Im Saal der Toten
rennen.«
Der Tunnel war praktisch leer und Mercer kam auf dem Belt Parkway so schnell voran, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.
»Kein Wunder, dass der Botschafter brav wie ein Lamm aufs Revier kam«, sagte ich. »Wahrscheinlich hatte er Hugo für ein paar Jahre außer Landes geschickt, in dem Glauben, er würde aus seiner schlechten Angewohnheit, Frauen zu vergewaltigen, herauswachsen. Dass ihn seine Frau und die Kinder daheim in Dahlakien sesshaft machen würden.«
»Wahrscheinlich. Deshalb ist vier Jahre lang nichts mehr passiert. Dann hat Maswana Hugo heute in seinem Büro angerufen und ihm befohlen, auf schnellstem Weg zum Flughafen zu fahren und nach Hause zu fliegen.«
»Der Vater war schlau genug, uns einen Lockvogel zu bringen – seinen Zweitältesten Sohn David, der Hugo und dem Phantombild so ähnlich sieht, dass uns schon das Wasser im Mund zusammenlief. Wir waren eine Zeit lang abgelenkt, und Maswana wusste, dass er kein Risiko einging, denn selbst wenn wir David über Nacht einbehielten, würden ihn die DANN-Resultate spätestens am nächsten Tag als Tatverdächtigen ausschließen.«
Um zwanzig vor zehn hielt Mercer im Parkverbot vor dem weitläufigen Komplex von American Airlines. Unser Kontaktmann von der Port Authority teilte mir übers Handy mit, dass er in Terminal A sei. Die Flüge nach London und Paris flogen beide vom Concourse C ab, ihre Flugsteige waren nur fünfzig Meter voneinander entfernt.
Wir gingen getrennt und unauffällig nach drinnen, für den Fall, dass Hugo Maswana nach einem Ermittlerpärchen Ausschau hielt, das ihm sein Vater beschrieben hatte.
Ich flüsterte Mercer im Vorbeigehen zu: »Ich schau im Admiral’s Club nach.«
Während Mercer zu den Sicherheitsschranken ging, nahm ich die Treppe zum Club und lächelte die Hostess an, die mich um meinen Ausweis bat. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, sah aber nur ein paar müde wirkende Geschäftsreisende.
Mein Handy klingelte zeitgleich mit der Lautsprecherdurchsage: »Letzter Aufruf für American Airlines Flug 605 nach Paris Charles de Gaulle. Alle Passagiere bitte zum Flugsteig kommen. Letzter Aufruf –«
Ich klappte das Handy auf. Maswana, so unser Port-Authority-Kontakt, hatte sich gerade ein E-Ticket für den American-Airlines-Flug 605 herausgelassen.
Ich rannte die Treppe hinunter und über die Rampe hinauf zur Sicherheitsschranke.
Hugo Maswana saß in einem Plastikstuhl auf der anderen Seite des Röntgengeräts und nahm gerade einen seiner Schuhe, die er hatte ausziehen müssen, aus dem Korb.
In dem Moment zog Mercer die Aufmerksamkeit eines Sicherheitsbeamten auf sich. Er musste erklärt haben, dass er ein Cop war und dass seine Waffe den Alarm des Metalldetektors auslösen würde, aber ich sah, wie der Mann Mercer die Hand auf die Brust legte, um ihn am Durchgehen zu hindern.
Hugo blickte auf und schien zu begreifen, dass Mercer hinter ihm her war. Er ließ die Schuhe fallen und rannte in Richtung Gate.
Wo zum Teufel blieb die Flughafenpolizei? Es waren weit und breit keine Cops zu sehen, ich konnte nur hoffen, dass sie am Gate auf uns warteten.
Ich lief zu Mercer, der seine Dienstmarke gezückt hatte. »Es ist die verdammte Waffe, Alex. Er will mich damit nicht durchlassen.«
Ich sah den Sicherheitsbeamten an, dem durch die Vorschriften die Hände gebunden waren, und überlegte, wen ich um Hilfe bitten könnte. Ich drehte mich um und spurtete durch den Metalldetektor. Irgendetwas – vielleicht meine Golduhr, meine Gürtelschnalle oder mein Bügel-BH – löste den Alarm aus, während ich, vorbei am Zeitungsstand und den Essensständen, Maswana hinterherlief. Ich hoffte, dass die Cops auf Grund des Alarms unsere Verfolgung aufnehmen würden.
Maswana war schneller als ich, aber ich hatte den Vorteil, dass er in seinen Socken immer wieder ausrutschte, sodass ich ihm näher auf die Fersen rückte.
Jetzt kreischten die Leute, und von allen Seiten kamen Sicherheitsbeamte auf uns zugerannt.
Zwei von ihnen warfen sich auf Maswana und rangen ihn zu Boden. Ein dritter versuchte mich an der Schulter zu packen. Ich schüttelte ihn ab und stürzte auf den Verdächtigen, der bäuchlings auf dem Boden lag.
Maswana wand sich und schlug wie wild um sich. Ich versuchte, seine Hand zu packen, damit er mich nicht verletzen konnte, und kratzte ihn dabei mit meinen Nägeln. Ich wischte das Blut mit meinem Jackenärmel ab.
Mercer Wallace und der Aufseher der Flughafenpolizei kamen angelaufen und
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