Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
anzusiedeln lohnte, denn wo Wasser war, gab es Leben.
Gromor war sich bewusst, dass er und seine Leute das Land veränderten. Sie waren stark wie Götter und genauso mächtig, denn sie schufen. Jeder Fels, den sie warfen, jeden Wall den sie türmten, veränderte das Land der Mythen. Brachen sie Bäume und verbrannten sie, schufen sie fruchtbaren Boden. Nahmen sie Grün mit sich und hinterließen es mit all seinen Samen an anderer Stelle, veränderten sie die Vegetation.
Der Gedanke, dass sie schufen, bedeutete ihm aber nichts. Es war lediglich die Macht, die ihn interessierte. Dass er es konnte, wenn er wollte.
Obwohl es zuhause am schönsten war. Was gab es schöneres, als sich im Sumpf oder im Brackwasser zu wälzen, während Nebel über der Ebene waberten? Mit den Füßen im Schlamm einzutauchen? Der Geruch nach faulendem Holz und verwesendem Fleisch? Der süße Duft des Torfes, den sie stachen, um damit Feuer zu machen. Nicht selten fanden sie im Torf die Überreste toter Krieger oder verendeter Tiere. Aus deren Knochen fertigten sie Schmuck. Früher hatten sie die Gebeine ihrer Gegner getragen, und so sollte es wieder sein.
Gromor überzog es heiß, wenn er daran dachte, was man mit dem verblichenen Schädel eines Steiners alles anstellen konnte. Dieses Artefakt würde seinen Bau schmücken und jeder, der zu ihm kam, sah sofort, mit wem man es zu tun hatte. Ellen, Schenkel und anderes Gebein würde sein Heim stützen. Er würde den Sumpfriesen ihre Identität zurückgeben. Endlich würden sie wieder sein, wie es die Natur verlangte. Ein kriegerisches Volk.
Er lauschte dem Gesang der Trommel.
Man würde sie meilenweit hören, vielleicht bis nach Dandoria. Aus Langeweile hatte Gromor einige Male überlegt, die Stadt anzugreifen. Doch was nützte es ihm? Er würde einen Haufen Stein zurücklassen. Die dort lebenden Kreaturen waren winzig klein und hilflos. Mit ihnen konnte man nichts anfangen. Außerdem fühlte ein Sumpfer sich am Meer nicht wohl.
Nein, ein wahrer Krieger trat gegen seinesgleichen an.
Riesen gegen Riesen. So war es gedacht. Nur an seinesgleichen konnte man sich messen. Er ahnte, dass man ihn nach einem erfolgreichen Feldzug zum Häuptling machen würde.
Er sah hinter sich. Fünfzig waren sie, ausgebildete Krieger, jeder viermal so stark wie ein Steiner, selbst, wenn das Gerücht stimmte und die Steiner den ZORN hatten. Es war niemand dabei, dem man nicht vertrauen konnte. Keiner dieser – Friedensverkünder! Er spuckte aus. Schwächlinge, welche die Ruhe und die Harmonie genossen, weil sie diesen verdammten Okornir nicht vergessen konnten. Alte zumeist, die ihren Kindern Dummheiten einflüsterten.
Man würde sehen, was ihre Gesichter verrieten, wenn Gromor siegreich zurückkehrte, während die Stärksten der Steiner und deren beste Weiber, ihm in Ketten folgten. Gefangen! Erniedrigt! Zu Sklavendiensten verurteilt, solange sie lebten.
Ja, er war für den Kampf geschaffen.
Er erbebte im Takt der Trommel. Nicht mehr lange und Blut würde das Tal der Riesen nässen wie ein Winterregen.
14. Kapitel
Katraana tätschelte Sternläufer den Hals. Der Schimmel schnaubte gutmütig und schien zufrieden. »Ich muss dich noch eine Weile alleine lassen, mein Bester. Grase und ruhe dich aus. Schon bald wirst du wieder zeigen können, was in dir steckt.«
Der Schimmel nickte. Er hatte jedes ihrer Worte verstanden, da war sich die Elfe sicher.
Sie drehte sich um und ging zurück zur Burg. Es war ein langer Weg, den sie genoss. Sie atmete die vom Meer wehende Brise, die salzig schmeckte und jedes erdenkliche Aroma der Natur mit sich trug. Sie wusste, dass die Menschen Dandoria schön fanden und fragte sich, warum? Die weißgetünchten Häuser wirkten auf den ersten Blick reinlich und erfreuten das Auge, doch wenn sich die Nacht über die Hafenstadt legte, erwachte das Grau und Schwarz. Spelunken öffneten ihre Türen, Dirnen boten ihrer Dienste feil und aus kleinen verwinkelten Gassen drangen Geräusche der Gewalt, die Katraana lieber nicht hören wollte. Im Grunde war Dandoria eine Hafenstadt wie jede andere – doch sie bot dem oberflächlichen Betrachter einen Putz, der schnell zu einem Fehlurteil führen konnte.
Katraana wusste Bescheid. Vor zwei Tagen war sie in der Dämmerung eingetroffen und hatte die Stadt besichtigt. Sie war zu Sternläufer geflüchtet. In seiner beruhigenden Nähe hatte sie die Nacht unter freiem Himmel verbracht. Später hatte sie sich auf die Suche
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