Im Profil des Todes
schlafen.« Der Moment der Schwäche war vorüber. Jetzt hatte Jane es eilig, einer Situation zu entfliehen, die ihr
Unbehagen bereiten musste.
War Eve nicht ähnlich unbehaglich zumute? In den
vergangenen Minuten war sie ebenso verlegen gewe-
sen wie Jane. Sie waren schon ein eigenartiges Pärchen, dachte Eve. »Hast du nicht eben erst behauptet, Monty bräuchte dich gar nicht? «
»Er muss ja was fressen. Sarah müsste ihn allein lassen, um Futter zu holen, und dann wäre er traurig.«
Bevor sie das Zimmer verließ, fügte sie noch hinzu:
»Er ist selbst schuld, wenn er mich nicht so liebt.«
Sich anpassen, Kompromisse eingehen, die Dinge
akzeptieren, wie sie waren. Janes Leben war nie
anders verlaufen und sie hatte Angst, um mehr zu
bitten, dachte Eve, als sie aufstand. Aber heute Abend hatte ein Durchbruch stattgefunden. Jane fing langsam an, sich einzugestehen, dass sie jemanden brauchte, und Eve war ausgewählt worden, dieses Vakuum zu
füllen.
Eve lächelte belustigt, als sie die Treppe hinaufstieg.
Jane war nicht die Einzige, die Kompromisse eingehen musste. Eve spielte auch nur die zweite Geige, und zwar hinter einem Golden Retriever.
Erst im Bett, nachdem sie das Licht ausgeschaltet hatte, wurde ihr die volle Bedeutung dessen, was geschehen war, bewusst.
Dom hatte bekommen, was er wollte.
Jane war es gelungen, Eves Abwehrmechanismen zu
unterlaufen, und sie wurde ihr zunehmend wichtig.
Ganz ruhig. Alles in Ordnung. Jane hatte nicht Bonnies Rolle eingenommen. Ihre Gefühle für Jane waren völlig anderer Natur; Jane war eher eine Freundin als eine Tochter.
Aber das könnte Dom schon reichen, um seinen Plan auszuführen. Dieser Gedanke ließ sie in Panik erstar-ren. Aber es war noch nicht zu spät. Sie musste Jane wieder von sich wegschieben. Sie würde so tun, als habe es diese Momente im Arbeitszimmer nie
gegeben.
Von wegen. Das könnte sie Jane niemals antun.
Dom konnte nicht wissen, dass eine Veränderung
stattgefunden hatte. Sie brauchte es ihm nicht auf die Nase zu binden. Außerhalb des Hauses würde sie darauf achten, Distanz zu Jane zu halten.
Dom musste die Wahrheit ja nicht erfahren.
»Hallo.« Joe betrat die Küche und ließ sich auf den Stuhl fallen. »Ich könnte einen Kaffee gebrauchen.«
»Schon fertig. Steht auf der Anrichte.« Eve hob ihre Tasse an den Mund. »Du warst vergangene Nacht
nicht zu Hause. «
»Woher weißt du das?« Er stand auf und goss sich
eine Tasse Kaffee ein. »Hast du nachgesehen? Gut
so.«
»Ich habe an deine Tür geklopft und einen Blick hin-eingeworfen, als du nicht geantwortet hast. Du hättest mich anrufen können.«
»Ich hatte die Hoffnung, du würdest schlafen.« Er grinste. »Wir reden schon wie ein altes Ehepaar.«
»Und warum bist du nicht nach Hause gekommen?«
» Ich war bei Charlie im Hotel und habe ein bisschen was getrunken.« Er verzog das Gesicht. »Na ja, war wohl ein bisschen mehr.«
»Hast du versucht, ihn betrunken zu machen?«
»Nur angetrunken. Er war erst nicht sehr gesprächig.
Spiro hält ihn an der kurzen Leine, seit Charlie sich neulich über ihn hinweggesetzt hat.«
»Ich möchte nicht, dass er Probleme bekommt. Du
hättest es zuerst bei der Polizei versuchen sollen.«
»Hab ich getan, aber die haben mich auflaufen lassen.
Die sind stinksauer auf Spiro, weil er den Namen des Informanten nicht rausgerückt hat, der ihm den
Hinweis auf Debby Jordans Grab gegeben hat. «
»Und was hat das mit dir zu tun?«
» Die finden, ich bin zu nett zu Spiro und Charlie. Also hänge ich in der Luft, solange ich nicht einen von beiden zum Reden kriege. «
»Und warst du erfolgreich?«
»Es hat eine Weile gedauert, bis ich ihn so weit hatte, mir zuzuflüstern, was die Polizei in Phoenix über die Morde weiß. «
»Was ist mit dem Wachs?«
»Die Wachsspuren stammen von Kerzen, aber das ist gar nicht das Wichtigste. Die Leichen waren schon viel länger vergraben als die in Talladega. «
» Seit wann? «
»Zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahren. «
»Mein Gott.« Die Zeitspanne machte sie ganz
schwindlig. Wie viele Tote, wie viele Gräber, Dom?
»Und er ist nie gefasst worden. Das ist ja unglaublich.«
»Wie Spiro gesagt hat: Anfangs hat er Glück gehabt und mit der Zeit wurde er clever. « Er dachte einen Augenblick nach. »Aber vielleicht haben auch wir Glück gehabt. Diese beiden Morde gehören vermutlich zu
den ersten, die er begangen hat.«
»Und wenn schon. Nach so langer Zeit sind alle Spuren
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