Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Claudel verschränkte die Arme vor der Brust und hob das Kinn.
Balger grunzte, dann stahl sich ein messerscharfes Grinsen auf seine Lippen. »Was wollt Ihr dafür haben?«
Der Magus streckte seine Hände in einer offenen Geste vor. »Alles hat seinen Preis.«
»Also was?«
Claudel kratzte sich das Kinn. »Ich werde es Euch morgen sagen, Inquister. Bis dahin überlegt, was Euch ein klarer Verstand wert ist.«
Der Magus drehte sich um und verließ das Krankenlager. Schwer fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Lord Murgon klatschte in die Hände wie ein kleines Kind. Sein schmales, hart geschnittenes und nichtsdestotrotz attraktives Gesicht leuchtete. »Ich habe es soeben erfahren. Die Nebeldämonen waren erfolgreich. Rondricks Weib ist tot! Diesmal ging alles nach Plan.«
Gwenael sah ihren Bruder an. Wie immer, wenn er sich so bizarr gebärdete, fröstelte es sie vor ihm. Nicht zum ersten Mal erkannte sie, dass der Dunkelelf den Verstand verloren hatte. Seine Wandlungen von grausamer Handlung zur kindlichen Weichheit geschahen spontan und stets so schnell, dass sie Schwierigkeiten hatte, die Stimmungsumschwünge nachzuvollziehen. Er war nicht einschätzbar, was ihn umso gefährlicher machte. Nie wusste sie, was er als nächstes plante.
Wie jetzt.
»Du hast mir nicht erzählt, dass du Nebeldämonen losgeschickt hast.«
Er grinste. »Muss ich das?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Es bleibt dir überlassen.«
»Höre ich Unmut in deiner Stimme?« Er kniff die Augen zusammen.
»Keineswegs, Bruder«, log sie. Sie machte ein entspannt wirkendes Gesicht. »Was versprichst du dir davon?«
»Dass ich Rondricks Weib töten ließ?«
»Ja.«
»König Rondrick ist verschwunden. Sein Weib hätte vermutlich den Thron beansprucht. Das geht nun nicht mehr. Es wird Grabenkämpfe geben. Intrigen und letztendlich Anarchie. Wen sollte man krönen? Es gibt niemanden, der den Thron besteigen kann. Dandoria ist führungslos.«
»Und wartet auf dich, richtig?«
»So ist es. Sollen sie sich noch eine Weile zerfleischen. Je mehr, desto besser. Ich werde mit meiner Armee einmarschieren und Dandoria in Besitz nehmen. Von dort aus erobere ich Mythenland.«
»Man wird ahnen, dass du der Drahtzieher bist.«
Murgon lachte gackernd. »Deshalb schicken mir die Elfen meine Tochter, die kein Problem darstellen wird. Doch was soll mir Dandoria schicken? Ich brachte in Erfahrung, dass das Militär seinen General verloren hat und viele Soldaten das Vertrauen verloren haben. Eine Armee ohne Vertrauen ist nicht mehr wert als eine Gruppe schwatzender Weiber.«
»Du bist also fast am Ziel.«
»Fast, Gwenael. Ich warte auf Dogdan, den ich an meiner Seite haben will. Und noch immer hoffe ich auf das Ei von Sharkan, dem Vierköpfigen.«
»Dein ewiger Traum.«
»Ich werde die Drachen ein weiteres Mal losschicken, um es zu suchen.«
»Kannst du ihnen noch vertrauen? Ich hörte, du hast sie sehr hart bestraft, weil sie der Barb und dem Dämonenmann zur Flucht verholfen haben. Ich versuchte sie zu lesen, und prallte auf eine Mauer von Hass und Trauer.«
»Sie wurden erzogen, um zu gehorchen. Tun sie es nicht, vernichte ich sie.«
»Das würdest du tun?«
Er seufzte und drehte sich um. Mit dem Rücken zu ihr sagte er: »Nein, selbstverständlich nicht. Sie sind viel zu wertvoll.« Er wirbelte herum. »Dennoch muss ich dieses Ei finden. Sharkan, der schwarze Drache, wird mich unangreifbar machen.«
»Oder Dogdan …«
»Im schlimmsten Fall – ja! Dogdan und meine Dokks.«
Gwenael beschloss, es fürs erste gut sein zu lassen. Gestern hatte sie ihm vorgeschlagen, einen der beiden Drachen, die er besaß, zu reiten. Er hatte gemeint, er wolle es sich überlegen. Sie wusste, er würde es nicht tun. Im Grunde fürchtete er sich vor dem Land der Mythen. Er wusste es nicht, doch genaugenommen versteckte er sich in Unterwelt.
Sie konzentrierte sich auf Katraana. Sie erinnerte sich an den letzten Kontakt, den sie zu Katraana gehabt hatte. Die Bilder waren verworren gewesen. Sie hatte Sharkan gesehen und ein Barbkind mit einem Drachenei. Das mochte Phantasien sein, Zufälle, oder sollte sie noch einmal darauf eingehen, nachsuchen?
Ja, sie würde es tun. Doch vorerst wob sie einen feinen mentalen Schleier über Katraana, so filigran, dass die Elfe es nicht spüren würde. Was sie empfing, ließ sie schaudern. Katraana näherte sich der Festung und unter ihren Sohlen klebte Blut. Die Ausstrahlung der Kriegerin aus Solituúde war so stark, dass
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