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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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bist?«
    Ich nickte lebhaft. Denn dies war der schönste Ort, den ich in meinem ganzen Leben gesehen hatte. Über uns war ein klarer blauer Himmel, und ich spürte die Sonne auf meiner Haut. Wohin man auch schaute, war das Wasser still, und das Land stieg ganz sanft auf, mit Stränden und breiten Streifen von Schilf, und Meeresvögel strichen über die Wellen. Ich dachte, ich sei im Paradies.
    Wir segelten ein paar Stunden lang, bis wir ein kleines Dorf auf der Inselseite des Sunds erreichten, mit einem Anlegesteg, an dem wir das Boot mit Waren beluden, die der Baas in der Stadt verkaufen wollte. Aber als wir schon fast fertig waren, näherte sich ein Mann und betrachtete uns. Es war ein englischer Kaufmann. Bald sah er den Baas nachdenklich an, und der Baas sah ihn an, und der Mann sagte: »Habe ich Ihnen nicht mal einen Silberdollar verkauft?«
    »Ich glaub schon«, sagte der Baas.
    Und danach begannen sie eine Unterhaltung, die eine halbe Stunde andauerte. Ich bekam nicht alles davon mit, aber ich stand gerade in der Nähe, als der Engländer sagte, er hätte ein paar Jahre zuvor geheiratet, und er wäre mächtig froh, dass er aus London zurückgekommen sei. Schließlich, als wir schon am Aufbrechen waren, hörte ich den Baas sagen, der Mann sollte sich in New York niederlassen, es könnte es dort zu was bringen; und der Engländer sagte, das würde er wahrscheinlich tun.
    Der Name des Mannes war Master. Und seinetwegen würde es noch ziemlichen Ärger mit der Herrin geben.
    *
    Ich bekam eine einmalige Gelegenheit, der Herrin eine große Freude zu bereiten.
    In den amerikanischen Kolonien wusste jeder, dass unser aller Leben von den Streitereien unserer Herren in Übersee abhing. Fünf Jahre nachdem der letzte Konflikt zwischen England und den Niederlanden geendet hatte, ging der Ärger wieder los. Nur war es diesmal eher so was wie eine Familienangelegenheit.
    König Karl II. von England stand seinem Cousin, dem französischen König Ludwig XIV, nah, und er hatte die Abreibung, die er von den Niederländern hatte einstecken müssen, nicht vergessen. Als also König Ludwig 1672 die Niederlande angriff, schloss der englische König sich ihm an. Kaum waren die Franzosen mit all ihren Truppen in die Niederlande einmarschiert, öffneten die Niederländer ihre Deiche und überfluteten das Land, sodass die Franzosen nicht passieren konnten. Im nächsten Sommer hörten wir, dass niederländische Schiffe die Küste heraufkamen und die englischen Tabakschiffe vor der Küste Virginias in Brand steckten und allerlei Unheil stifteten. Und Ende Juli sahen wir die niederländischen Kriegsschiffe vor Staaten Eylandt ankern.
    Nun gab es damals einen jungen Herrn in der Stadt mit Namen Jakob Leisler. Er stammte, so hörte ich, aus Deutschland, aus einem Dorf bei Frankfurt, und war 1660 nach Manhattan ausgewandert. Hier hatte er eine reiche Frau, die Witwe des niederländischen Kaufmanns van der Veen, geheiratet und war selbst ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Wohl auch deswegen schwärmte dieser Deutsche für alles Niederländische, und schon aus diesem Grund schloss die Herrin ihn ins Herz.
    Als der Baas einmal nicht zu Hause war, machte Jakob Leisler seine Aufwartung, und ich hörte, wie er der Herrin erzählte, viele Menschen würden sich fragen, ob sie nicht die Niederländer willkommen heißen und ihnen sagen sollten, dass sie, wenn ihnen der Sinn danach stünde, die Engländer gern wieder aus Manhattan hinauswerfen könnten.
    »Unter den Kaufleuten sind einige der Meinung, dass man eine Abordnung nach Staaten Eylandt schicken sollte«, sagte er. »Aber ich mache mir Sorgen wegen der Geschütze im Fort. Da sind sechsundvierzig Kanonen, die den niederländischen Schiffen schweren Schaden zufügen könnten.«
    Nachdem Leisler gegangen war, machte die Herrin einen nachdenklichen Eindruck. Als der Baas zurückkam, erzählte sie ihm, was Leisler gesagt hatte. Der Baas wusste schon von den Gerüchten, und er sagte, alle sollten im Haus bleiben. Dann ging er selbst wieder aus, um mehr zu erfahren.
    Er war noch nicht lange fort, als die Herrin rief: »Hast du einen Hammer, Quash?« Nun, einen Hammer hatte ich, hinten in der Werkstatt. Also schaute sie sich dort um und sah einige große Metallheringe, die der Baas mal benutzt hatte, um ein Zelt aufzubauen. »Nimm auch die«, sagte sie. »Du kommst mit.«
    Der Baas hatte uns eingeschärft hierzubleiben, aber ich wagte es andererseits nicht, ihr zu widersprechen. Also gingen

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