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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Zügel Gapolo zu, nachdem er aus dem Sattel geglitten war, und kroch über den feuchten Lehm und das dürre Gras des Hanges, bis er über den Rand blicken konnte.
    »Bei Erain!« stöhnte er auf, als die Caer ihre Richtung beibehielten und fast geradewegs auf das Versteck zuritten. »Sie haben uns gesehen.«
    Er hatte einen schlimmen Verdacht, der sich auf die Ereignisse der letzten Tage gründete. Waren die Caer-Reiter ausgeschickt worden, um Herzog Krudes Zusammentreffen mit den fünftausend Kämpfern aus Elvinon zu verhindern?
    Der Anführer der fremden Patrouille hielt sein Pferd an, keine fünf Bogenschussweiten vom Versteck entfernt.
    Die Rebellen hielten den Pferden die Mäuler zu und versuchten, die schwitzenden Tiere zu beruhigen.
    Dann wechselte der Caer mit seinen Reitern ein paar Worte, drehte das Pferd und ritt wieder an. Die Reiter folgten ihm und blickten immer wieder zurück zum Wald.
    »Es ist die Vorhut eines größeren Heeres«, sagte Meystral unterdrückt. »Beim Feueratem des Drachen! Sie reiten von uns fort!«
    »Diesmal haben wir noch Glück gehabt«, antwortete Mythor. »Wir sollten nicht damit rechnen, dass uns das Glück weiterhin treu bleibt.«
    »Bisweilen«, grollte Meystral, aber er meinte es wohl nicht ernst, »denke ich, du bist ein Freund der Caer.«
    »Ich wünschte, ich hätte niemals einen Caer gesehen«, versetzte Mythor voller Grimm. »Auch diese Reiter dort nicht.«
    Die Caer ritten etwa in jene Richtung, in der zuletzt der langgezogene Heerwurm verschwunden war. Wieder saßen die Rebellen auf, zwangen ihre Pferde den Hang hinauf und ritten entlang einem feuchten, von fast mannshohem Unkraut umwucherten Graben auf eine Art Loch im finsteren Wald zu.
    Eine Stunde lang trieben sie die Pferde, die immer größere Anzeichen der Erschöpfung erkennen ließen, auf verschlungenen Pfaden weiter. Ununterbrochen sicherten die Männer nach allen Richtungen. Weit und breit zeigte sich kein anderer Reiter, aber auch kein Vogel, überhaupt kein Tier. Gerade diese Stille, dieses ausgestorbene Land war es, was Menschen und Reittiere gleichermaßen unruhig machte.
    Hinter einen dunklen Wolkenbank sank unsichtbar die Sonne. Einige Strahlenbündel schossen wie gigantische Blitze aus Öffnungen der dräuenden Wolkenfront, trafen auf andersfarbige Wolken und ließen am Himmel unwirkliche Farben aufblühen. Immer wieder drehten sich die Reiter im Sattel und warfen angstvolle Blicke auf das Schauspiel. Das unwirkliche Licht ließ die Stämme hervortreten. Die Hufe der Pferde schlugen dumpfe, stolpernde Wirbel. Aus der Höhle zwischen den Bäumen kam ein fauchendes Brausen, untermalt vom Knacken trockener Zweige.
    »Wollen wir den Wald nicht umgehen?« rief Lamir.
    »Da hätten wir zwei Tage zu reiten!« gab Meystral zurück. »Wir müssen hindurch. Haltet eure Waffen bereit!«
    Das Keuchen der Pferde, das Knarren der Sättel und das schwere Atmen der müden Reiter wurden förmlich durchschnitten von den schleifenden, metallischen Geräuschen, mit denen die Schwerter aus den Scheiden glitten. Schilde wurden abgeschnallt und hochgerissen. Mythor und Gapolo, zwischen sich Meystral, ließen die ersten Bäume hinter sich. Quer über dem Sattel Mythors lag das Schwert Alton.
    Ein Pfad führte in wirren Windungen durch den Hochwald. Frische Spuren waren nicht zu sehen. Modernde Stämme, die sich unter den Tritten der Hufe in braunen Staub auflösten, lagen umgestürzt quer über dem Weg, der keiner war. Tödliches Schweigen herrschte rundum, nichts rührte sich. Die Pferde schnaubten, weil ihnen der Moderstaub in die Nüstern wehte. Mit einem kurzen Satz sprang ein Pferd über einen Haufen trockener Äste, zerstampfte einen Baumstumpf und schrammte sich die Kruppe an der Rinde auf. Es wieherte voller Schmerz, aber der Reiter zwang es geradeaus weiter. Das flammende Schauspiel des Sonnenuntergangs endete, die Düsternis griff wie mit qualligen Fingern zwischen den Stämmen hindurch. Mythors Schwert gab ein schwaches Leuchten von sich.
    »Weiter, Männer!« ächzte Meystral. »Habt keine Furcht!«
    Mythor verbiss sich ein kaltes Lächeln. Aus der Stimme des Anführers klang mehr als bloße Beklemmung.
    »Niemand hat Furcht!« rief Mythor und konnte sich eines ebenso düsteren Gefühls nicht erwehren. »Aber es wird dunkler und finsterer.«
    »Das ist«, versuchte Buruna zu scherzen, die ebenso ängstlich wie Lamir war und hinter Mythor ritt, »nachts meist nicht anders.«
    »Dieses Weib! Hast du sie unbedingt

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