Im Saal der Toten
Erlaubnis zu bitten, einen DANN-Abstrich von David vorzunehmen, damit wir ihn als Verdächtigen ausschließen konnten. »Lassen Sie ihn nicht aus den Augen! Wahrscheinlich steht er übers Handy mit seinem Sohn Hugo in Kontakt. Er soll denken, dass wir zu einem neuen Tatort gerufen wurden. Behalten Sie die beiden so lange wie möglich hier.«
Ich öffnete die Tür und bat Mercer zu mir nach draußen. »Wir zwei fahren wieder mal zum Flughafen. Erzähl dem Botschafter, was du willst – nur das nicht. Sag ihm, dass wir zu einem anderen Fall gerufen wurden. Wir müssen einen Flug erwischen.«
39
Es war kurz vor neun Uhr, und wir standen an der Ecke 67. Straße und Park Avenue.
»Wohin, Alex? JFK oder Newark?«, fragte er.
Ich hatte mein Reisebüro angerufen, dort aber niemanden mehr erreichen können. »Fahr erst mal Richtung Süden. Wenn es nach Kennedy aussieht, dann können wir durch den Tunnel an der 34. Straße fahren, und im Falle von Newark nehmen wir den Lincoln-Tunnel in der 39. Straße.«
Ich wählte die Nummer von American Airlines. Wir waren schon unterhalb der 57. Straße, bis ich die automatische Menüansage hinter mich gebracht hatte und darauf wartete, mit einem leibhaftigen Menschen verbunden zu werden. »Weißt du noch, wie der Typ hieß, der uns am Kennedy-Flughafen geholfen hat, als wir Annika Jelts Eltern abgeholt haben?«
Mercer zog ein Lederetui aus seiner Jackentasche. »Die neueren Visitenkarten sind hinter meiner Dienstmarke.«
Ich fand die Karte des Port-Authority-Beamten und versuchte es auf seinem Handy. Er hob nach dem zweiten Klingeln ab, und ich reckte den Daumen hoch.
Nachdem ich ihm unser Anliegen geschildert hatte, bat ich ihn herauszufinden, welche Flüge heute noch nach Europa gingen, mit Anschlussflügen nach Dahlakien oder Addis Abeba, der Hauptstadt des benachbarten Äthiopien.
Mercer hielt auf der Rampe am Grand-Central-Bahnhof, während wir auf die Rückmeldung warteten.
»Die meisten Flüge nach Europa sind zwischen sechs und acht Uhr gestartet. Bis Mitternacht gibt es nur noch wenige Abflüge.«
»Wohin?«
»London, Paris und Rom mit American. Stockholm mit SAS. Moskau mit Aeroflot. Der Flug nach Rom ist scheinbar wegen technischer Probleme gestrichen worden.«
»Wie sieht’s in Newark aus?«
»London und Paris. Beide mit Continental. Abflugzeit gegen elf Uhr.«
»Das ist ein Polizeinotfall. Wir müssen einen Schwerverbrecher – möglicherweise einen Mörder – daran hindern, das Land zu verlassen. Können Sie die Passagierlisten überprüfen, wenn ich Ihnen seinen Namen gebe?«
Der Beamte schwieg. »Werden Sie schriftlich für mich bürgen? Wie Sie wissen, ist es verboten, Passagierinformationen herauszugeben.«
»Sie haben mein Wort. Sie bekommen alles, was Sie brauchen.«
»Nur die Flüge, die noch nicht weg sind?«
»Fangen Sie damit an«, sagte ich. »Dann können Sie sich nach hinten durcharbeiten.«
Falls Maswana seinen ältesten Sohn bereits am Nachmittag gewarnt hatte, bestand immer noch die Möglichkeit, dass dieser in eine andere Stadt gefahren oder geflogen war, aus der auch Flüge nach Europa abgingen. Ich drückte die Daumen, dass er angesichts des breiten Flugangebotes in New York geblieben war.
»Wonach soll ich suchen?«
»Der Nachname ist Maswana. Hugo Maswana.«
Mercer korrigierte mich. »Was, falls er die Pässe seiner jüngeren Brüder verwendet? Vielleicht gibt er sich immer als einer von ihnen aus, um den Computer auszutricksen. Sag ihm, er soll alle drei Namen überprüfen – Hugo, David und Sofi.«
Fünf Minuten später war unser Kontaktmann wieder in der Leitung. »Vergessen Sie Newark. Wie schnell können Sie hier sein?«
»In einer halben Stunde.« Ich drehte mich zu Mercer. »JFK. Hast du dein Warnlicht dabei?«
Er holte eine rote Plastikleuchte unter dem Vordersitz hervor und stellte sie aufs Autodach, während er beschleunigte und die Sirene einschaltete.
»Miss Cooper? Geben Sie mir Ihre Handynummer. Ihr Mann treibt ein seltsames Spiel. Zuerst war er auf den Zehn-Uhr-Flug nach Paris gebucht, dann hat er nach Rom umgebucht, und als der Flug gestrichen wurde, erkundigte er sich nach der Mitternachtsmaschine nach Paris. Er hat noch kein Ticket. Um elf geht eine Maschine nach London, auf der auch noch genügend Plätze frei sind. Momentan hat er noch nirgends eingecheckt. Ich kontaktiere die Flughafenpolizei an den Flugsteigen und Kontrollpunkten. Vielleicht will er in letzter Sekunde zu seinem Flug
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