Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Pferd.
Doch so eilig hatte sie es nicht.
Sie war schon lange nicht mehr ausgeritten und genoss jede Sekunde. Es bereitete sie auf den Kampf vor, für den sie lebte.
Unter einer knorrigen Eiche rastete sie. Die überhängenden Äste und rot färbenden Blätter bildeten ein dichtes Dach, eine schwarz umrandende Silhouette gegen die strahlende Landschaft, in sie blickte wie ein Zuschauer ein Bühnenspiel betrachtet. Sternläufer graste und sein Schweif wedelte einige Fliegen weg. Sein schneeweißer Körper glühte im Licht der untergehenden Sonne.
Katraana vermochte durchaus, in der Dunkelheit zu sehen. Elfenaugen waren wie die einer Katze. Sie freute sich auf die erste Nacht unter den Sternen. Sie löste die Decke vom Sattel und breitete sie unter der Eiche aus. Sie tastete sie glatt und befreite Sternläufer vom Sattel, auf den sie ihren Kopf betten würde.
Eigentlich benötigte sie keinen Sattel, denn sie ritt genauso gut auf einer Decke, aber sie hatte festgestellt, dass der Schimmel sich auf diesem Ledersitz angenehmer ritt. Dachte er, ihr einen Gefallen zu tun? Für gewöhnlich reichte es aus, ihre Befehle zu denken. Der Schimmel brauchte weder Beindruck noch Sporen. Er tat, was sie wollte und war eins mit ihr.
»Du bist mein bester Freund«, sagte sie und der Schimmel nickte. Sie nahm einen langen Schluck aus dem Wasserschlauch. Dann legte sie ihre Waffen neben die Decke und streckte sich darauf aus. Sie verschränkte die Hände hinter dem Kopf und blinzelte in den sich rot färbenden Himmel. Sie liebte die Natur. Sie liebte den Gesang der Gefiederten ebenso sehr wie das Spiel der Flöte oder der Schalmei, die etwas dunkler und voller klang. Sie selbst spielte eine Elfenharfe, ein wunderschönes Instrument mit Kristallrahmen und Saiten aus Glitterhaar. So gut, wie sie mit Pfeil und Bogen umgehen konnte sang sie auch. Ihre Stimme klang hell und begeisterte jeden, der sie hörte.
Sternläufer hob seinen Kopf und sie folgte seinem Blick. In einiger Entfernung ästen zwei Hirsche, wunderbare Tiere, frei und ungebunden. So wie sie sich nun fühlte, als Teil des Ganzen.
Und das sollte sie diesem Murgon überlassen? Man sagte, er würde einst über Schlachtfelder schreiten und bis zu den Knöcheln im Blut versinken, während sein schwarzer Umhang im Wind wehte. Würde diese herrliche Ebene sich als Schlachtfeld eignen? Zweifellos würde sie das. Und eben dies konnte und würde Katraana niemals zulassen.
Sie war mit sich zufrieden und die milde Abendstimmung trug sie in einen arglosen Schlaf.
Katraana erwachte von Geräuschen. Sie schwang ihren Oberkörper von der Decke hoch, eine einzige fließende Bewegung, während der sie nach Schwert und Bogen griff.
Auch Sternläufer schien etwas gehört zu haben, denn er schnaubte leise.
Ein Sichelmond verschwand hinter grauen Wolken und Katraana fröstelte. Sie war nicht kälteempfindlich, aber ihre Nerven waren aufs äußerste gespannt. Schon bei der geringsten Bewegung schlugen sie an und meldeten helle schwingende Töne. Sie hatte den Instinkt einer Raubkatze und genauso schnell huschte sie weg von ihrem Lager und kauerte hinter einem nicht weit entfernen Stein, der am Fuße eines kleinen Hügels lag.
Ihr scharfer Blick überprüfte die Ebene. Die Hirsche waren nicht mehr da, sie sah nichts, abgesehen von Sternläufer, der ihre Gedanken auffing und sich hinlegte, um nicht wie ein Licht im Dunkeln zu strahlen. Der Schimmel spürte die Gefahr. Katraana war stolz auf ihn.
Drei Schatten schälten sich aus der Dunkelheit. Sie stolperte fast über Sternläufer. Das Pferd sprang auf und lief davon.
»Was war das?«, grunzte einer der Schatten.
»Ein Schneegeist?«, fragte ein anderer.
»He, Lorbas! Hier gibt es keinen Schnee!«
»Hier hat jemand ein Lager aufgeschlagen.«
Die Schatten strichen um die Decke und den Sattel herum.
Katraana spannte den Bogen. Es lag ihr fern, Wanderer, die sich verirrt hatten, zu töten, also hielt sie die Sehnenspannung moderat.
Einer der Drei lachte hart. »Wo ein Lager ist, gibt es jemanden, der das Lager nutzt!«
»Was du nicht sagst, Schlaumeier!«
Derjenige, der offensichtlich Lorbas hieß, drehte sich um und hob seine Hand. »Schlage einen anderen Ton an, verdammter Barbar! Sonst fehlen dir gleich deine Schneidezähne!«
Der neben Lorbas stand, lachte. »Du scheinst hungrig zu sein. Anders kann ich mir deine schlechte Laune nicht erklären.«
»Ja«, knurrte der Hüne. »Und mein Appetit ist erst gestillt, wenn ich
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