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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bankl
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Auer und erklärt, dass »die Bachmann des Öfteren Gast ihrer Klinik in der Schweiz zu Entziehungs- und Aufbaukuren gewesen ist«. Auch er sagt nichts über ein weiteres Medikament. Am späten Abend trifft ein Alarmruf von der Insel Malta ein. Ein Freund teilt den Namen des Mittels mit: Seresta. Frau Auer hat ihn soeben angerufen und zu Schweigen verpflichten wollen über ihr letztes Zusammentreffen mit Ingeborg Bachmann, bei dem sie ihr große Mengen Seresta übergeben hat. Seresta ist ein Tranquilizer, ähnlich
dem Valium und Librium; der chronische Missbrauch führt zur Einschränkung der Tast- und Schmerzempfindung, ein plötzlicher Entzug hat Krampfanfälle zur Folge. Wie sich später herausstellt, hatte die Tablettensucht der Ingeborg Bachmann erschreckende Ausmaße angenommen. Sie schluckte täglich ungeheure Mengen davon.
    Die Information über alle Medikamente war damit da, aber zu spät. Am 17. Oktober 1973 um 6 Uhr früh starb Ingeborg Bachmann an einem Entzugsdelir.

Ein schweres Amt für einen schwer kranken Mann
    Am 26. August 1978 wählten die Kardinäle schon am ersten Abstimmungstag den 66-jährigen Albino Luciani zum Papst. Es war eines der kürzesten Konklave der Geschichte. Niemand ahnte, dass es nun auch zu einem der kürzesten Pontifikate der katholischen Kirche kommen würde. Johannes Paul I. sollte nur 33 Tage amtieren, in der Nacht vom 28. auf den 29. September starb er völlig unerwartet und plötzlich.
    Was war geschehen?
    Jeder würde annehmen, dass ein Papst medizinisch optimal versorgt wird. Bei Johannes Paul I. war dies nicht der Fall. Albino Luciani war, als er Papst wurde, bereits ernsthaft krank. Niemand hatte beachtet, dass er eigentlich ständiger medizinischer Betreuung bedurfte. Während er als Erzbischof von Venedig von seinem dortigen Arzt, Dr. Da Ros, regelmäßig untersucht worden war, gab es in Rom noch keinen Leibarzt, der mit seinen Krankheiten vertraut gewesen wäre. Stattdessen musste Dr. Da Ros zu jeder Visite eigens aus Venedig anreisen. Der frisch gewählte Papst hatte Krampfadern in den Beinen, es kam zu so starken Schwellungen, dass er seine Schuhe nicht mehr tragen konnte. Die plötzliche psychische und körperliche Belastung in
seinem hohen Amt traf ihn schwer. Er war nicht robust genug, um sofort die Rolle des geistigen Führers der katholischen Kirche und des Leiters der gesamten Administration übernehmen zu können. Sowohl körperlich wie auch seelisch war er für diesen »unmöglichen Job« denkbar ungeeignet. Und vor allem half ihm niemand, kein Arzt wagte einzugreifen, weil dann sofort offenkundig geworden wäre, dass die Kardinäle einen schwer kranken Mann zum Papst gewählt hatten - also den Falschen. Der frühe Tod des 33-Tage-Papstes hatte aber nicht zur Folge, dass die Kardinäle vor dem nächsten Konklave medizinisch auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Man verlässt sich weiter auf den Heiligen Geist.

Der Tod eines Ausländers
    Am Weihnachtstag, dem 25. Dezember 1890, bricht auf der Piazza della Santa Caritá in Neapel ein Mann zusammen. Er ist zwar noch bei Bewusstsein, doch unfähig zu sprechen. Man bringt ihn ins Spital, dort aber wird die Aufnahme verweigert, da keine Ausweispapiere zu finden sind und auch kein Geld. Es werden überdies nur schwer Kranke übernommen. Dieser schlicht gekleidete, einfache Mensch kann aber anscheinend bloß nicht reden, also transportiert man den Unbekannten auf die nächste Polizeistation. Dort wird in seinem Mantel die Karte eines neapolitanischen Arztes gefunden. Dr. Cozzolini kommt sofort und, entsetzt über das, was vorgefallen ist, ruft er eilig nach einem Pferdefuhrwerk. Als man skeptisch fragt, wer das bezahlen soll, zieht der Arzt einen Beutel mit Goldstücken unter dem Hemd des Patienten hervor und erklärt, dies sei der berühmte Dr. Heinrich Schliemann, einer der bekanntesten Persönlichkeiten der Welt, der Entdecker von Troja und der Königsgräber in Mykene.
    Schliemann wurde in sein Hotel zurückgebracht. Er konnte
nur noch etwas Fleischbrühe und Kaffee zu sich zu nehmen und seine Wünsche nur durch Zeichen ausdrücken. Die rechte Körperseite wies zunehmend Lähmungen auf.
    Ein Chirurg eröffnete das linke Mittelohr, reinigte es, stellte aber fest, dass bereits eine Hirnhautentzündung und ein Hirnabszess vorlagen. Schliemann hatte das Bewusstsein verloren.
    Am nächsten Morgen war der Zustand des Patienten lebensbedrohlich, durch eine akute Bronchitis noch erschwert. Acht Ärzte kamen zu

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