Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Auch ihre Schwester Lotte sollte später Selbstmord begehen, ebenso ihr Sohn.
Paul Kammerer
Großes Aufsehen erregte in Wien der Tod des Wissenschaftlers Paul Kammerer (1880-1926). Kammerer war ein ausgezeichneter Biologe und exzentrischer Liebling der Gesellschaft. Seine Experimente mit Feuersalamandern und Geburtshelferkröten schienen eine Vererbung erworbener Eigenschaften zu beweisen. Das war eine Sensation. Wie sahen diese Experimente aus? Feuersalamander, die in heller bzw. dunkler Umgebung gehalten wurden, zeigten Farbänderungen, und diese sollen auch auf die Nachkommen vererbt worden sein. Oder: Zwingt man Kröten im Wasser zu kopulieren, so bilden sich raue, dunkle Stellen an ihren Vorderbeinen, womit sie besser Halt fassen können, und auch dies wird weiter vererbt. Der Skandal platzte, als man entdeckte, die rauen Stellen, die so genannten »Brunftschwielen«, waren durch Tusche künstlich erzeugt worden, und die von Kammerer angegebene Zahl von Krötengenerationen, die er angeblich untersucht hatte, war so groß, dass er bereits als Schuljunge damit begonnen haben müsste. Es ist bis heute nicht geklärt, ob Kammerer als fanatischer Schwindler handelte, ein wohlmeinender Helfer die Präparate »korrigierte« oder sogar ein missgünstiger Konkurrent am Werk war, um ihn zu diskreditieren. Sechs Wochen nach Aufdeckung des Schwindels hat sich Kammerer am 23.9.1926 in Puchberg am Schneeberg erschossen.
Sandor Kocsis
Die Stürmerreihe der ungarischen Fußballnationalmannschaft war in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts legendär: Puskas, Hidekuti, Kocsis. So wurden sie 1952 Olympiasieger und so verloren sie völlig überraschend 1954 in Bern das WM-Finale gegen Deutschland. Sandor Kocsis (1929-1979) verließ während des Aufstandes 1956 Ungarn und spielte danach beim FC Barcelona. Anschließend wurde er Trainer, erkrankte jedoch an einer
Arterienverengung an den Beinen, sodass ihm der linke Fuß amputiert werden musste. Später diagnostizierten die Ärzte auch noch Magenkrebs. Im Juli 1979 stürzte er sich aus dem vierten Stock eines Krankenhauses in Barcelona.
Conrad Schumann
Kaum jemand kennt den Namen jenes Unteroffiziers der Nationalen Volksarmee der DDR, Conrad Schumann (1942-1998), aber ein jeder kennt sein Bild: Er wurde weltberühmt, als er 1961 während des Mauerbaus in Berlin plötzlich über den Stacheldrahtverhau sprang und dabei fotografiert wurde, mit voller Montur und dem Stahlhelm auf dem Kopf. Das Bild ging als Symbol gegen die Teilung und für den Freiheitswillen der Ostdeutschen um die Welt. Es wurde das meistverkaufte Motiv des Museums am ehemaligen Checkpoint Charlie. Siebenunddreißig Jahre nach diesem Ereignis erhängte Conrad Schumann sich im Garten seines Hauses.
Jean Seberg
Im Alter von 17 Jahren spielte sie in einem Film von Otto Preminger die heilige Johanna von Orléans. Gemeinsam mit Jean-Paul Belmondo wurde Jean Seberg (1938-1979) mit »Außer Atem« ein Kino-Star. Ab 1968 war sie eine aktive Symphatisantin der Black-Panther-Bewegung in Amerika und kam dadurch mit dem FBI in Konflikt. Als sie ein Kind erwartete, setzte das FBI über eine Hollywood-Klatschkolumnistin das Gerücht in die Welt, einer der schwarzen Black-Panther-Führer sei der Vater. Seberg erlitt einen Nervenzusammenbruch und eine Fehlgeburt. Sie ließ das Kind in einem Glassarg aufbahren, damit jedermann die weiße Hautfarbe sehen konnte. Danach versuchte sie jedes Jahr, sich am Tag der Fehlgeburt umzubringen. Am 8. September 1979 fand man sie auf dem Rücksitz eines geparkten Autos - sie war bereits mindestens eine Woche tot.
Karl Lütgendorf
Der Berufsoffizier war von 1971 bis 1977 Verteidigungsminister in der österreichischen Bundesregierung. Wegen Beteiligung an Waffenexporten in das syrische Kriegsgebiet musste er zurücktreten und lebte danach als Privatier.
Am 9. Oktober 1981 fand man Karl Lütgendorf (geb. 1914) auf seinem Landgut zwischen Rax und Schneeberg tot auf. Sofort wurden wilde Gerüchte und Spekulationen laut, es handle sich um Mord. Tatsache ist, dass der Mann in seinem Geländewagen Lada Taiga um 13 Uhr vom Wohnhaus wegfuhr und bereits kurze Zeit später von seiner Gattin gesucht wurde. Diese entdeckte auch bald den Leichnam und alarmierte den Gemeindearzt, der zu Protokoll gab:
»…Karl Lütgendorf saß aufrecht auf dem Lenkersitz, der Kopf war vornüber geneigt und aus dem Mund und aus dem linken Ohr floss dunkles Blut. Die Hände lagen auf seinen Oberschenkeln und hielten einen
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