Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
eine spürbare Kraft. Sie wurden unter dem Segeltuch durchgerüttelt und rangen nach Luft, weil der Druck schier unerträglich wurde. Als wäre ein Ungeheuer aus dem Himmel gesprungen, das nun über sie hinweg stapfte. Kaum war der Donner verebbt, züngelten neue Blitze und suchten sich ihr Ziel.
Nicht weit entfernt kreischte Metall, Holz barst und endlich war es vorbei. Der Donner verzog sich. Er rollte in weiter Entfernung über den Himmel, aber es gab keine weiteren Blitze.
Sie krochen unter dem Segeltuch hervor. Ihnen bot sich ein Bild des Grauens.
Die Masten der Wing brannten.
Kochtöpfe und Pfannen waren zum Teil verbeult oder, wo die Blitze sie direkt getroffen hatten, geschmolzen. Verkohltes Metall war in einem Umkreis von zwanzig Fuß verstreut. Ein Wunder, dass keines davon jemanden verletzt hatte.
Sie sprangen und gestikulierten und bewegten sich. Sie versuchten, die Kälte abzuschütteln.
»Ist euch eigentlich klar, wie knapp das war?«, stieß Connor hervor.
Bob zeigte auf die zerbeulten Utensilien. »Wenn ich mir das anschaue ...«
»Und wieder wusste unser Connor, was zu tun war«, sagte Lysa. Man sah ihr nicht an, was sie dabei dachte.
»Den Göttern sei Dank«, sagte Frethmar.
Vom Schiff her echote ein Knirschen. Alle Köpfe fuhren herum.
Die Wing hob sich bugwärts. Eisfinger wuchsen am Rumpf hoch, wellige Hügel drückten sich von allen Seiten gegen die Wing.
Die Frierenden lauschten auf das Schreien des Eises, als habe dieses nur darauf gewartet, dass das Schiff geräumt und das Gewitter davon war.
Atemlos starrten alle auf das nächste Naturereignis innerhalb kurzer Zeit. Unvermittelt brachen Schollen, groß wie Häuser, aus der Eisdecke, wunderschönen magischen Edelsteinen gleich. Die Helligkeit war unerträglich, doch niemand wendete den Blick ab. Sie schoben sich vor, rutschten über das Eis, rissen Rillen und donnerten gegen das Schiff, welches sich schräg legte.
Die Spitze eines Berges schob sich aus dem Eis und die Wing brach auseinander. Ihre Masten zerschmetterten, Aufbauten und Reling, alles begleitet von einem Dröhnen, welches wie das geschundene Ächzen eines Sterbenden klang. Wie Messer schnitten sich Schollen in den Rumpf, und um Hilfe schreiend wehrte sich die Wing ein letztes Mal. Es war ein ungleicher Kampf. Das Eis nahm sich das Schiff, bedeckte es mit Kälte und hinterließ Zerstörung, gerissene Taue, gebrochene Masten und einen Holzhaufen, der nur noch entfernte Ähnlichkeit mit einem Schiff hatte.
Das Eis unter ihnen bebte, doch niemand kam auf die Idee zu flüchten. Sie waren wie versteinert.
Lysas Gesicht war kreidebleich und Tränen liefen ihr über die Wangen, wo sie zu trüben Edelsteinen froren. Ihre Lippen bebten und Bama ging zu ihr, um ihre Trauer zu mildern. Connor sah schräg zu ihr und man sah ihm an, wie gerne er an Bamas Stelle gewesen wäre.
»Ich hätte mir die Hackerei sparen können«, murmelte Frethmar. »Nun haben wir genügend Holz.« Er stampfte auf und fluchte. »Verdammt - das ist nicht richtig! So ein schönes Schiff!« Und andere Sätze, die jedoch in der Zwergensprache.
Die Landschaft hatte sich verändert. Wie sie erst jetzt wahrnahmen, hatten sich auch an anderen Stellen Schollen aus dem Eis geschoben, überall hatten sich Schneehügel aufgetan. Mit den bizarren Eisfelsen sah alles noch unwirklicher aus.
»War es das? Oder geht es weiter? Und falls ja, womit und wann?«, ließ Bob seine Frage in die Stille tropfen.
Connor zog ein Gesicht. »Wie üblich haben wir keine Ahnung. Das schmeckt mir nicht. Ich komme mir vor wie ein Spielball.«
»Vielleicht sind wir das auch?«, fragte Lysa, die sich etwas beruhigt hatte.
Bama streichelte ihr über die Schulter und sah einen nach dem anderen an. »Falls Lysa recht hat, frage ich mich: Wer spielt mit uns?«
Murgon verschränkte die Arme vor der Brust.
Wolschan hatte ihm alles gelehrt, was er brauchte. Murgon hatte die Drachen in seiner Gewalt. Heute gab es kein Flötenspiel, sondern eines der anderen Sorte. Wie der Körper durch Nahrung, würde die Seele der Drachen durch Disziplin reich und gut!
Er bündelte seine Gedanken.
Die Drachen reagierten sofort. Sie bäumten sich auf, brüllten und aus Rordrils Maul quoll die Andeutung eines Feuerstrahls.
»Du willst mich verbrennen?«, kreischte Murgon. »Zuerst betrügt ihr mich und rettet der Barb und dem Manndämon das Leben, dann begehrt ihr auf?«
Rordril und Cybilene wälzten sich wie verletzte Schlangen auf dem
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