Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
unterscheiden. In beiden Fällen tritt der Tod im Wasser und durch das Wasser ein, nur kriminalistische
Erhebungen und Klärung der persönlichen Situation vom Opfer und vermutlichen Täter können weiterhelfen. Manchmal nützt auch das nichts.
Eine weibliche Leiche wird am Ufer eines Sees geborgen. Die Obduktion ergibt einen eindeutigen Ertrinkungstod. Auffällig sind aber massive Halsmuskelblutungen. Auch Bindehautblutungen sind vorhanden. Ein Würgevorgang wird als sicher angesehen. Das Mädchen ist am Vorabend mit ihrem Liebhaber Boot gefahren. Der Mann hatte ausgesagt, dass sie alkoholisiert während der Fahrt ins Wasser gestürzt sei (Alkohol wird in erheblichem Maße tatsächlich nachgewiesen). Eine Auseinandersetzung wird zugegeben, aber nicht zum Zeitpunkt des Wassersturzes. Der Gerichtsmediziner hält den Würgevorgang wegen der Massivität der Blutungen für erwiesen, kann aber nicht ausschließen, dass zwischen Würgen und Wassersturz Minuten bis eine halbe Stunde vergangen sind. Es erfolgt eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung: Alkohol wird, bei mangelnder Sorgfaltspflicht des Bootsführers, als Ursache des Sturzes angenommen.
Im Gesamten gesehen ein unbefriedigendes Ende dieses Falles.
Erschießen: Jede Schussverletzung mit tödlichem Ausgang wird exakt bezüglich aller Umstände rekonstruiert. Ein vorgetäuschter Selbstmord müsste daher in vielen Einzelheiten geplant und ausgeführt werden. Selbstmord mit der Waffe ist bei Männern häufiger als bei Frauen. Im bäuerlichen Milieu und bei bestimmten Berufsgruppen werden Schlachtschussapparate bevorzugt. Beim Kopfschuss durch einen Rechtshänder steigt der Schusskanal von rechts vorne nach links hinten an, die Waffe war meist aufgesetzt. Hinterkopf- und Genickschüsse (RAF-Häftlinge in Stammheim) schließen einen Selbstmord ebenso wenig aus wie Bauchschüsse (Vincent van Gogh). Probeschüsse kommen vor, Nahschusszeichen müssen vorhanden sein, sofern sie
nicht abgefiltert wurden, wie z. B. bei einem Schuss durch einen Brotlaib. Schmauchspuren an der Schusshand sollten nicht fehlen.
Resümee für einen Mörder, der perfekt sein will:
Ist auch die geplante Tat nach bestem Wissensstand ausgeklügelt, so ist dies noch lange keine Garantie für den Erfolg. Das Wissen ist zwar wichtig, aber das Können ist noch viel wichtiger. Nach einem Trockenschwimmkurs ist man bekanntlich noch keineswegs reif für die Rettungsschwimmer von Malibu. Nirgends klafft Theorie und Praxis so weit auseinander wie beim Mord. Alle in diesem Kapitel angedeuteten Umstände und noch viele nicht erwähnte Details sind den Gerichtsmedizinern bestens bekannt. Wir achten also darauf, wenn wir gerufen werden. Wenn nicht, dann war keineswegs der Mörder perfekt, sondern unser Aufklärungssystem hat versagt.
Ob es einen perfekten Mord gibt, ist fraglich, dass es häufig eine defekte Totenbeschau gibt, ist sicher.
Sich als Mörder auf eine miese Totenbeschau zu verlassen ist riskant, manchmal aber durchaus erfolgreich. Es ist völlig unbestritten, dass immer wieder Fälle durchrutschen. Wird die Gerichtsmedizin eingeschaltet, dann sind Spezialisten von hohem Grade am Werk und sie sind mit allen Tricks vertraut.
Selbstmörder
Den Selbstmord hat es überall und zu jeder Zeit gegeben. Er durchzog alle Epochen der Geschichte und kam sowohl in primitiven wie auch hochzivilisierten Gesellschaften vor. Wahrscheinlich gibt es auch kaum Menschen, denen noch nie in irgendeiner Form der Gedanke an Selbstmord gekommen ist.
Psychiater und Psychologen diskutieren noch immer die Frage, wie weit eine psychische Störung oder Krankheit beim Selbstmord eine Rolle spielt. Die Selbstmordhandlung als freie Willensentscheidung bei völliger geistiger Gesundheit scheint den Seelenärzten nur schwer vorstellbar. Das Argument lautet, dass die recht breite Toleranzfähigkeit des Menschen durch psychische Veränderungen eingeschränkt sein muss und es darüber hinaus ungeheurer pathologischer Kräfte bedarf, um den stärksten menschlichen Trieb, den Selbsterhaltungstrieb, zu überwinden.
Für den Gerichtsmediziner ergeben sich ganz andere Fragen:
Handelt es sich wirklich um Selbstmord oder war es ein Unglücksfall?
War es Mord, und der Täter hat zwecks Vertuschung eine Selbstmordsituation arrangiert?
War es Selbstmord, der verschleiert werden sollte, um den Anschein einer Tötung durch fremde Hand zu erwecken?
Eine 36-jährige Filmschauspielerin wurde an einem Sonntag kurz
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