Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Momente veränderte sich sein Aussehen, verwehte, waberte und ein alter Mann, ganz in Wildleder gekleidet, stand vor ihm. Das Gesicht war unter dem grauen Bart kaum zu sehen und Connor fuhr keuchend zurück. Die Gestalt verwirbelte und das Geschöpf mit den Reißzähnen flüsterte: »Verstehst du jetzt, was ich meine?«
»Was, bei den Göttern, habe ich getan?« Connor spürte einen tiefen inneren Schmerz und das Schluchzen, welches sich seine Kehle hoch quälte.
»Ich verspreche dir, du wirst es erfahren. Wenn die Zeit dafür reif ist, wenn du dafür reif bist.«
»Der tausendfache Tod ist das tausendfache Leben! Was meintest du damit, als wir uns auf der Amalia begegneten?«
»Du hast dir diesen Satz gemerkt?« Memorius lächelte und das Gesicht des alten Mannes thronte auf der schwarzen Robe. »Endlich bist du bereit, zuzuhören? Mache weiter so und du wirst geläutert. Solange achte ich auf dich – wenn es mir gefällt. Wer, glaubst du, gab dir die Kraft, jene unmögliche Situation während des Piratenkampfes zu überstehen? Wer glaubst du, befeuerte deinen Willen, als du im Wasser triebst?«
»Es war meine Kraft. Es war mein Willen!«, stöhnte Connor.
Memorius nickte. »Dann gehe und rette deine Freunde, Mann mit Willen! Du kämpfst um sie, du widerstehst meinen düsteren Aussagen, die letztendlich deine eigenen sind. Ja, du liebst sie. Sie sind deine Freunde. Die Barbs, den Zwerg, die Amazonen und besonders Lysa, die nur Augen für dich hat, obwohl sie es dich nicht spüren lässt, da sie es nicht kann.«
»Nicht kann?«, stotterte Connor.
»Mein Junge, sie ist eine Amazone. Sie ist kein gewöhnliches Weib. Sie ist nicht wie Xenua, die dir schöne Augen machte und dadurch ihr Leben verwirkte.«
»Wer – ist – Xenua?«
Er veränderte sich. Wurde zu dem, an den er sich erinnerte. Das Raubtiermaul öffnete sich und stinkender Atem wehte über die Eisscholle. »Du glaubst, es war der Mast, der dir auf den Schädel krachte? Du glaubst, dies war der Moment, in dem du dein Gedächtnis verlorst? Nein, Connor von Nordbarken. Es war dein Gewissen. Es schloss eine Tür und nur du alleine kannst den Schlüssel finden. Du musst den Schlüssel finden, sonst wirst du sterben. Du wirst sterben und seine Freunde werden sterben. Letztendlich wird es auf dich ankommen, auf deine Fähigkeiten, auf deinen Mut und deine Kraft.«
Connor liefen Tränen über das Gesicht. »Wenn du alles weißt, warum hilft du mir nicht? Warum machst du es so kompliziert? Erkläre mir alles und ich werde wieder der sein, der ich war ...«
Memorius lachte. »Am liebsten würde ich dir den Rücken zerschlagen, Dummkopf. So wäre es einfach, nicht wahr? Die Lösung kommt von außen. Dein alter Magister sorgt dafür. Ja, es wäre so bequem. Oh nein, mein Junge. Vor der Offenbarung liegen Schmerzen und die musst du durchleben. Nur wer sich quält, um einen Diamant zu finden, weiß diesen zu schätzen.« Er hob die Peitsche, als wolle er zuschlagen. Seine Augen funkelten rot. »Du willst wieder der sein, der du warst? Bei den Göttern, bewahre uns davor, du Ausgeburt des Zornes. Werde der, der du sein kannst. Finde, was in dir steckt – und sollte dort nichts sein ... sterbe!«
Die Gestalt löste sich auf, wurde durchscheinend und Connor versuchte, sie festzuhalten. »Warte noch - warte noch.«
Memorius kam zurück. Ein alter Mann in Wildlederkleidung, um die grauen Haare ein Fellband, in den langen Haaren Muscheln geflochten. Gütige Augen, die nicht sahen und doch sahen. Er stützte sich auf einen mit bunten Bändern geschmückten Stab, dessen Spitze ein Totenschädel zierte. »Was ist noch?«
»Sagt dir der Name Agaldir etwas?«
Für einen Moment sah es aus, als wolle Memorius erneut zum Monster mit Peitsche werden, dann festigte sich die Vision.
»Ja, ich kenne ihn. Geht nach Dandoria. Dort findet ihr ihn.«
Connor wollte noch mehr fragen, aber es war zu spät.
Der Schemen entfernte sich, schwebte über das Eis und verschwand genauso unspektakulär, wie er gekommen war.
Bob beugte sich über Connor.
Der Hüne hatte vor sich hingestiert. Seine Lippen hatten sich bewegt. Dann war er zusammengebrochen und nun schlug er die Augen auf. Er grinste zäh. »Was ist los, Häuptling?«
»Sollte ich nicht besser diese Frage stellen?«
Connor nickte. »Ja.«
»Was war?«
»Eine Vision. Starke Bilder. Erinnerungen ...« Connor seufzte und rappelte sich auf. Alle sahen ihn an. Er räusperte sich verlegen. »Tut mir leid, dass ich
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