Im Saal der Toten
bestätigten den Männern, die Maswana niedergerungen hatten, dass er der Verdächtige war, hinter dem wir her waren.
»Steht er unter Gewahrsam, Detective?«, fragte einer von ihnen Mercer.
»Nicht direkt.« Mercer winkte den Beamten zur Seite, um ihm zu erklären, dass wir ihn zuerst irgendwo vernehmen müssten, bevor wir einen Haftbefehl ausstellen konnten.
Der Beamte machte einen ratlosen Eindruck. »Wir können ihn vielleicht wegen eines Sicherheitsverstoßes am Flughafen festhalten. Das geht aber nur für ein oder zwei Tage.«
»Mehr brauchen wir nicht«, sagte ich zu Mercer. »Das Blut an meinem Ärmel und die Hautzellen unter meinen Nägeln werden uns bis morgen verraten, ob er der Richtige ist.«
40
»Sie sind spät dran«, sagte Laura und folgte mir in mein Büro. Die Wanduhr zeigte fünf nach halb elf.
»Ich bin letzte Nacht erst kurz vor zwei Uhr zu Hause gewesen.« Ich nahm ihr den Zettel aus der Hand, auf dem sie einen Anruf notiert hatte.
»Wenn Sie mich fragen, will Ihr Körper Ihrem Gehirn signalisieren –«
»Sehen Sie die Kontaktanzeigen durch, Laura. Mein Gehirn braucht ein neues Zuhause. Einen Körper mit einem niedrigeren Stoffwechsel und null Stress. Vielleicht will jemand von der Berufungsabteilung eine Weile mit mir tauschen.« Ich starrte auf den pinkfarbenen Zettel. »Richter Tarnower? Hat er gesagt, worum es geht?«
Der oberste Verwaltungsrichter kommunizierte in der Regel nur mit Battaglia höchstpersönlich. Wahrscheinlich war ich durch die Verhaftung des MTA vom Midtown Community Court vor einer Woche in sein Visier geraten, aber Paul Battaglia hatte mich nicht vorgewarnt.
»Nur, dass es dringend sei. Ich habe ihm gesagt, Sie seien auf dem Weg hierher.«
Ich wählte die Nummer und ließ mich von seiner Sekretärin zu ihm durchstellen. Ellen Gunsher kam in mein Büro, und ich signalisierte ihr mit erhobenem Finger, mich zuerst das Telefonat zu Ende führen zu lassen.
»Euer Ehren? Hier ist Alex Cooper. Sie wollten mich sprechen?« Mit der rechten Hand suchte ich in den Strafanzeigen nach der Akte über den Fall.
»Wie geht es Ihnen, Alex?«
»Danke, gut.«
»Ich rufe an, um Ihnen eine peinliche Situation zu ersparen. Ihnen und Battaglia.«
Das war ungefähr so wahrscheinlich, als würde ich mir einen Frauenarzttermin bei Pierre Foster, dem Angeklagten, geben lassen. »Schön, wenn jemand auf mich aufpasst, Richter. Wem bin ich auf die Zehen getreten?«
Er lachte, und wir schienen zu wetteifern, wessen Stimme weniger aufrichtig klang. »Bis jetzt ist noch nichts passiert. Haben Sie schon eine Pressemeldung aufgesetzt?«
»Die Anklageerhebung gegen Pierre Foster findet erst nächste Woche statt. Der Bezirksstaatsanwalt wird sicherlich eine Pressemeldung vorbereiten. Wahrscheinlich –«
»Wer ist Foster? Davon rede ich nicht. Es geht um den Kerl, der draußen am Flughafen festgehalten wird. Er ist schon mit halbem Fuß zu Hause, Alex. Warum lassen Sie ihn nicht einfach gehen?«
Ich wandte Ellen Gunsher den Rücken zu. »Darf ich fragen, Euer Ehren, wer Ihnen das gesteckt hat?«
»Was wollen Sie damit sagen? Niemand hat mir etwas gesteckt. Wir reden hier über diplomatische Immunität, die Wiener Konvention. Der Botschafter und seine Familie sind vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt.«
»Nicht wenn das Außenministerium die dahlakische Regierung bittet, die Immunität aufzuheben. Sie wollen wissen, welche Presse das nach sich zieht? Wenn die DANN mit unserem Beweismaterial übereinstimmt, wovon ich ausgehe, dann haben wir es hier mit einem der größten Serienverbrecher seit Jahren zu tun.«
»Alex, ich habe die Zusicherung des Premierministers, dass sich die einheimischen Behörden um Maswana kümmern werden, falls er schuldig ist. Unter Umständen droht ihm dort sogar eine angemessenere Strafe, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich bin noch nie in Dahlakien gewesen, aber vielleicht wird man dort noch öffentlich auf dem Stadtplatz kastriert.«
Was dachte sich dieser Mann bloß? »Mir wäre lebenslänglich ohne Aussicht auf Bewährung lieber, Euer Ehren. Meinen Zeuginnen ebenso. Ein langes, elendes Leben in Upstate New York.«
»Wissen Sie, wie teuer der Prozess und eine sechzigjährige Gefängnisstrafe den Staat kommen werden?«
»Der Bürgermeister hat doch letztes Jahr die Strafzettelbefreiung für Diplomaten abgeschafft. Wenn es nach mir geht, Euer Ehren, können die Tausende Dollar, die die Stadt an Strafgeldern von der UNO und den Konsulaten
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