatsanwalt Michael. Michael sah so vieles in dessen Augen. Größtenteils sich selbst vor einigen Jahren.

    Mitte August kehrte Michael alleine zu dem Haus in Eden Falls zurück. Er benutzte noch hin und wieder einen Stock, aber größtenteils kam er schon ohne zurecht. Als er sich dem Haus näherte, sah er, dass an der Säule rechts neben der Eingangstür etwas hing. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Als er genauer hinschaute, erkannte er das Abziehbild eines gelben Gänseblümchens. Michael schaute sich um. Er entdeckte keine anderen Abziehbilder, nur diese eine einsame, fröhliche Plastikblume auf der Säule. Daneben klebte ein kleiner Umschlag. Michael öffnete ihn und fand eine Grußkarte und ein Foto. Zuerst schaute Michael sich das Foto an. Es war das Bild eines jungen Paares, das auf der Veranda eines kleinen Hauses saß. Nach den Autos zu urteilen, musste es Mitte der Neunziger aufgenommen worden sein. Der Mann, der den grünen Kittel eines Floristen trug, war schlank und attraktiv. Seine Augen strahlten. Die Frau mit den feinen Gesichtszügen hatte ihr hellbraunes Haar mit Plastikspangen hochgesteckt. Das kleine Kind saß auf den Knien des Mannes. Diese traurigen Augen ließen keinen Irrtum zu.
    Michael schaute auf die Karte. Auf der Rückseite klebte ein Zettel. Er drehte ihn um. Es war ein Kassenbon für die Gänseblümchenaufkleber. Michael musste lachen. Sie wollte ihm mitteilen, dass sie diese Aufkleber nicht gestohlen hatte. Er las den Text der Karte.
    Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich jetzt zu wissen glaube, was es heißt. Zhivy budem, ne pomryom. (Ich habe nachgesehen, wie man es ausspricht.)
    Es bedeutet, dass alles gut wird.
    Alles Gute für Sie.
    Ganz liebe Grüße von Falynn.
    Michael steckte die Karte in die Tasche.
    Nach einer Weile drehte er sich um und ging davon. Er betrat das Haus nie wieder.

59. Kapitel

    Ein Jahr nach den entsetzlichen Ereignissen in Eden Falls und Astoria, New York, stand eine junge Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Pikk-Street-Cafés. Sogar dort an der Ecke hing das Aroma von Zimt, Marzipan und dunkler Schokolade in der Luft.
    Im Café stapelte der Inhaber, ein Mann von sechsunddreißig Jahren, dessen blondes Haar schon von grauen Strähnen durchzogen war, Kisten im Hinterzimmer. Es fehlte immer an Platz.
    Um kurz nach neun Uhr morgens, nachdem der morgendliche Ansturm sich gelegt hatte, trat er hinter die Theke. Im Café saßen drei Kunden, die mit ihrem Kaffee, ihrem Gebäck und ihrer Ausgabe des Eesti Ekspress beschäftigt waren.
    Als sie beschlossen, nach Estland zu ziehen, wussten sie, dass Michael nie mehr als Anwalt arbeiten würde. An dem Tag, als er seinen Dienst bei der Bezirksstaatsanwaltschaft Queens County wieder aufnehmen sollte, stand er umringt von Kollegen und Freunden im Büro von Dennis McCaffrey. Da es keine handfesten Beweise gab, dass Michael das Gesetz gebrochen hatte, wurde wegen der Adoption der Mädchen keine Anzeige erstattet.
    Doch dem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt Michael Roman würde immer der Hauch eines Verdachts anhaften. Und keine Staatsanwaltschaft konnte sich den Hauch eines Zweifels leisten. An dem Tag reichte er seinen Rücktritt ein.
    Sie hatten beide bei Berlitz einen Intensivkurs in Estnisch absolviert, doch Abby war eindeutig die Bessere. Sie bewarb sich bei der estnischen Regierung, und innerhalb von sechs Monaten musste sie die erste von zwei Prüfungen ablegen, die erforderlich waren, um in diesem Land als Krankenschwester zu arbeiten.
    Und was die Kunst des Backens

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