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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bankl
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Egon Friedell
    Eigentlich hieß er Egon Friedmann (1878-1938), war der Sohn eines wohlhabenden Industriellen und Dr. phil. Er wurde Schauspieler und Kabarettist, schrieb Dramen und Essays, Aphorismen und Theaterkritiken. Aufsehen erregte seine »Kulturgeschichte der Neuzeit«, ein Universalwerk von zeitloser Aktualität. Max Reinhardt nannte ihn »ein dilettantisches Genie«, seine Freunde erlebten ihn als geistreichen, eleganten Salonlöwen. Er führte zwar ein öffentliches Leben, emotionalen Halt fand er aber nur bei seinem Dienstmädchen Hermine, deren Tochter offiziell vaterlos blieb. Die drohende Gefahr des Nationalsozialismus ignorierte er lange Zeit, eine Emigration kam für den klassischen und leidenschaftlichen Mitteleuropäer nicht in Frage. Kurz nach dem deutschen Einmarsch in Wien erschien ein Nazi-Trupp, um ihn abzuholen. Von seinem Schlafzimmerfenster rief er den Passanten zu, beiseite zu treten - dann sprang er.

Vincent van Gogh
    Unter den großen Malern des 19. Jahrhunderts war van Gogh (1853-1890) wohl der zu seiner Zeit am meisten verkannte, später sollte er der berühmteste werden, heute ist er der teuerste. Sein Leben bewegte sich zwischen dem Feuer der Leidenschaft für seine Kunst und dem Kampf gegen Armut, Hunger, Alkohol und die heraufdämmernde Geisteskrankheit. Die Ärzte sind sich bis heute nicht einig, woran van Gogh wirklich gelitten hat: manisch-depressive Anfälle, Schizophrenie, Epilepsie oder gar eine Vergiftung. Zwei Jahre vor seinem Tod schnitt er sich einen Teil der linken Ohrmuschel ab, einige Monate später folgte der erste Selbstmordversuch mittels Terpentinöl und der zweite durch Verschlucken seiner giftigen Malfarben. Am 27. Juli 1890 betrat er einen Bauernhof nordwestlich von Paris, ging hinter einen Düngerhaufen und schoss sich mit einem Revolver in den Bauch. Die Waffe hatte er einem Gastwirt entwendet. Zwei Tage später starb er an inneren Blutungen.
Ernest Hemingway
    1954 erhielt er den Literaturnobelpreis, konnte aber nicht nach Stockholm reisen, da er schon sehr krank war: Bluthochdruck, Arteriosklerose, Alkoholismus, Depressionen. Im Jahr 1960 war seine schriftstellerische Arbeitsfähigkeit bereits endgültig erlahmt, er saß stundenlang vor Manuskripten, ohne etwas zustande zu bringen. Zunehmend litt er unter Wahnvorstellungen. Hemingway (1899-1961) war nie der starke Mann in allen Lebenslagen, zu dem er sich selbst stilisiert hatte. Vielmehr war er ein begnadeter Lügner, ein Schwadroneur an der Schreibmaschine, dem man alle seine Erlebnisse glaubte und zutraute, und der es auch verstand, sein Leben schriftstellerisch zu verwerten. Und er war ein gewaltiger Trinker. So trank er am Morgen als Allererstes drei Flaschen Valpolicella, es folgten die Daiquiri-Cocktails, Scotch, Tequila, Bourbon, Martinis und so ging es
fort. Als die körperlichen Leiden begannen, wurden auch die Depressionen ärger. Am 2. Juli 1961, gegen sieben Uhr früh fand ihn seine Frau im Hausflur liegend auf. Ein doppelläufiges Gewehr befand sich zwischen seinen Beinen, zwei Patronen waren gleichzeitig abgefeuert worden. Der Schuss hatte ihm Gesicht und Schädeldach weggesprengt, die Zimmerdecke war mit Blutund Gehirnspritzern übersät. Es war unmöglich festzustellen, ob er sich die Gewehrläufe in den Mund gesteckt oder an die Stirn gedrückt hatte.
    Ernest Hemingway wurde 62 Jahre alt. Sein Vater erschoss sich mit 57, sein Bruder mit 67 Jahren. Die Enkelin Margaux verübte im Alter von 41 Jahren Selbstmord.
Clara Haber-Immerwahr
    Sie war die Frau des deutschen Chemikers und späteren Nobelpreisträgers Fritz Haber. Clara Immerwahrs Leben (1870-1915) bestand aus einer ständigen Suche nach Bestätigung ihres eigenen Seins und ihres Strebens nach »Selbstverwirklichung«. Sie hatte Chemie studiert, aber ihr Mann war besser und auch skrupelloser. Sie wollte eine perfekte Hausfrau sein, aber ihren Mann interessierte das nicht so sehr, sie war eine überaus besorgte Gattin und Mutter, aber ihrem Mann fiel sie damit nur auf die Nerven. Die Zermürbungen und Schwierigkeiten zwischen den Eheleuten waren schon weit fortgeschritten, als es zu jener unseligen Affäre mit dem Giftgas kam.
    Fritz Haber hatte maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung von Chlorgasangriffen während des Ersten Weltkrieges mitgewirkt. Clara war entsetzt über diese Art der Kriegführung. Am 2. Mai 1915 gab sie erst einen Probeschuss mit dem Armeerevolver ihres Mannes ab, dann schoss sie sich ins Herz.

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