Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
erwachte. Er fuhr hoch und begutachtete die Höhle, die man ihm zugewiesen hatte. Gut so, sie war seiner würdig. Seitdem er das Menschsein abgeschüttelt hatte, war Frieden in seiner Brust. Zwar empfand er seine Wiedergeburt als etwas seltsam, dennoch kam er damit zurecht.
Es gab unzählige Lieder, die von solchen Wundern hanedelten. Nun war auch er eines davon.
Er wusste, warum er zurückgekehrt war. Er würde sein Volk, die Steinriesen im Kampf gegen die Sumpfer anführen. Er schwang die Beine von der Schlafstatt, steckte sich im Vorbeigehen eine Schweinekeule in den Mund, schlürfte sie ab und trat nach draußen. Feiner Nieselregen tauchte das Tal in ein graues Bad. Er kratzte sich den Hintern und fragte sich, was ihn geweckt hatte.
Er war zufrieden eingeschlafen, allerdings erst, nachdem er sein Spiegelbild im See betrachtet hatte. Symbylle war begeistert um ihn herumgesprungen und hatte in die Hände geklatscht. Begeistert hatte sie auf ihn gezeigt und frohlockt, er sei ein richtig hübscher Riese.
Ja, das fand Ron auch. Schlank, muskulös, noch keine Wampe. Man hatte ihm Ehrenzeichen an der Kleidung befestigt, besondere Steine und mehrere Tierköpfe. Er war einst ein großer Jäger gewesen. Er war es noch. Er betrachtete sich und war erstaunt, wie ebenmäßig sein Gesicht war. Schwarze, lange Haare, ein ebenso schwarzer Bart mit einigen grauen Strähnen, eine runde, schöne Nase und große Augen. Wenn er lachte, zeigte er weiße Zähne. Kein Wunder, dass ihm Zeit seines Lebens die Weiber schöne Augen gemacht hatten.
So war er ins Dorf zurückgekehrt und hatte sich schlafen gelegt. Traumlos, tief und zufrieden. Mit sich und der Welt zufrieden.
Etwas hatte ihn geweckt.
Er spitzte die Ohren.
Trommeln!
Es konnten nur Trommeln sein. Das dumpfe Pochen näherte sich und sofort wusste er, was dies zu bedeuten hatte. Die Sumpfer waren schneller gewesen, als erwartet. Niemand hatte mit deren Ankunft so früh gerechnet. Bevor es Mittag war, würden sie das Tal der Riesen erreichen.
Bevor es Nachmittag war, würden unzählige Leichen das Tal mit Verwesungsgestank überziehen. Es galt zu handeln.
Er stapfte durch das Tal und rief sein Volk zusammen. Hörner ertönten und in Windeseile hatten sich die Wichtigsten seiner Rasse versammelt. Zwei Menschen, für die er ein freundliches Gefühl hegte, wieselten zwischen den Füßen seiner Leute umher.
»Bevor die Sonne am Zenit steht, werden die Sumpfer hier sein!«, rief er.
Okor schlug seine Keule in den Boden. »Auf einen offenen Kampf können wir uns nur einlassen, wenn wir an Ort und Stelle den Zorn der Riesen brauen! Deshalb schenkte ich ihn dir einst, Ron. Aus Respekt!«
»Ich weiß, mein Guter. Damit wir den Sumpfern auf Augenhöhe begegnen, nicht wahr?«
»So ist es!«
»Dennoch sind sie die erfahreneren Kämpfer. Kraft und Stärke alleine nützen uns nichts!«
»Also lass uns zwei Strategien durchführen«, sagte Okor. »Ich bin ein Sumpfer und ich will nicht, dass Blut fließt. Was können meine Leute dafür, dass sie dumm sind? Ich weiß allerdings auch, dass euch Steinriesen der Kampf fern liegt, der Zorn und die Wut sowieso. Mein Vorschlag wäre, wie brauen den Trunk und nehmen ihn zu uns. Dennoch werden wir nicht gewalttätig, sondern bieten meinen Leuten einen Handel an. Erst wenn das nichts nützt, schlagen wir los.«
Talus schüttelte den Kopf. »Wenn gekämpft wird, gibt es eine Vereinbarung. Und wir halten uns an Vereinbarungen! Soviel ich weiß, mein sumpfiger Freund, war das bei euch auch so?«
»Mit einem Unterschied«, sagte Okor. »Wir wissen nicht, ob sie sich auf diesen Handel noch einmal einlassen. Vor allen Dingen, wenn sie sehen, dass Ron zurückgekehrt ist. Und wenn sie das nicht tun? Ohne Trank sind wir hilflos.«
Talus nickte. »Die Situation ist vertrackt.«
»Die Geschichte soll sich wiederholen?«, fragte Talus, der die Antwort genau kannte.
»So ist es!«, rief Ron. »Welchen Sinn sollte meine Rückkehr sonst gemacht haben? Ihr glaubt, ich könne das Rad noch einmal zurückdrehen. Nur die Götter wissen, warum ihr auf diese Idee verfallen seid, dennoch besteht eine Chance.«
»Schau dich an«, sagte Borkler, ein halbversteinerter Riese, der sich mit großer Mühe aufgemacht hatte. »Du bist stärker als jeder von uns, abgesehen von Triomos und mir – doch wir sind zu langsam. Wenn es einem gelingen kann, einen erneuten Kampf zu gewinnen, bist du es.«
Kann sich Geschichte wiederholen, fragt sich Ron. Ist so etwas
Weitere Kostenlose Bücher