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Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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bot ihr seinen Arm.
     
     
    Man empfing sie mit Applaus. Rondrick fand das widerlich. Er wusste, dass sie ihm den Hintern ausleckten und in Wirklichkeit ganz anders dachten.
    Bevor der Wein geflossen war, blickten sie zu ihm auf, als sei er ein Gott. Minister, Sklaven aller Rassen, Besucher von den Inseln, darunter drei Elfen, Hofschranzen und Musiker.
    Danach sah es anders aus. Dann rülpsten, furzten und zeterten sie.
    Rondrick und Grisolde setzten sich an den Tisch, der auf einem Podest stand. Öllampen beleuchteten die Halle und mit Gold beschlagenes Holz glänzte im Kerzenschein. An den Wänden sorgten dicke Teppiche mit exotischen Ornamenten und Kampfszenen für Wärme. Der gut drei Meter durchmessende Kronleuchter strahlte Hitze aus.
    König Rondrick nickte und führte eine in Honig gesottene Hammelkeule zum Mund.
    Das Festmahl begann.
    Was gab es zu feiern?
    Nichts!
    Den Frieden?
    Den Wohlstand?
    Das wäre zumindest eine Möglichkeit, immerhin ein Grund für dieses dekadente, jedoch gewünschte Treiben.
    Wein wurde ausgeschenkt, die Bohlen bogen sich unter Speisen, Obst, Süßigkeiten, Fleisch und edlen Soßen, Sklaven schleppten auf Holzbrettern dampfende Brote herbei.
    »Irgendwann werden uns diese Abende ruinieren«, murmelte Rondrick.
    Erneut fing er von Grisolde einen Blick auf, auf den er gerne verzichtet hätte. Er wusste, dass sie diese Gelegenheit, ihre schönen Kleider zu zeigen und dem Volk huldvoll zu winken, genoss, denn sie kam aus einer Familie des Mittelstandes. Der Lärmpegel stieg von Minute zu Minute. Hier lachte jemand, dort rülpste ein anderer. Und wieder Lachen, Gläser klirrten aneinander, Zwergenbesteck klingelte, ein leerer Weinkrug polterte auf die Fliesen und zerschellte.
    Diese Abende verliefen nach einem Ritual.
    Sein Vater hatte es einst erfunden und es war ein fester Bestandteil des monatlichen Banketts geworden.
    Was nun kam, verabscheute Rondrick. Er tat es nicht etwa aus Eitelkeit, sondern weil er seinem sterbenden Vater versprochen hatte, diesen unsäglichen Brauch weiterzuführen. Einmal im Monat warf der König seinen Kopfring mit geschlossenen Augen in den Saal. Es war sehr wichtig, dass alle mitbekamen, wer zuletzt seine Finger am Reif gehabt hatte, denn wer den Reif fallen ließ, verlor dieselben durch einen Schwerthieb. Wer ihn erbeutete, hatte das Recht, zehn Minuten lang seine Kritik zu äußern und hatte gute Chancen, dass ihm nicht nur zugehört, sondern seine Vorschläge umgesetzt wurden.
    Gebe dem Volk für eine kleine Weile das Gefühl, es könne mitbestimmen und es wird dich lieben!, hatte sein Vater gesagt.
    Und was mit jenem sei, dem man möglicherweise die Finger abschlug?, wollte Rondrick wissen.
    Kritik solle nie ohne Risiko einhergehen. Nur dann nehme man das, was man sage, ernst!
    Das war nicht unrichtig, erkannte Rondrick. Dennoch hätte er auf die Prozedur gerne verzichtet.
    Er nahm seinen Kopfring ab, schloss die Augen und sofort kehrte Stille ein. Es schien, als hielte jedermann den Atem an. Hier ergab sich in diesem Monat die Möglichkeit, kritisch an den Geschicken von Dandoria mitzuwirken. Oder einer fidelen Verstümmelung beizuwohnen.
    Rondrick machte eine ausholende Geste und warf den Königsreif. Sofort öffnete er die Augen, denn es war auch an ihm, zu urteilen, ob er jemandem durch die Finger rutschte oder nicht. Arme fuhren hoch, obwohl das Risiko nicht unbedeutend war. Rondrick atmete erleichtert auf, der Königsreif wurde gefangen. Es handelte sich um George Zyxkally, einen angesehenen Mann. Seine Finger krallten sich um die Krone, als könne er nicht glauben, was ihm soeben gelungen war.
    Auch das noch! Zyxkally war für seine absurden Ideen bekannt. Er leitete die Gilde der Schriftsetzer und kämpfte seit Jahren um Steuererleichterungen und Freiheit des Wortes. Mit seinen gedruckten Neuigkeiten hetzte er andere Gilden gegen das Königshaus auf.
    Es gab keine Möglichkeit, den Mann vom Mahl auszuschließen, da er das öffentliche Interesse vertrat. Er war ein Revoluzzer, einer, der seine Gilde wichtiger machte, als sie war.
    Wie es der Brauch wollte, stieg Rondrick vom Podest und bat Zyxkally an seine Stelle. Die Menge johlte und Gläser klirrten. Nun begann das Besäufnis, jetzt war ein Held bestimmt. Die Stimmung stieg und nicht wenige skandierten rhythmisch Zyxy, Zyxy, Zyxy!
    Der Meister der Lettern stand auf, strich seine samtene Robe glatt, schob das bärtige Kinn vor und stolzierte an Rondrick vorbei, der sich auf Zyxys Platz

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