Im Rausch der Ballnacht
und als sich ihre Blicke begegneten, hob er Ned auf den Arm. “Komm”, sagte er zu Lizzie.
Sie war wie betäubt. Niemandem konnte entgangen sein, dass er Ned wie seinen Sohn auf dem Arm trug, und das war ein Bekenntnis. Mit dem Kind auf dem Arm ging Tyrell zurück zu der Reihe der Dienstboten. “Es ist mir ein Vergnügen, wieder hier zu sein”, sagte er. “Das Land scheint in gutem Zustand zu sein, und wenn ich das Haus betrete, werde ich es in seinem Innern sicher in ebenso gutem Zustand vorfinden. Vielen Dank.”
Lizzie begann, die Dienstboten in der Reihe bewusst zu sehen. Es mussten ungefähr fünfzig Personen sein. Überall blickte sie in lächelnde Gesichter, und sie begriff, dass ihr Herr sehr beliebt war und dass alle auf sein Lob gewartet hatten.
“Ich möchte Ihnen Miss Elizabeth Fitzgerald vorstellen”, sagte er, noch immer mit Ned auf dem Arm. “Miss Fitzgerald wird auf unbestimmte Zeit als Gast hier leben. Jedem ihrer Wünsche ist zu entsprechen.”
Verständnisvolles Gemurmel ertönte, und fünfzig Augenpaare wandten sich Lizzie zu.
Lizzie versuchte, dem Ausdruck “auf unbestimmte Zeit” nicht zu große Bedeutung beizumessen. Aber hatte er das, was er gerade gesagt hatte, wirklich so gemeint? Würde sie alles bekommen, wonach sie verlangte?
Georgie jedenfalls schien das zu denken, denn sie stieß Lizzie in die Seite und sah sie mit großen Augen an.
“Ihre Schwester Miss Georgina Fitzgerald weilt ebenfalls zu Besuch bei uns.” Tyrell lächelte dem Personal zu. “Und jetzt möchte ich meinen Sohn vorstellen. Edward Fitzgerald de Warenne.”
Lizzie stockte der Atem. Georgie packte ihren Arm, damit sie Haltung bewahrte. Kein Laut wurde hörbar, aber alle blickten Ned an. Überrascht stellte sie fest, dass Tyrell seinen Sohn endgültig und in aller Öffentlichkeit anerkannt hatte. Und sie hatte er soeben zur Mutter seines Kindes gemacht. Und damit hatte er weitaus mehr getan, als sie zu seiner Mätresse zu erklären. Er hatte ihr einen Rang zugestanden und sehr viele Rechte.
“Elizabeth?” Er wandte sich ihr zu und winkte, damit sie vortrat.
Wieder fühlte Lizzie, wie sämtliche Blicke auf sie gerichtet wurden. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was er als Nächstes tun oder sagen würde. Irgendwie gelang es ihr vorzutreten. Lächelnd reichte er ihr Ned. “Entscheide du, welche Räume für unseren Sohn am passendsten sind”, sagte er leise. “Aber was dich betrifft, so wäre es mir am liebsten, wenn du im Westflügel wohnst, wo die Herrenzimmer liegen.” Das war kein Befehl, und sie bemerkte, dass er sie fragend ansah.
Vor Glück stiegen ihr Tränen in die Augen, und sie konnte nicht aufhören, ihn anzusehen. Wie konnte sie das ablehnen, wenn sie ihn doch so sehr liebte? Hier hatte sie alles, was ihr Herz ersehnte – solange sie nicht darüber nachdachte, was die Zukunft wohl bringen würde.
“Ich habe nichts dagegen, Mylord”, flüsterte sie mit zitternder Stimme.
Er berührte ihre Wange und wischte eine Träne ab. “Ich möchte dich glücklich machen. Wenn ich dir Tränen bringe …”
Sie nahm seine Hand und presste sie an ihre Wange. “Du machst mich sehr glücklich”, brachte sie schließlich heraus.
Er lächelte. “Smythe, geleiten Sie bitte Miss Fitzgerald zum Westflügel. Ihre Schwester wird die Gemächer im Ostflügel beziehen. Bitte sorgen Sie dafür, dass es Miss Fitzgerald und ihrer Schwester an nichts mangelt.”
Der Butler verneigte sich. “Sehr wohl, Mylord.”
“Oh”, fiel Tyrell dann noch ein, “Sie sollten wissen, dass Miss Fitzgerald gern backt. Ihr soll jederzeit Zugang zu den Küchenräumen gewährt werden. Sorgen Sie dafür, dass sie alle Zutaten vorfindet, die sie braucht.”
Der Butler schien überrascht, fand jedoch schnell seine Haltung wieder. Er verneigte sich. “Selbstverständlich, Mylord.”
Jetzt war die Reihe an Lizzie, ihn überrascht anzusehen. Woher wusste Tyrell, dass sie gern backte?
Er lächelte ihr zu. “Ich warte noch immer darauf, dass du etwas für mich backst”, murmelte er. “Ich liebe Schokolade.”
“Sie hätten nur fragen müssen”, erwiderte sie. Ihr fielen ein Dutzend Rezepte mit Schokolade ein, und dazu Bilder, wie sie ihn damit fütterte, einen Bissen nach dem anderen, während sie in einer Vollmondnacht nackt im Bett lagen.
Er verbeugte sich. “Ich ziehe mich jetzt in die Bibliothek zurück, Elizabeth. Ich muss sehr viele Akten durchsehen, um nächste Woche in mein Amt zurückkehren zu
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