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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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um die Biegung der Straße. Er wirkte wie alle seine Krieger entschlossen und kalt.
    Seine Entschlossenheit war sicherlich gespielt; unter dem Puder auf seinem Gesicht wirkte Graf Codgin Poly Nerchond angespannt. Unter seinem prächtigen Helm ringelte sich eine auffallende Perücke hervor. Eitelkeit sprach aus jeder Geste, als er auf den Herzog der Caer zuritt und vor ihm das Pferd parierte.
    Mit gezierten Bewegungen stieg der Mann, der stets jünger auszusehen trachtete als seine fünfundsechzig Herbste, aus dem Sattel.
    »Welch ein Stutzer!« flüsterte Gapolo und verzog angewidert das Gesicht.
    Mythor bemerkte, dass in der Wand des Zeltes, in dem der Dämonenpriester seine seltsamen Handlungen vornahm, einige Klappen geöffnet worden waren. Wieder gab er Gapolo ein Zeichen und ging festen Schrittes, als habe er eine Botschaft zu überbringen, entlang den Häusern auf die gegenüberliegende Seite des Dorfplatzes.
    Er hörte, wie Graf Codgin mit näselnder Stimme fragte: »Ich stehe vor Herzog Murdon von. äh, Caer?«
    »So ist es«, antwortete Murdon. Seine Stimme war gepresst .
    Codgin legte seine Hände, die in kostbaren Handschuhen steckten, an seinen Gürtel. Er berührte den Knauf des funkelnden Dolches und zog unter der bestickten Schärpe eine Pergamentrolle hervor. Seine Reiterei war nicht abgesessen. Mit ausdruckslosen Gesichtern beobachteten die Parlamentäre die Caer und die Tische.
    Mythor spähte zwischen zwei Zelten hindurch und sah einen Teil des Zeltinneren und den Rücken des Dämonenpriesters. Seine Arme vollführten schwungvolle Bewegungen. In der Hand blitzte ein schmales Stilett.
    »Ich bin der Abgesandte jener gewaltigen Mächte«, sagte Graf Codgin spitz, »die entschlossen sind, nicht mehr länger dem landnehmerischen und schändlichen Handeln der Caer zuzusehen!«
    Er hob geziert die Füße, als er durch die Pfützen und die tief eingedrückten Spuren auf Murdon zuging. Murdon hielt zwei Becher in den Händen und hielt einen davon dem Grafen entgegen. »Ich entnehme deinen Worten, Graf Codgin, dass du mir als Abgesandter die Kriegserklärung überbringst?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Codgin legte den Kopf schräg und entgegnete: »In allen Ehren und kraft der Entschlossenheit aller Stämme, Herzogtümer und Länder, die zu den Verbündeten der Lichtwelt zählen«, sprach er.
    »Wann soll der Kampf beginnen?«
    Codgin ignorierte den Becher und warf das zusammengerollte Pergament auf den Tisch. »Bei Sonnenaufgang der winterlichen Sonnenwende, und der Kampfplatz sei das Hochmoor von Dhuannin!«
    »Darauf bereitet sich Caer vor!« kam die Stimme des Herzogs.
    Mythors Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er näher heranglitt und durch die Zeltöffnung sehen konnte, dass der Dämonenpriester einen Zauber vorbereitete. Die Novizen umstanden den Tisch, auf dem zwei einfache Figuren standen, aus Lehm geknetet und getrocknet.
    Jede der etwa eine Elle langen Lehmpuppen hatte ein Zeichen auf Brust und Rücken. Eines war das heraldische Zeichen Ugaliens, der feuerspeiende Drache, das andere entpuppte sich als das Hoheitszeichen des Herzogtums Caer.
    Ein dumpfes Murmeln kam aus dem Zelt.
    Mythor sah sich lauernd um und glitt noch näher heran. Alle Caer achteten nur auf die beiden alten Männer, die sich gegenüberstanden und leise miteinander sprachen. Voll Unsicherheit der eine, voll Arroganz der andere. Jetzt war das Murmeln und Summen um den Tisch und die beiden Lehmklötze schärfer und konzentrierter geworden. Der Dämonenpriester senkte den Dolch und bestrich die Figur, die wohl Graf Codgin darstellen sollte, mit der Spitze und der Klinge seines Dolches. Dann beugte er sich hinunter und hob die Figur hoch.
    Seine Finger, die in den Handschuhen wie Knochen aussahen, führten mit dem Dolch und der Codgin-Lehmfigur seltsame Bewegungen aus. Sie schien die andere Gestalt angreifen zu sollen. Immer wieder zuckte der Dolch nach vorn und berührte die Brust der Murdon-Figur.
    Mythor sah diese Stoßbewegungen etwa fünfzehnmal. »Nein! Nicht dies!« sagte er zu sich selbst. Er hatte begriffen, was der Dämonenpriester wollte.
    Mythor drehte sich um und versuchte, nicht zu laufen. Dadurch hätte er sich vielleicht verraten. Aber er ging so schnell wie möglich auf die Tische und die Gruppe um Gapolo zu.
    Gerade als er zwischen den Zelten auftauchte, hörte er Graf Codgin mit seiner affektierten Stimme sagen: »Dies wird zweifellos der Kriegserklärung genügenden Nachdruck

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